LAG Köln: Angemessenheit einer Entschädigungszahlung gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Sachverhalt
Der Kläger ist ausgebildeter Industriekaufmann und absolvierte ein Fernstudium. Der Kläger bewarb sich am 7. Dezember 2022 auf eine von der Beklagten ausgeschriebene Stelle. In der Ausschreibung hieß es: „Bürokauffrau, Sekretärin, Assistentin“. Die Stellenausschreibung war als Teilzeitstelle mit einer Stundenvergütung in Höhe von 16,00 EUR ausgeschrieben.
Der Kläger erhielt die Stelle nicht. Mit seiner Klage machte er eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG geltend, die er, nach einer Klageerweiterung, mit 2.784,00 EUR bezifferte. Die Beklagte habe ihn aufgrund seines Geschlechts im Bewerbungsverfahren nicht berücksichtigt und dadurch unmittelbar benachteiligt.
Das Arbeitsgericht (ArbG) hat der Klage zum Teil, in Höhe von 1.386,67 EUR (zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszins) stattgegeben, was offensichtlich einem Bruttomonatsgehalt für eine 20-Stunden-Woche entspricht, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt.
Entscheidung
Das LAG Köln entschied im Berufungsverfahren, dass das ArbG dem Kläger zu Recht eine Entschädigung von nicht mehr als 1.397,33 EUR aus § 15 Abs. 2 AGG zugesprochen hat.
Durch diese Entschädigung wird der Kläger angemessen, für den durch die unzulässige Diskriminierung wegen des Geschlechts erlittenen immateriellen Schaden entschädigt; dieser Betrag ist erforderlich, aber auch ausreichend, um die notwendige abschreckende Wirkung zu erzielen.
Die Entschädigung aus § 15 Abs. 2 AGG ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG bei einer Nichteinstellung auf maximal drei Bruttomonatsgehälter begrenzt. Hierbei handelt es sich um eine Kappungs- bzw. Höchstgrenze (vgl. BAG, Urteil vom 25. Oktober 2018, 8 AZR 501/14). Dies bedeutet, dass die Höhe der angemessenen Entschädigung ohne Rücksicht auf irgendeine Begrenzung zu ermitteln und diese ggf. zu kappen ist, sofern sie drei Bruttomonatsentgelte übersteigen sollte (BAG, Urteil vom 28. Mai 2020, 8 AZR 170/19).
Bei der Beurteilung der angemessenen Höhe der festzusetzenden Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG sind alle Umstände des Einzelfalls, wie etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns und der Sanktionszweck der Entschädigungsnorm zu berücksichtigen. Die Entschädigung muss einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz gewährleisten. Anders gesagt: die Härte der Sanktionen muss der Schwere des Verstoßes entsprechen, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt. Die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG ist dabei verschuldensunabhängig.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hält die Kammer die zugesprochene Entschädigung für angemessen. Dabei ist anzunehmen, dass der Kläger aufgrund seines Geschlechts benachteiligt wurde. Die Art und Schwere dieser Benachteiligung ist aber als gering anzusehen. Da im vorliegenden Verfahren keine Umstände erkennbar sind, die einen höheren Grad von Verschulden des Beklagten belegen, besteht auch keine Veranlassung, die Entschädigung höher festzusetzen
§ 15 Abs. 2 AGG sieht ausdrücklich eine Orientierung an Monatsgehältern vor, so dass bei einer Teilzeitstelle mit geringer Vergütung der Entschädigung ein Rahmen gesetzt ist. Vor dem Hintergrund der geringen Schwere der Diskriminierung und des fehlenden Schadens erscheint ein Gehalt als diesen Anforderungen genügend.
Bewertung
Die Entscheidung knüpft an die bisherigen Entscheidungen des BAG an und arbeitet nochmals in anschaulicher Weise die Kriterien für eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG heraus. Sie stellt klar, dass es sich bei dem in § 15 Abs. 2 AGG genannten Wert von drei Bruttomonatsgehältern gerade nicht um eine Untergrenze oder Orientierungsgröße handelt, sondern um eine Kappungsgrenze.
EXKURS |
Landesarbeitsgericht (LAG) Köln, Urteil vom 19.12.2024, Aktenzeichen 8 SLA 109/24
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