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LAG Düsseldorf: Kein Inflationsausgleich während der Elternzeit

Ein Tarifvertrag darf den Anspruch auf Inflationsausgleich während der Elternzeit ausschließen, ohne dass dies eine verbotene Benachteiligung darstellt.

Sachverhalt

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem Jahr 2019 beschäftigt und befand sich vom 14. Juni 2022 bis zum 13. April 2024 in Elternzeit, wobei sie bis zum 13. Dezember 2023 gar nicht arbeitete und in der Zeit vom 14. Dezember 2023 bis zum Ende der Elternzeit im April 2024 in Teilzeit tätig war. Auf ihr Arbeitsverhältnis finden die Regelungen des TVöD VKA Anwendung. Die Beklagte zahlte der Klägerin während des ersten Teils der Elternzeit keinen Inflationsausgleich nach dem Tarifvertrag über Sonderzahlungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise vom 22. April 2023 (TV Inflationsausgleich). Für den zweiten Teil der Elternzeit zwischen Dezember 2023 und April 2024 zahlte die Beklagte der Klägerin einen entsprechend ihrem Stundenumfang gekürzten Inflationsausgleich.

Der Aufforderung der Klägerin, die während ihrer Elternzeit nicht ausgezahlten Beträge nachzuzahlen, kam die Beklagte unter Hinweis auf die entsprechende Regelung zur Anspruchsberechtigung im TV Inflationsausgleich nicht nach. Die Klägerin machte daraufhin ihre Forderung auf Zahlung der vollen Inflationsausgleichszahlungen klageweise geltend und vertrat die Auffassung, der TV Inflationsausgleich verstoße, soweit er Beschäftigte in Elternzeit von der Sonderzahlung ausschließt, gegen das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot und begründe eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts, weil typischerweise Frauen in Elternzeit gingen und daher typischerweise Frauen durch die tarifliche Regelung benachteiligt würden. Außerdem machte sie einen Entschädigungsanspruch nach § 15 AGG geltend.

Die Vorinstanz hat die Klage hinsichtlich des Anspruchs auf Inflationsausgleich für begründet erachtet. Die Regelung des TV Inflationsausgleich, die die Klägerin aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten ausschließt, verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, da der Ausschluss von Arbeitnehmern in Elternzeit gegen das Willkürverbot verstoße.

Entscheidung

Das LAG Düsseldorf hat dagegen den Antrag der Klägerin auf Zahlung des vollen Inflationsausgleichs zurückgewiesen. Die tarifliche Regelung sei wirksam und verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es stehe den Tarifvertragsparteien frei, den Anspruch auf Inflationsausgleich davon abhängig zu machen, dass an mindestens einem Tag im genannten Zeitraum Entgelt bezogen wurde. Die Differenzierung zwischen Beschäftigten mit Entgeltanspruch und Beschäftigten ohne Entgeltanspruch sei sachlich gerechtfertigt und stelle keine mittelbare Diskriminierung dar. Denn der tarifliche Inflationsausgleich sei arbeitsleistungsbezogen ausgestaltet und verfolge auch einen Vergütungszweck. Daran fehle es bei der Klägerin während der Elternzeit (ohne Teilzeitbeschäftigung), da das Arbeitsverhältnis in dieser Zeit ruhe und daher auch kein Entgeltanspruch bestehe.

Die 14. Kammer des LAG Düsseldorf stellte weiter fest, dass die Tarifvertragsparteien für Beschäftigte, die Krankengeld oder Kinderkrankengeld beziehen, andere Regelungen vorsehen dürfen als für Beschäftigte in Elternzeit. Denn in ersteren Fällen erfolge der Inflationsausgleich aus sozialen Gründen zur Abmilderung besonderer Härten. Während die Inanspruchnahme von Elternzeit in der Regel planbar sei, trete die eigene Erkrankung oder die des Kindes typischerweise plötzlich und unerwartet ein.

Auch habe die Klägerin keinen Anspruch auf Entschädigung wegen unzulässiger Geschlechtsdiskriminierung (§ 15 Abs. 2 AGG), weil die Beklagte sie nicht wegen des Geschlechts diskriminiert habe. 

Bewertung

Das Urteil des LAG Düsseldorf ist aufgrund der vergleichbaren Anspruchsberechtigungsregelung in Anlage 1c AVR auch für Caritas-Dienstgeber Anlass zum Aufatmen. Nach dem Urteil des ArbG Essen in der Vorinstanz sahen sich Dienstgeber bundesweit mit Forderungen auf (Nach-)Zahlung des Inflationsausgleichs konfrontiert.

Erfreulich ist, dass die Beklagte mit ihrer Argumentation, die im Wesentlichen der Argumentationslinie der Dienstgeberseite zu diesem Thema entsprach, in der Zweiten Instanz wohl Gehör gefunden hat.

Die Entscheidung dürfte den Verantwortlichen nun zunächst als solides Argument gegen etwaige Nachforderungen dienen. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, das LAG Düsseldorf hat die Revision zugelassen. Für eine endgültige Klärung dieser Frage bleibt daher voraussichtlich eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts abzuwarten. Wir werden die weiteren Entwicklungen im Blick behalten und Sie umgehend informieren.

Die Pressenmitteilung zum Urteil des LAG Düsseldorf finden Sie hier.

Das Urteil der Vorinstanz finden Sie hier.

Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf, Urteil vom 14.08.2024, Az.14 SLa 303/24

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