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LAG Thüringen: Nicht­aus­stempeln für Zigaretten­pausen bedeutet Arbeitszeit­betrug

Die hartnäckige Missachtung der Anweisung, bei Raucherpausen auszustempeln, ist geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen.

Sachverhalt

Die Klägerin war seit 1990 als Mitarbeiterin in einem Arbeitsamt tätig. Ein Abgleich der Arbeitszeiterfassung hat ergeben, dass die Klägerin an drei Tagen keine einzige Pause, sondern lediglich Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit gebucht hatte.

Mit Schreiben vom 22.01.2019 forderte die Beklagte die Klägerin auf, zu den unterlassenen Arbeitszeitbuchungen Stellung zu nehmen. Es entstehe der Eindruck der Arbeitszeitmanipulation. In ihrer Stellungnahme räumte die Klägerin den Vorwurf ein.

Die Beklagte sprach daraufhin die fristlose Kündigung, hilfsweise die fristgerechte Kündigung zum 30.09.2019 aus. Das Arbeitsgericht hat dem Kündigungsschutzantrag mit Blick auf die außerordentliche Kündigung stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Entscheidung

Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin blieb vor dem LAG erfolglos. Die Kündigung sei als verhaltensbedingte Kündigung wegen beharrlicher Verstöße gegen die Dokumentationspflicht und daraus folgendem Arbeitszeitbetrugs gerechtfertigt. Das Verhalten der Arbeitnehmerin habe einen schweren Vertrauensbruch dargestellt und sei strafrechtlich relevant.

Eine vorherige Abmahnung ist nach Ansicht des LAG nicht erforderlich gewesen. Aufgrund der Schwere des Vertrauens-bruchs und der strafrechtlichen Relevanz des Verhaltens habe die Arbeitnehmerin nicht davon ausgehen dürfen, dass die Arbeitgeberin ihr Fehlverhalten hinnehmen und es nicht zum Anlass einer Kündigung nehmen würde. In einem solchen Fall sei eine Abmahnung entbehrlich.

Die Revision zum BAG wurde zugelassen.

Bewertung

Zu Recht hat das LAG die ordentliche Kündigung der Beklagten zum 30.09.2019 als wirksam erachtet.

Ein Arbeitszeitbetrug, bei dem ein Mitarbeiter vortäuscht, für einen näher genannten Zeitraum seine Arbeitsleistung erbracht zu haben, obwohl dies tatsächlich nicht oder nicht in vollem Umfang der Fall ist, stellt eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung dar und erfüllt an sich den Tatbestand des wichtigen Grundes i.S.v. § 626 Abs 1 BGB. Dasselbe gilt für den Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren.

Ein einmaliger Verstoß dürfte aber im Normalfall nicht für eine wirksame Kündigung ausreichen. In der Regel bedarf es einer vorherigen Abmahnung. Nur in "Extremfällen" kann hier eine fristlose Kündigung greifen. Im vorliegenden Fall wurden allein im Januar 2019 täglich bis zu sieben Raucherpausen als Arbeitszeit erfasst.

Landesarbeitsgericht (LAG) Thüringen, Urteil vom 3.5.2022 – 1 Sa 18/21

Rechtsprechung

Autor/-in: Marc Riede Florido Martins

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