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LAG Niedersachsen: Eingruppierung – Leitungsfunktion als einheitlicher Arbeitsvorgang

Entscheidend dafür, ob ein einheitlicher Arbeitsvorgang vorliegt, ist eine natürliche Betrachtungsweise und die vom Arbeitgeber vorgenommene Arbeitsorganisation.

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 2014 beschäftigt und seit Ende 2019 als Sachgebietsleiterin tätig. Sie ist in die Entgeltgruppe 10 EGO/TVöD-VKA eingruppiert und wird entsprechend vergütet. Im März 2021 begehrte die Klägerin von der Beklagten die Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 11 EGO/TVöD-VKA mit Wirkung zum Dezember 2019. Der Anspruch auf die höhere Entgeltgruppe ergebe sich aus der ihr zugewiesenen Sachgebietsleitung. Die von ihr geschuldeten Tätigkeiten „Leitung des Sachgebiets Personal und Organisation“ sowie „Personal-, Organisation-, Grundsatzangelegenheiten/ Berichtswesen“ würden einen einzigen Arbeitsvorgang im Umfang von 75% ihrer Gesamtarbeitszeit darstellen. Die Beklagte lehnte den Antrag ab und hält die daraufhin erhobene Klage für unbegründet. Es sei vielmehr bereits die bisherige Eingruppierung fehlerhaft und eine Eingruppierung nach Entgeltgruppe 9 c EGO/TVöD-VKA sachlich korrekt.

Entscheidung

Das LAG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 EGO/TVöD-VKA.

Bezugspunkt der tariflichen Bewertung sei der Arbeitsvorgang, für den wiederum das Arbeitsergebnis maßgeblich sei. Um zu beurteilen, ob eine oder mehrere Einzeltätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führen, sei eine natürliche Betrachtungsweise und die vom Arbeitgeber vorgenommene Arbeitsorganisation entscheidend. Bei den Tätigkeiten der Klägerin sei ein einheitlicher Arbeitsvorgang mit den Arbeitsergebnis der umfassenden Leitung des Sachgebiets anzunehmen. Alle Tätigkeiten seien darauf gerichtet, die im der Klägerin zugewiesenen Sachgebiet anfallenden Aufgaben bestmöglich zu bewältigen und somit ihre Leitungsaufgabe auszuüben, auch wenn sie sich gerade mit anderen als originären Führungsaufgaben beschäftigt.

Die Klägerin hat allerdings weder überzeugend dargelegt noch bewiesen, dass ihre Tätigkeit den Merkmalen der Entgeltgruppe 11 EGO/TVöD-VKA entspreche, obwohl ihr dafür die Darlegungs- und Beweislast oblegen habe. Dass die Beklagte im Verfahren vorgetragen hat, die Klägerin sei richtigerweise in EG 9 c EGO/TVöD-VKA einzugruppieren, ändere daran nichts. Die Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierung seien hier nicht anzuwenden, da diese, sofern sie überhaupt vorkommen wurde, gar nicht streitgegenständlich ist.

Bewertung

Die Entscheidung stellt präzise dar, welche Schritte vorzunehmen sind, um die tarifgerechte Eingruppierung zu gewährleisten, zu der der Dienstgeber verpflichtet ist. Die im Urteil enthaltenen Feststellungen zum Arbeitsvorgang sind auch für den AVR-Bereich relevant. Auch hier sind gemäß Abschnitt I Anlage 1 AVR die Arbeitsvorgänge für die Beurteilung der gesamten auszuübenden Tätigkeit und damit für die Eingruppierung maßgeblich.

Grundsätzlich kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang bilden. Ob einzelne Tätigkeiten einen Arbeitsvorgang darstellen, ist nach dem LAG Niedersachsen mit einer natürlichen Betrachtung zu beurteilen – die Tätigkeiten dürfen also nicht künstlich auseinanderdividiert werden. Nach der Rechtsprechung des BAG spricht die Übernahme einer Leitungstätigkeit regelmäßig für einen einheitlichen Arbeitsvorgang.

Einzeltätigkeiten lassen sich etwa dann nicht unter einem Arbeitsvorgang zusammenfassen, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Entscheidend ist hierfür die durch den Dienstgeber vorgenommene praktische Organisation.

Erst nach der Bestimmung des Arbeitsvorganges ist dieser anhand der Tätigkeitsmerkmale zu bewerten.

Bei einem Antrag auf Höhergruppierung obliegt die Darlegungs- und Beweislast der Dienstnehmerin. Um ihren Anspruch zu begründen, muss sie daher überzeugend vortragen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen der von ihr begehrten Eingruppierung vorliegen. Nicht überraschend ist die Feststellung des LAG, dass eine im Verfahren behauptete niedrigere Eingruppierung nicht zu einer Beweislastverteilung zulasten des Dienstgebers nach den Grundsätzen der korrigierenden Rückgruppierung führt.

Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen, Urteil vom 13.01.2022, Az. 6 Sa 139/22 E

Rechtsprechung

Autor/-in: Yolanda Thau

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