BAG: Tarifvertragliche Ausnahme der Arbeitnehmer in der Passivphase der Altersteilzeit ohne sachlichen Grund überschreitet die durch § 4 Abs. 1 TzBfG begrenzten Regelungsrahmen
Sachverhalt
Der Kläger ist bei der Beklagten noch vom 01.05.2022 bis 30.05.2026 in der Passivphase einer Altersteilzeit beschäftigt. Der auf das Arbeitsverhältnis anzuwendende TV IAP sieht für nicht geringfügig Beschäftigte eine vom Beschäftigungsgrad unabhängige im Juni 2023 auszuzahlende Inflationsausgleichsprämie (IAP) in Höhe von 3.000 EUR vor, für geringfügig Beschäftigte ist die Höhe abhängig vom Beschäftigungsgrad. Ausdrücklich regelt der TV IAP, dass Arbeitnehmer, die sich zum 31.05.2023 in der Passivphase der Altersteilzeit oder im Vorruhestand befinden, keine Einmalzahlung erhalten.
Der Kläger erhielt keine Inflationsausgleichsprämie. Das LAG hatte die Klage wie schon zuvor das Arbeitsgericht abgewiesen.
Entscheidung
Das BAG hat der Revision des Klägers stattgegeben. Nach der bislang nur als Pressemeldung vorliegenden Entscheidung verstößt der durch den Tarifvertrag vorgenommene Ausschluss der Arbeitnehmer in der Passivphase der Altersteilzeit gegen § 4 Abs. 1 TzBfG, nach dem Teilzeitarbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter gestellt werden als Vollzeitmitarbeiter. Eine Schlechterstellung durch die bei der Bestimmung des Leistungszwecks der in Frage stehenden Leistung weitgehend freien Tarifvertragsparteien war nicht gerechtfertigt. Die Ausgestaltung der Anspruchsvoraussetzungen stünde der Annahme entgegen, dass es sich bei der IAP um eine Gegenleistung für erbrachte Arbeit oder eine vergangene wie künftige Betriebstreue handele. Demgegenüber bestehen keine Unterschiede zwischen Voll- und Teilzeitmitarbeitern bei der Inflationsbetroffenheit.
Bewertung
Wie schon das LAG betont auch das BAG den Spielraum der Tarifvertragsparteien bei der Leistungsbestimmung, der nach richtiger Auffassung auch den arbeitsrechtlichen Kommissionen im kirchlichen Arbeitsrecht zusteht. Allerdings wird bei künftigen Regelungen zu beachten sein, dass die gerade bei eng gefassten steuerlichen Privilegierungen anspruchsvolle Leistungsbestimmung dennoch Aspekte aufzeigt, die eine mögliche Schlechterstellung rechtfertigen.
Hier ist erneut darauf hinzuweisen, dass in Anlage 1c AVR dies aber nicht erfolgt ist. Vielmehr wird nach Anmerkung 1 der pro rata temporis berechnete teilzeitgeminderte Anspruch ausdrücklich auch für die zum jeweiligen Auszahlungsmonat der beiden Teilzahlungen in der ATZ befindlichen Arbeitnehmer unabhängig von der Arbeits- oder Passivphase begründet.
Bundesarbeitsgericht (BAG) Urteil vom 12.11.2024, Az. 9 AZR 71/24
Rechtsprechung