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BAG: Pflegedienst in der Ambulanz einer Universitäts­klinik – Zulage nach der Vorbemerkung Nr. 8 zu Teil IV Abschnitt 1 EntgO TV-L

Pflegerinnen und Pflegehelfer an Universitätskliniken erhalten eine Zulage nach der Vorbemerkung Nr. 8 zu Teil IV Abschnitt 1 EntgO auch dann, wenn sie in einem der in der Vorbemerkung Nr. 6 zu Teil IV Abschnitt 1 EntgO genannten Bereiche beschäftigt sind und dort keine pflegerischen Tätigkeiten ausüben.

Sachverhalt

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Zulage. Der Kläger ist bei dem beklagten Universitätsklinikum als Krankenpfleger beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft vertraglicher Inbezugnahme der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Mit Schreiben vom 25. November 2019 wandte sich der Kläger an die Personalabteilung der Beklagten und beantragte die ihm „zustehenden 120,00 Euro Zulage für Pflegekräfte gemäß des letzten Tarifabschlusses rückwirkend ab dem 1.1.2019“. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 16. Dezember 2019 ab. Für die Gewährung sei zwingende Voraussetzung, dass eine krankenpflegerische Tätigkeit ausgeübt werde. Im Bereich des Klägers bilde die krankenpflegerische Tätigkeit nicht den Schwerpunkt. Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung der Zulage für die Zeit seit dem 1. Januar 2019 verlangt.

Entscheidung

Der Kläger hat als Pfleger an einer Universitätsklinik nach Teil IV Abschnitt 1 Vorbemerkung Nr. 8 EntgO Anspruch auf eine monatliche Zulage nach Abschnitt IV Nr. 8 Anlage F zum TV-L.

Es kann dahingestellt bleiben, ob und ggf. welche pflegerischen Tätigkeiten der Kläger im Infusionsraum der Internistischen Ambulanz verrichtet. Dies folgt aus der Vorbemerkung Nr. 6 Satz 1 zu Teil IV Abschnitt 1 EntgO.

Abschnitt 1 des Teils IV EntgO bezieht sich auf „Beschäftigte in der Pflege“. Der Begriff der Pflege bzw. des Pflegedienstes ist tarifvertraglich nicht definiert. Zum Pflegedienst gehören ausweislich der Vorbemerkungen zu Teil IV Abschnitt 1 EntgO sowie der nachfolgenden Eingruppierungsregelungen alle Pflegerinnen und Pflegehelferinnen mit „entsprechender Tätigkeit“ sowie pflegerisch tätige Beschäftigte mit einer Qualifikation, die Pflegehelferinnen und Pflegerinnen ausweislich der Vorbemerkungen gleichgestellt.

Teil IV Abschnitt 1 EntgO erfasst damit primär die sogenannte „Pflege am Bett“. Nach Teil IV Abschnitt 1 Vorbemerkung Nr. 6 Satz 1 EntgO gehört zu der „entsprechenden Tätigkeit“ von Pflegehelferinnen beziehungsweise Pflegerinnen aber auch die Tätigkeit in Ambulanzen, soweit es sich nicht überwiegend um eine Verwaltungs- oder Empfangstätigkeit handelt. Gleiches gilt für Blutzentralen, Milchküchen, Frauenmilchsammelstellen und Dialyseeinheiten.

Über die Vorbemerkung Nr. 6 wird die Tätigkeit in den genannten Bereichen den „entsprechenden Tätigkeiten“ von Beschäftigten in der Pflege zugewiesen, um eine entsprechende Eingruppierung der dort beschäftigten Pflegehelferinnen und Pflegerinnen zu ermöglichen.

Bewertung

Die Entscheidung ist zutreffend. Die Tarifvertragsparteien haben mit der Vorbemerkung Nr. 6 zu Teil IV Abschnitt 1 EntgO nicht nur eine Eingruppierung nach den für die Beschäftigten im „klassischen“ Pflegedienst geltenden Eingruppierungsregelungen ermöglicht, sondern darüber hinaus für diese Pflegehelferinnen bzw. Pflegerinnen den gesamten Anwendungsbereich des Teils IV Abschnitt 1 EntgO eröffnet, soweit sie nicht überwiegend Verwaltungs- oder Empfangstätigkeiten verrichten. Durch die Vorbemerkung Nr. 6 werden sie zu „Beschäftigten in der Pflege“ beziehungsweise zu „Beschäftigten im Pflegedienst“. Das macht bereits der Wortlaut der Regelung deutlich.

Die Entscheidung ist übertragbar auf den AVR-Bereich. Mit Beschluss vom 25. Februar 2021 wurde in § 12 der Anlage 31 mit Wirkung zum 1. März 2021 ein neuer Absatz 4 eingefügt, nachdem Mitarbeiter der Entgeltgruppen P 4 bis P 16 eine monatliche Pflegezulage von 70 Euro bzw. ab 1. März 2022 von 120 Euro erhalten.

In Anlage 31 Anhang D I. „Mitarbeiter in der Pflege“ findet sich in den Vorbemerkungen unter Ziffer 6 darüber hinaus ein Hinweis wie im TV-L Entgeltordnung, dass zu der entsprechenden Tätigkeit von Pflegehelfern beziehungsweise von Pflegern auch die Tätigkeit in Ambulanzen, Blutzentralen und Dialyseeinheiten gehört, soweit es sich nicht überwiegend um eine Verwaltungs- oder Empfangstätigkeit handelt.

Damit hat im AVR-Bereich die Arbeitsrechtliche Kommission mit der Vorbemerkung ebenfalls zum Ausdruck gebracht, dass die Regelungen nicht nur für die Beschäftigten im „klassischen“ Pflegedienst gelten, sondern auch für Tätigkeiten von Pflegehelfern bzw. von Pflegern in Ambulanzen, Blutzentralen und Dialyseeinheiten, soweit es sich nicht überwiegend um eine Verwaltungs- oder Empfangstätigkeit handelt. Durch die Vorbemerkung Nr. 6 werden sie auch im AVR-Bereich zu „Beschäftigten in der Pflege“ beziehungsweise zu „Beschäftigten im Pflegedienst“.

Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 19.01.2023, 6 AZR 62/22

Rechtsprechung

Autor/-in: Marc Riede

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