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BAG: Corona-Prämie nach § 150a SGB XI ist öffentlich-rechtlicher Anspruch

Für Rechtsstreitigkeiten zwischen zugelassenen Pflegeeinrichtungen und deren Arbeitnehmern über die Berechnung und Höhe des Bundesanteils der Corona-Prämie ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet.

Sachverhalt

Der Kläger ist beim beklagten Arbeitgeber in Mecklenburg-Vorpommern als Pflegefachkraft mit 90 Prozent einer Vollzeitkraft beschäftigt. Im Jahr 2020 hatte der Arbeitgeber 549,09 Euro Als „Corona-Prämie Bund“ und 274,41 Euro als „Corona-Prämie Land“ ausbezahlt. In Mecklenburg-Vorpommern wurde eine Aufstockung der nach § 150a SGB XI für 2020 vorgesehenen Sonderleistung während der Coronavirus-SARS-CoV-2-Pandemie auf 1.500 Euro vorgesehen, wobei die Aufstockung der Grundregelung des § 150a SGB XI gelten sollte. Den Anspruch auf volle Zahlung der 1.500 Euro wies der Beklagte unter anderem damit zurück, dass es sich um eine Einrichtung handele, die ein Pflegeheim und eine Eingliederungshilfeeinrichtung vorhält. Die an den Kläger ausgezahlten Anteile entsprächen dem Anteil der dem SGB XI unterfallenden Pflegeanteil der Komplexeinrichtung. Zudem hat der Beklagte die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten gerügt. ArbG und LAG haben die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten bejaht.

Entscheidung

Das BAG hat der Beschwerde des Beklagten stattgegeben. Danach ist die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten bei Streitigkeiten um die Höhe der vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer auszuzahlenden Corona-Prämie nach § 150a SGB XI sowie etwaiger landesrechtlicher Aufstockungen nicht eröffnet. Diese sind vielmehr vor den Sozialgerichten geltenden zu machen. Die Gerichte für Arbeitssachen sind allein für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zuständig (§ 2 Abs. 1 ArbGG). Bei dem Anspruch aus § 150a SGB XI handelt es sich nach der Entscheidung des BAG aber um einen öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruch. Es handelt sich um die Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung des Arbeitgebers, die ihm durch § 150a SGB XI auferlegt ist. Der Anspruch des Arbeitsnehmers auf die Corona-Prämie nach § 150a SGB XI knüpfe zwar an das Arbeitsverhältnis an. Seine Grundlage liegt aber nicht in dem Arbeitsverhältnis, sondern in den Leistungspflichten der sozialen Pflegeversicherung und dem in diesem Zusammenhang dem Arbeitgeber auferlegten öffentlich-rechtlichen Verpflichtung, die ihm einen Zahlstellencharakter auferlegt. Das BAG hat die Klage deshalb an das örtliche zuständige Sozialgericht verwiesen.

Bewertung

Mit der Entscheidung ist klargestellt, dass es sich bei der Corona-Prämie nach § 150a SGB XI um keinen arbeitsrechtlichen Anspruch aus dem Dienstverhältnis handelt. Ob ggf. ein Schadensersatz wegen der Verletzung von Nebenpflichten bei der Berechnung und Auszahlung der Corona-Prämie bestand und hierfür der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben ist, war vom BAG nicht gesondert zu prüfen, da dies mit der Hauptsache geltend gemacht worden war.

Hinzuweisen ist darauf, dass dieses Verfahren den für Pflegeeinrichtungen geltenden § 150a SGB XI betraf. Ob sie auch für die in den Krankenhäusern nach § 26a und 26d KHG finanzierte Corona-Prämie gilt, ist damit nicht entschieden. In beiden Regelungen erfolgt die Auswahl der Empfänger und der Prämienhöhe durch den Arbeitgeber. Dennoch handelt es um die Konstruktion einer Verpflichtung des Arbeitgebers. Diese wird ebenso öffentlich-rechtlich einzuordnen sein wie die reine Zahlstellenfunktion bei der Prämie nach § 150a SGB XI.

Die beiden Grundkonstrukte sind auch bei den geplanten gesetzlichen Corona-Prämien für 2022 gegeben. Es spricht daher vieles dafür, dass auch diese von öffentlich-rechtlicher Natur sind. Rein arbeitsrechtlich sind dagegen die in den AVR enthaltenen sog. Corona-Sonderzahlungen.

Bundesarbeitsgericht (BAG), Beschluss vom 01.03.2022, Az. 9 AZB 25/21

Rechtsprechung

Autor/-in: Helge Martin Krollmann

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