BAG: „Aufstellung“ des Dienstplans nach TV-Ärzte/VKA
Sachverhalt
Der Kläger ist bei der Beklagten, die ein Universitätsklinikum betreibt, als Oberarzt tätig. Es findet der TV-Ärzte/VKA Anwendung.
Die Beklagte gab ihren Beschäftigten die Dienstpläne für die Monate Februar bis September 2020 unter Wahrung der Monatsfrist nach § 10 Abs. 11 Satz 1 TV-Ärzte/VKA bekannt, ohne dass der Betriebsrat diesen Plänen zuvor zugestimmt oder sie genehmigt hatte. Nach diesen Dienstplänen leistete der Kläger 16 Bereitschafts- bzw. Rufbereitschaftsdienste.
Der Kläger machte gerichtlich die Zahlung der Zuschläge wegen Nichteinhaltung der Bekanntgabefrist nach § 10 Abs. 11 TV-Ärzte/VKA geltend. Die von ihm geleisteten Dienste seien zuschlagspflichtig, weil die Fristwahrung im Sinne des § 10 Abs. 11 TV-Ärzte/VKA auch voraussetze, dass der Dienstplan wirksam, also insbesondere unter Wahrung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats und nach den Vorgaben des Arbeitszeitgesetztes, zustande gekommen sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger begehrt mit seiner Revision die Wiederherstellung des Urteils erster Instanz.
Entscheidung
Das BAG folgte der Argumentation des Klägers nicht und hält die Revision für unbegründet. Mit ihrem Vorgehen habe die Beklagte die Dienstpläne rechtzeitig im Sinne des § 10 Abs. 11 TV-Ärzte/VKA „aufgestellt“. Denn ein Dienstplan sei dann im Sinne der Regelung aufgestellt, wenn der Arbeitgeber in Ausübung seines Direktionsrechts die im Planungszeitraum anfallenden Dienste geplant und den Dienstplan den von ihm betroffenen Beschäftigten bekannt gemacht hat, er also „in der Welt“ sei. Das folge aus der Auslegung des Tarifvertrags und sei bereits dem Wortlaut zu entnehmen.
Denn nach dem allgemeinen Sprachgebrauch des Wortes „aufstellen“ sei ein Plan dann aufgestellt, wenn er erarbeitet bzw. erdacht und veröffentlicht ist. Nicht umfasst sei jedoch, dass der Plan bestimmten Voraussetzungen zu genügen hat. Dies werde im allgemeinen Sprachgebrauch durch die Verwendung von Adjektiven wie „gültig“ oder „wirksam“ zum Ausdruck gebracht.
Der Zweck der Regelung sei zudem, den Beschäftigten Planungssicherheit zu gewähren. Diesem Zweck würde es zuwiderlaufen, wenn die Regelung verlangte, dass nur ein rechtswirksamer, mitbestimmter Dienstplan „aufgestellt“ ist.
Dieser Auslegung stünden weder rechts- noch tarifsystematische Gesichtspunkte entgegen. Insbesondere sei die Regelung in § 10 Abs. 11 Satz 1 TV-Ärzte/VKA betriebsverfassungs- bzw. personalvertretungsrechtlich neutral und betreffe ausschließlich das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein abweichendes Tarifverständnis führe zudem zu einer unterschiedlichen Behandlung von Betrieben mit und ohne Betriebs- bzw. Personalrat, die von der Regelung nicht gerechtfertigt sei.
Bewertung
Die Entscheidung ist auch für den AVR-Bereich von Bedeutung, da die streitgegenständliche Regelung dem § 6 Abs. 11 Anlage 30 AVR entspricht. Um einen Dienstplan fristgemäß aufzustellen, müssen Dienstgeber daher (neben dem Planen) nur dafür sorgen, dass dieser entsprechend den betrieblichen Gepflogenheiten bekannt gegeben wurde. Dass die Zustimmung der MAV nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO bereits vorliegt, ist für die Fristwahrung nicht erforderlich.
Allerdings kann der Dienstnehmer die Erbringung der Dienste nach einem unwirksamen Dienstplan grundsätzlich verweigern, ohne seine vertragliche Leistungspflicht zu verletzen. Auch wenn der Zuschlag nach § 6 Abs. 11 Satz 2 Anlage 30 AVR bei Fehlen der Wirksamkeitsvoraussetzungen des aufgestellten Dienstplans nicht unmittelbar ausgelöst wird, sollte es somit aus vielerlei Gründen auch im Dienstgeberinteresse stehen, rechtzeitig rechtswirksame, insbesondere auch mitbestimmte Dienstpläne aufzustellen.
Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 16.03.2023, Az.: 6 AZR 130/22
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