Vergütung von Beschäftigten in sozialen Berufen ist viel besser als ihr Ruf
Seit der Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen zwischen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) im Sozial- und Erziehungsdienst wird sowohl von Gewerkschaftsseite als auch von vielen Medien wieder das Bild der schlecht bezahlten Erzieherinnen und Erzieher gezeichnet. Ein Blick auf die verfügbaren Zahlen zur Vergütung von Erziehern zeigt, dass dies nicht (mehr) der Realität entspricht. So liegt das Medianentgelt von Erziehungskräften laut dem aktuellen Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit (BA) mit 3.900 Euro brutto pro Monat für eine Vollzeitstelle rund 500 Euro über dem Median aller Beschäftigten und 600 Euro über dem Medianverdienst vom Beschäftigten mit einem anerkannten Berufsabschluss. Erzieherinnen verdienen im Mittel laut Entgeltatlas ca. 175 Euro mehr als ihre männlichen Kollegen. Dem Entgeltatlas liegen die bei der BA verfügbaren Daten der Sozialversicherungsmeldungen zugrunde. Da bei der Meldung durch die Arbeitgeber nur zwischen Voll- und Teilzeit unterschieden wird und kein Beschäftigungsumfang für Teilzeitbeschäftigte bekannt ist, fließen nur die Werte für Vollzeitkräfte in die Auswertung ein.
Ein Blick in den Bereich der AVR
Für den Bereich der AVR gilt dies grundsätzlich auch. Betrachtet man etwa die beiden größten Gruppen von Fachkräften, nämlich examinierte Pflegefach- und Erziehungskräfte in „Normaltätigkeit“ – also in P 7 (Anlage 32 AVR) oder S 8a (Anlage 33 AVR) – so fällt auf, dass pädagogische Fachkräfte in der S 8a in der höchsten Vergütungsstufe knapp 150 Euro mehr verdienen als ihre Kolleginnen und Kollegen in der Pflege in P 7. In den in der Grafik abgebildeten Jahresvergütungen sind für Pflegefachkräfte bereits die mit dem letzten Tarifbeschluss in den Jahren 2021 und 2022 neu eingeführten Zulagen von insgesamt 145 Euro pro Monat enthalten.
Zusammen mit der ebenfalls eingerechneten Pflegezulage in Höhe von 46,02 Euro werden daher Zulagen in Höhe von 191,02 Euro pro Monat berücksichtigt. Pflegefachkräfte kommen damit spätestens nach 15 Jahren Berufstätigkeit auf eine Jahresvergütung von über 50.000 Euro pro Jahr. Pädagogische Fachkräfte erreichen in der Endstufe sogar eine Jahresvergütung von über 52.000 Euro. Die Endstufe wird, wie in der Abbildung zu sehen ist, spätestens nach 16 Jahren erreicht. Da Erzieherinnen und Erzieher nach der Ausbildung aber in der Regel in Stufe 2 einsteigen, erreichen sie die letzte Stufe meistens ebenfalls nach 15 Jahren. Zu den genannten Jahresvergütungen kommen noch Schichtzulagen sowie Zuschläge für die Arbeit nachts oder am Wochenende hinzu, sofern entsprechende Arbeitszeiten vorliegen. Mit mehr als 50.000 Euro Jahreseinkommen gehören beide Berufsgruppen zu den „Top-Verdienern“ unter den Beschäftigten mit mindestens dreijähriger Berufsausbildung.
Zahlen aus dem kommunalen öffentlichen Dienst
Zu dieser Bewertung kommt auch die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) für den Bereich des kommunalen öffentlichen Dienstes. So heißt es in einer aktuellen Pressemeldung zur Tarifrunde im Sozial- und Erziehungsdienst: „Der typische ‚Frauenberuf‘ einer Kita-Erzieherin wird sogar besser bezahlt als beispielsweise der eines Technikers oder Meisters in einer Kommune. Dies ist den Ergebnissen der beiden Tarifrunden 2009 und 2015 im Sozial- und Erziehungsdienst geschuldet, wo neben den normalen Entgeltrunden maßgebliche zusätzliche Verbesserungen für die Beschäftigten in diesem Bereich erzielt wurden.“ Aufgrund dieser „Sondertarifrunden“ sind die Gehälter der pädagogischen Fachkräfte im TVöD um bis zu 61 Prozent und damit fast doppelt so stark gestiegen wie die Löhne im kommunalen öffentlichen Dienst insgesamt. Für die VKA geht es im Rahmen der aktuellen Tarifrunde daher insbesondere darum, das Gehaltsgefüge insgesamt im Blick zu behalten und weitere Verzerrungen zu vermeiden. Viele weitere Informationen zum Sozial- und Erziehungsdienst im kommunalen öffentlichen Dienst sind auf der Seite der VKA zu finden.
Ausblick
Das in der Öffentlichkeit gezeichnete Bild der schlecht bezahlten Erziehungskräfte ist nach einem Blick auf die Zahlen schlicht falsch. Ein zunehmendes und durch die Corona-Pandemie zuletzt erneut verstärktes Problem ist die zunehmende Personalnot aufgrund des steigenden Bedarfs an Fachkräften. Dies führt zunehmend zu schwierigen Arbeitsbedingungen. Ziel muss es daher sein, schnellstmöglich viele – insbesondere junge Menschen – für die qualifizierten und gut bezahlten Berufe im sozialen Bereich zu gewinnen. Das Schlechtreden dieser Berufe hilft an dieser Stelle nicht und muss dringend aufhören. Sonst lässt sich der Fachkräftemangel trotz der attraktiven Verdienstmöglichkeiten und der großen Arbeitsplatzsicherheit nicht verringern.
Ökonomische Analyse