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Gender Pay Gap & Care Gap: Fortschritte und Herausforderungen – Ein Blick auf die Caritas und den Sozialsektor

Am 7. März 2025 ist Equal Pay Day: Der Sozialsektor zeigt Fortschritte, doch echte Gleichstellung braucht strukturelle Veränderungen.

Der Equal Pay Day markiert symbolisch den Zeitraum, den Frauen im Durchschnitt über das Jahresende hinaus arbeiten müssen, um das Vorjahresgehalt von Männern zu erreichen. 2025 wird dabei auf den Gender Pay Gap in Höhe von 18 Prozent aus 2023 referiert. Selbst bei vergleichbarer Tätigkeit, Qualifikation und Berufserfahrung bleibt eine Verdienstlücke von rund 6 Prozent bestehen. Frauen verdienen also im Durchschnitt noch immer deutlich weniger als Männer.

Berufe im sozialen Bereich haben meist einen hohen Anteil an Frauen. Auch beim Gesamtpersonal der Caritas zeigt sich, dass vier von fünf (80 Prozent) Mitarbeitenden Frauen sind – das sind mehr als 600.000 Beschäftigte.

Bereinigter und unbereinigter Gender Pay Gap

Der unbereinigte Gender Pay Gap beschreibt den durchschnittlichen prozentualen Unterschied im Bruttostundenverdienst von Männern und Frauen, unabhängig von Faktoren wie Berufserfahrung, Branche oder Bildungsniveau. Er zeigt strukturelle Unterschiede auf, wie die ungleiche Verteilung von Frauen und Männern in verschiedenen Berufen und Hierarchieebenen. Der unbereinigte Gender Pay Gap lag laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2024 bei rund 16 Prozent und damit 2 Prozentpunkte niedriger als 2023. In Euro ausgedrückt lag die unbereinigte Lücke bei 4,10 Euro pro Stunde.

Der bereinigte Gender Pay Gap hingegen berücksichtigt verfügbare Informationen zur Erklärung und Quantifizierung der benannten Faktoren (Abbildung 1). Er zeigt daher, wie groß der Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen bei vergleichbarer Qualifikation, Tätigkeit und Berufserfahrung tatsächlich ist. Das statistische Bundesamt weist für 2024 einen im Vergleich zum Vorjahr unveränderten bereinigten Gender Pay Gap in Höhe von rund 6 Prozent bzw. 1,52 Euro (unerklärter Rest) aus. Im bereinigten Gender Pay Gap stecken also statistisch nicht bestimmbare lohnrelevante Einflussfaktoren wie beispielsweise Angaben zu Erwerbsunterbrechungen aufgrund von Schwangerschaft, der Geburt von Kindern oder der Pflege von Angehörigen. Diese statistisch unerklärte Lücke lässt daher auf eine mögliche direkte Verdienstdiskriminierung von Frauen rückschließen.

Ursachen des Gender Pay Gaps

Unterschiede bei Berufswahl, Branchenverteilung und Qualifikationsniveau – Frauen arbeiten häufiger in niedriger bezahlten Berufen und Branchen – erklären weitere rund 1,53 Euro der gesamten Lücke in Höhe 4,10 Euro. 1,02 Euro des Gender Pay Gap sind durch den geringeren Beschäftigungsumfang von Frauen erklärbar. Ein Hauptgrund für die Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung liegt in der Care Arbeit, die immer noch überwiegend von Frauen erbracht wird. Mit dem jährlich ermittelten Gender Care Gap quantifiziert das Statistische Bundesamt diesen Unterschied. Demnach erbringen Frauen pro Woche durchschnittlich über 9 Stunden mehr unbezahlte Arbeit als Männer (Abbildung 2). Diese ungleiche Verteilung der Care Arbeit beeinflusst die Gehaltsentwicklung von Frauen langfristig negativ.

Einfluss der Branche: Sozialbranche zahlt gut

Die Caritas als einer der großen Arbeitgeber der Sozialbranche zahlt überdurchschnittliche Löhne – auch im Vergleich zu anderen Branchen. Laut einer Studie des VKAD verdienen Pflegefachkräfte (P7) im Jahr 2024 bei der Caritas nicht nur mehr als ihre Kolleginnen bei anderen Trägern, sondern auch mehr als Beschäftigte im typischen und gut bezahlten männerdominierten Industriejob des Mechatronikers (Abbildung 3):

Die mit den gleichen Annahmen berechnete durchschnittliche Vergütung von Erziehern (S8a) bei der Caritas liegt für 2024 bei 4.248 Euro und damit sogar noch knapp 100 Euro höher als die durchschnittliche Vergütung einer Pflegefachkraft. Der vergleichbare Wert für den durchschnittlichen Verdienst von Erzieherinnen bei allen Trägern liegt bei 3.984 Euro und damit knapp 50 Euro oberhalb des Vergleichswertes aus der Altenpflege. Im Vergleich zum Bereich der Caritas ist der Verdienst mehr als 260 Euro niedriger. Die inzwischen gut bezahlten „typischen Frauenberufe“ in der Sozialwirtschaft erklären also den großen Anteil der Branchen und Berufswahl am Gender Pay Gap (0,87 Euro) nicht. Allerdings gibt es andere Branchen und Berufe mit hohem Frauenanteil, die nicht so hoch bezahlen wie die Sozialwirtschaft. Eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) nennt hier insbesondere weniger qualifizierte Tätigkeiten im Dienstleistungsbereich wie zum Beispiel Tätigkeiten im Verkauf, der Gastronomie oder der Reinigung.

Einfluss von Beschäftigungsumfang und Qualifikation

Der hohe Frauenanteil geht bei der Caritas mit einer hohen Teilzeitquote einher. Laut Caritaspanel 2024 arbeiten mehr als 60 Prozent der Beschäftigten bei der Caritas in Teilzeit – die meisten davon auf eigenen Wunsch und mit vollzeitnahem Beschäftigungsumfang zwischen 50 bis 99 Prozent. Mehr als ein Euro des Gender Pay Gaps geht auf geringere Beschäftigungsumfänge zurück.

Weitere 0,66 Euro des Gender Pay Gap sind durch Ausbildungsabschluss und Anforderungsniveau erklärbar. Betrachtet man den Frauenanteil in Leitungs- und Führungspositionen bei der Caritas, ist dieser im Vergleich zum Frauenanteil insgesamt auffällig geringer. Auf zweiter und dritter Führungsebene (z. B. Bereichs- und Abteilungsleitung) liegt der Frauenanteil bei 66 Prozent, auf erster Führungsebene (z. B. Geschäftsführung, Vorstand) lediglich bei 40 Prozent (Abbildung 4).

Da unbezahlte Care-Arbeit (Abbildung 2) wie oben dargelegt insbesondere im Verantwortungsbereich von Frauen liegt, können darauf ausgerichtete Entlastungsangebote durch Arbeitgeber auch ein sinnvoller Baustein sein (Abbildung 5), um den unterdurchschnittlichen Anteilen von Frauen in Leitungspositionen entgegenzuwirken. Es bieten sich verschiedene Gestaltungsmittel an: 43 Prozent der Caritas-Rechtsträger verfügen über Unterstützungsmaßnahmen bei der Pflege von Angehörigen, 39 Prozent bei der Betreuung von Kindern. Jeder fünfte Rechtsträger bietet Führungspositionen in geteilter Tandemform an, die v.a. Teilzeitbeschäftigte adressieren. Darüber hinaus bietet jeder zehnte Rechtsträger spezifische Förderungsprogramme für Frauen in Führungspositionen an.

Fazit und Ausblick

Der Gender Pay Gap ist eine komplexe Herausforderung, die strukturelle Veränderungen erfordert. Die Caritas zeigt mit hoher Tarifbindung und attraktiver Bezahlung in sozialen Berufen, dass Gleichstellung möglich ist. Doch um echte Chancengleichheit zu erreichen, braucht es politische Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie eine gezielte Förderung von Frauen im Arbeitsmarkt. Nur so sind höhere Beschäftigungsumfänge und eine Ausweitung der Übernahme von Leitungstätigkeiten möglich. Gerade vor dem Hintergrund es zunehmenden Fach- bzw. Arbeitskräftemangels in der Sozialwirtschaft, fordern die Caritas-Dienstgeber daher eine gezielte Verbesserung der Betreuungssituation, um Frauen gleiche Karrierechancen zu ermöglichen. Eine bessere staatliche Unterstützung für Betreuungsangebote, der Ausbau flexibler Kinderbetreuungszeiten und eine stärkere Anerkennung von Care-Arbeit sind notwendig, um langfristig die Gleichstellung am Arbeitsmarkt zu fördern.

Ökonomische Analyse

Autor/-in: Dr. Pascal Krimmer, Sylvia Lutz-Munder

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