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Die Anlage 17a AVR Caritas (Alters­teilzeitregelung) läuft aus – was bedeutet dies für die Zukunft?

Dienstgeber- und Mitarbeiterseite der Caritas haben sich entschlossen, die Anlage 17a AVR Caritas zum 30. Juni 2024 auslaufen zu lassen. Die dort statuierten Regelungen zur Altersteilzeit erscheinen nicht mehr zeitgemäß, da sowohl jüngere als auch ältere Beschäftigte vor dem Hintergrund des demografischen Wandels auf dem Arbeitsmarkt dringend benötigt werden.

Das Recht der Altersteilzeit

Mit der Altersteilzeit hat der Gesetzgeber die Möglichkeit für ältere Beschäftigte geschaffen, über eine Reduzierung der Arbeitszeit oder ein vorzeitiges Ausscheiden aus der aktiven Tätigkeit den Übergang in den Ruhestand vorzubereiten. Das entsprechende Gesetz, das Altersteilzeitgesetz (AltTZG) existiert seit 1996. Altersteilzeiten sollten damit vor allem dadurch attraktiv gemacht werden, dass Beschäftigte in Altersteilzeit aufgestockte Vergütungen erhielten – also nicht mit nennenswerten finanziellen Einbußen zu rechnen hatten. Die Arbeitgeber erhielten wiederum eine Förderung für die Aufstockungsbeträge durch die Bundesagentur für Arbeit. Mit dem demographischen Wandel in der Gesellschaft werden ältere Beschäftigte für den Arbeitsmarkt zunehmend wichtiger, sodass die Förderung der Aufstockungsbeiträge zum 1. Oktober 2010 für alle ab diesem Zeitpunkt beginnenden Altersteilzeitverhältnisse gestrichen wurde. Trotzdem ist Altersteilzeit für viele Betroffene weiterhin attraktiv, weil die Aufstockungsbeträge steuerlich und sozialversicherungsrechtlich privilegiert sind.

Das AltTZG und die damit zusammenhängenden steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen geben lediglich einen allgemeinen Rahmen für die Vereinbarung von Altersteilzeitmodellen vor. Einen gesetzlichen Anspruch auf Altersteilzeit enthält das AltTZG nicht. Das bedeutet, dass Beschäftigte grundsätzlich weder einseitig ein Altersteilzeitmodell verlangen noch einklagen können. Ferner sind die Vorgaben des AltTZG für die Ausgestaltung der Altersteilzeit vergleichsweise restriktiv. Das AltTZG enthält aber an mehreren Stellen Regelungen, wonach in Tarifverträgen und kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen (AVR Caritas etc.) Bestimmungen vereinbart werden können, die die Altersteilzeit beschäftigungsfreundlicher gestalten, als es im AltTZG selbst der Fall ist. Hier setzen die Regelungen der Anlage 17a AVR Caritas an.

Die Altersteilzeitregelungen in Anlage 17a AVR Caritas

Die Regelungen in Anlage 17a AVR Caritas decken sich zunächst grundsätzlich mit den Vorgaben des AltTZG. Genau wie im AltTZG sind in Anlage 17a AVR Caritas zwei Möglichkeiten der Altersteilzeit vorgesehen: das Blockmodell und das Teilzeitmodell.

  • Im Blockmodell wird die Arbeit in der ersten Hälfte im gleichen zeitlichen Umfang wie bisher fortgesetzt. In der zweiten Hälfte erfolgt dann eine Freistellung, so dass Beschäftigte nicht mehr arbeiten müssen. Die erste Hälfte des Blockmodells heißt Arbeitsphase. Die zweite Hälfte des Blockmodells heißt Freistellungsphase.
  • Im Teilzeitmodell wird während der gesamten Altersteilzeit weitergearbeitet. Die bisherige Arbeitszeit wird halbiert.

Beschäftigte, die sich für eine Altersteilzeit entscheiden, bekommen während der Altersteilzeit grundsätzlich die Hälfte ihrer bisherigen Vergütung, und zwar bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Im Blockmodell findet also am Ende eine Vergütung während der Freistellungsphase statt. In beiden Modellen erhalten Beschäftigte zusätzlich den gesetzlich vorgegebenen Aufstockungsbetrag in Höhe von 20 % der regelmäßigen Vergütung im Rahmen der Altersteilzeit.

Anders als im AltTZG haben Beschäftigte im Geltungsbereich der AVR Caritas einen (einklagbaren) Anspruch auf Altersteilzeitarbeit, wenn Sie das 60. Lebensjahr vollendet haben und innerhalb der letzten 5 Jahre 1.080 Kalendertage versicherungspflichtig beschäftigt waren. Der Dienstgeber kann dieses Verlangen nur ausnahmsweise zurückweisen, nämlich wenn mehr als 2,5 % der Beschäftigten der Einrichtung in Altersteilzeit sind oder ganz ausnahmsweise aus anderen dienstlichen oder betrieblichen Gründen, wie z.B. einer wesentlichen Beeinträchtigung von Arbeitsabläufen in der Einrichtung oder bei unverhältnismäßigen Kosten durch die Altersteilzeit. Ein Anspruch auf ein bestimmtes Modell der Altersteilzeit (Blockmodell oder Teilzeitmodell) besteht laut Anlage 17a AVR Caritas jedoch nicht.

Ferner gibt es nach §§ 13 ff. Anlage 17a AVR Caritas die Möglichkeit der flexiblen Altersarbeit, d.h. eine Kombination aus Teilzeitarbeit und Bezug einer Teilrente in den letzten zwei Jahren vor Erreichen des Anspruchs auf abschlagsfreie Altersrente.

Die Bestimmungen in Anlage 17a AVR Caritas gleichen bzw. unterscheiden sich insbesondere wie folgt von den Vorgaben des AltTZG:

Vergleich der Bestimmungen in Anlage 17a AVR Caritas mit den Vorgaben des AltTZG

Anlage 17a AVR Caritas

§§ 1 ff. AltTZG

Anspruch auf Altersteilzeit:

Anspruch aus § 4 Anlage 17a AVR Caritas, der Dienstgeber kann den Anspruch nur ausnahmsweise zurückweisen (mehr als 2,5 % der Beschäftigten der Einrichtung sind bereits in Altersteilzeit etc.).

Anspruch auf Altersteilzeit:

Kein einklagbarer Anspruch auf Altersteilzeit, Arbeit- bzw. Dienstgeber muss dem Verlangen auf Altersteilzeit zustimmen.

Begünstigter Personenkreis:

Anspruchsberechtigter Dienstnehmer muss das 60. Lebensjahr vollendet haben und

innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1080 Kalendertage in einer versicherungs-pflichtigen Beschäftigung nachgegangen sein, § 5 Abs. 1 Anlage 17a AVR Caritas.

Begünstigter Personenkreis:

Arbeit- bzw. Dienstnehmer muss bei Beginn der Altersteilzeit das 55 Lebensjahr vollendet haben und

innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1 080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen sein, § 2 Abs. 1 AltTZG.

Altersteilzeitmodelle:

Altersteilzeit als Blockmodell und Teilzeitmodell möglich, § 6 Abs. 3 Anlage 17a AVR Caritas,

Blockmodell über maximal fünf Jahre möglich, § 6 Abs. 1 3 Anlage 17a AVR Caritas.

Altersteilzeitmodelle:

Altersteilzeit als Blockmodell und Teilzeitmodell möglich, § 2 Abs. 2 und 3 AltTZG,

Blockmodell über maximal drei Jahre möglich, § Abs. 2 AltTZG.

Aufstockungsleistungen:

Die Vergütung wird während der Altersteilzeit um 20 % aufgestockt, § 7 Abs. 3 Anlage 17a AVR Caritas.

Aufstockungsleistungen:

Die Vergütung muss während der Dauer der Altersteilzeit um mindestens 20 % der Regelvergütung aufgestockt werden, § 3 Abs. 1 AltTZG.

Was gilt nach dem Auslaufen der Anlage 17a AVR Caritas?

Im Hinblick auf das Auslaufen der Anlage 17a sind zwei Gruppen von Beschäftigten zu unterscheiden:

  • Für Beschäftigte, die bis zum 30. Juni 2024 die Voraussetzungen für Altersteilzeitverhältnisse nach Anlage 17a AVR Caritas erfüllen und deren Altersteilzeitdienstverhältnis (oder deren flexible Altersarbeitszeit) vor dem 1. Juli 2024 begonnen hat, ändert sich nichts. Gemäß § 1 Abs. 2 Anlage 17a AVR Caritas bleiben solche Vereinbarungen vom Auslaufen der Anlage 17a AVR Caritas unberührt.
  • Beschäftigte, die eine Altersteilzeitregelung ab dem 1. Juli 2024 anstreben, können mit ihrem Dienstgeber eine solche Regelung frei vereinbaren. Hierzu muss ein entsprechender Altersteilzeitvertrag geschlossen werden. Auf den Abschluss eines solchen Vertrags besteht dann aber – wie oben schon angedeutet – kein einklagbarer Rechtsanspruch mehr. Wenn es zu einer solchen Vereinbarung kommt, gelten dafür dann die allgemeinen Regelungen des AltTZG. Insbesondere müssen für einen Altersteilzeitvertrag nach § 2 AltTZG folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Beschäftigte müssen das 55. Lebensjahr vollendet haben und innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1 080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung tätig gewesen sein. Sollten diese Voraussetzungen erfüllt und der Dienstgeber mit dem Verlangen einer Altersteilzeitregelung einverstanden sein, so kann eine entsprechende Vereinbarung abgeschlossen werden. In dieser Vereinbarung muss sich der Dienstgeber auch verpflichten, die o.g. Aufstockungsbeträge zu leisten, die auch weiterhin steuer- und sozialabgabenfrei sind.

Altersteilzeit im Blockmodell ist nach den gesetzlichen Regelungen nur für eine Zeitdauer von insgesamt drei Jahren möglich. Mit dem Auslaufen der Anlage 17a entfällt die Regelung zu einem längeren Blockmodell nach § 2. Abs. 2 Nr. 1 3. Alternative AltTZG. Wird ein längeres Blockmodell vereinbart, gefährdet dies die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der Aufstockungsbeträge.

Zur Wahrnehmung der Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der Entgeltaufstockung und der Höherversicherung in der Rentenversicherung müssen beide Komponenten erbracht werden. Insbesondere die Höherversicherung ist nicht ohne die Aufstockung im gesetzlich erforderlichen Rahmen möglich.

Es gilt der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz. Unterschiedliche Bereitschaft zur Vereinbarung von Altersteilzeit bedarf deshalb einer nachvollziehbaren Grundlage.

Der Bezug einer Altersrente löst nach wie vor einen Störfall aus. Dies sollte beim Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung mit Mitarbeitern, die während des Verlaufs der Altersteilzeit eine Altersrente vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze beziehen können, beraten werden.

Arbeitsrechtliche Analyse

Autor/-in: Dr. Florian Bauckhage-Hoffer

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