Bundestagswahl 2025: Die Wahlprogramme im Überblick
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Vertrauensabstimmung am 16. Dezember 2024 im Bundestag verloren. Neuwahlen finden voraussichtlich am 23. Februar 2025 statt. Im Zuge dessen haben die Parteien nun ihre Wahlprogramme veröffentlicht.
Die CDU wird am 3. Februar 2025 in Berlin einen vorgezogenen Bundesparteitag abhalten, während die CSU ihren Parteitag am 8. Februar 2025 mit Fokus auf die Bundestagswahl plant. Beide Parteien haben ihr gemeinsames Wahlprogramm bereits beschlossen. Auch die FDP hat ihr Wahlprogramm fertiggestellt und wird es am 9. Januar 2025 bei einem außerordentlichen Parteitag offiziell bestätigen. Die SPD plant hingegen, ihr Wahlprogramm am 11. Januar 2025 bei einem Delegiertenparteitag zu verabschieden. Die Grünen werden ihr Wahlprogramm auf einem Sonderparteitag am 26. Januar 2025 verabschieden.
1. CDU/CSU
Die Steuer- und Abgabenpolitik zielt auf eine Entlastung der mittleren Einkommen ab, indem die Progression in der Einkommenssteuer gemildert und die Schwelle für den Spitzensteuersatz angehoben wird. Kalte Progression soll durch regelmäßige Anpassungen an die Inflation vermieden werden. Überstundenvergütungen für Vollzeitbeschäftigte sollen steuerfrei gestellt werden, um Mehrarbeit attraktiver zu machen. Ebenso ist eine Erhöhung der Pendlerpauschale geplant, um Arbeitnehmer im ländlichen Raum zu entlasten.
Im Arbeitsrecht wird anstelle einer täglichen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit gefordert – ergänzt durch flexible Arbeitszeiterfassungssysteme. Vertrauensarbeitszeit bleibt bestehen, und mobiles Arbeiten wird aus dem Anwendungsbereich der Arbeitsstättenverordnung herausgenommen. Homeoffice wird als Teil des mobilen Arbeitens betrachtet. Zusätzlich sollen Personalpartnerschaften zwischen Unternehmen rechtlich erleichtert werden. Zur Fachkräftesicherung wird ein besonderer Fokus auf Frauen in Teilzeit gelegt, um sie zu vollzeitnaher Beschäftigung zu motivieren. Zudem soll das Vorbeschäftigungsverbot für Rentner aufgehoben und das Anerkennungsverfahren ausländischer Abschlüsse beschleunigt werden. Die geplante digitale „Work-and-Stay-Agentur“ soll Fachkräfteanwerbung und Einwanderungsprozesse zentralisieren. Die Tarifpolitik wird durch die Förderung flexibler Regelungen auf regionaler und betrieblicher Ebene sowie die Digitalisierung von Betriebsratssitzungen unterstützt. Die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission soll beibehalten werden.
Bürokratieabbau wird durch die Lockerung der Schriftformerfordernisse und die Flexibilisierung der Arbeitszeiterfassung angestrebt. Verpflichtungen für kleine und mittlere Unternehmen zur Bestellung von Betriebsbeauftragten sollen reduziert werden. Für Rentner plant die Union eine steuerfreie Aktivrente bis zu 2.000 Euro monatlich sowie flexiblere Übergänge in den Ruhestand.
Im Bereich der Pflegeberufe sollen Arbeitsbedingungen durch planbare Einsatzzeiten und neue Berufsbilder attraktiver gestaltet werden. Bürokratieabbau in der Pflege wird durch digitalisierte Prozesse und zusammengeführte Kontrollstrukturen unterstützt.
Einordnung/Fazit
Die CDU/CSU setzt in ihrer Wirtschafts- und Sozialpolitik auf klassische liberal-konservative Elemente wie Marktmechanismen, Eigenverantwortung und Deregulierung. Angesichts von Fachkräftemangel, Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheit bietet das Wahlprogramm Antworten – etwa durch flexiblere Arbeitszeiten und die Förderung von Einwanderung, die teilweise mit bisherigen DGS-Forderungen übereinstimmen.
Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege, wie planbare Einsatzzeiten und Springerpools, könnten die Attraktivität der Berufe steigern. Es fehlen jedoch klare Zusagen zur staatlichen Finanzierung, was zusätzliche Kosten für Arbeitgeber bedeutet. Für gemeinnützige Träger, die stark unter Bürokratie leiden, bleiben konkrete Entlastungen wie bei Dokumentationspflichten aus, sodass „Bürokratieabbau“ weiterhin Lücken aufweist. Die Rolle der christlichen Kirchen als gesellschaftliche und bildungspolitische Stabilisatoren wird hervorgehoben.
2. FDP
In der Wirtschaftspolitik fordert die FDP die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags, um Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziell zu entlasten. Die Lohnsteuerbefreiung für Überstundenzuschläge soll die Aufnahme zusätzlicher Arbeit attraktiver machen. Mit dem Konzept des „Tarifs auf Rädern“, das Steuerfreibeträge und -klassen automatisch an die Inflation anpasst, soll die Steuerlast gerechter gestaltet und die Bürger vor kalter Progression geschützt werden. Zusätzlich sollen vereinfachte Umsatzsteuerregelungen und die Einführung von Pauschalabschreibungen kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) eine größere finanzielle Flexibilität ermöglichen, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Im Bereich des Arbeitsrechts soll die tägliche Höchstarbeitszeit durch eine wöchentliche Regelung ersetzt werden, um flexiblere Arbeitszeitmodelle zu ermöglichen. Zudem wird die Tarifautonomie als Grundprinzip betont; staatlich vorgegebene Modelle, wie die Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich, lehnt die FDP ab. Zur Minimierung gesellschaftlicher Schäden durch Arbeitskämpfe in systemrelevanten Bereichen wie Gesundheit, Bildung und Verkehr sollen verpflichtende Schlichtungsverfahren und Mindestankündigungsfristen für Streiks eingeführt werden.
Durch ein „One-Stop-Shop“-System sollen Arbeitsmigrationsverfahren gebündelt und beschleunigt werden. Dies umfasst auch die Reform des Visaprozesses, um qualifizierte Fachkräfte effizienter anzuwerben. Zur Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen plant die FDP die Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5 sowie die Weiterentwicklung des Ehegattensplittings. Zusätzlich sollen steuerliche Anreize und der Ausbau von Betreuungsangeboten die ökonomische Selbstständigkeit von Frauen stärken.
Im Bereich der Pflege und Gesundheitsversorgung setzt die FDP auf Digitalisierung, Automatisierung und Robotik, um Pflegekräfte spürbar zu entlasten und Bürokratie zu reduzieren. Anerkennungsverfahren für ausländische Pflegekräfte sollen vereinfacht werden. Die Partei bekennt sich klar zum dualen System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung und will die Wahlfreiheit und Wechselmöglichkeiten für Versicherte stärken.
Eine zentrale digitale Plattform („Government as a Platform“) soll die Abwicklung von Behördengängen digitalisieren und zum Bürokratieabbau beitragen.
Einordnung/Fazit
Das FDP-Wahlprogramm ist geprägt von einem klar wirtschaftsliberalen Ansatz, der auf Deregulierung, Bürokratieabbau und eine umfassende Modernisierung der Wirtschaft und Verwaltung abzielt. Die FDP betont die Bedeutung von unternehmerischer Freiheit und individueller Verantwortung und grenzt sich dabei deutlich von staatlichen Eingriffen in den Arbeitsmarkt ab.
Die FDP setzt auf Arbeitszeitflexibilisierung und Tarifautonomie als zentrale Elemente der Arbeitsmarktgestaltung. Die Einführung einer wöchentlichen statt täglichen Höchstarbeitszeit sowie die Ablehnung staatlich regulierter Arbeitszeitmodelle, wie der Vier-Tage-Woche, sollen Unternehmen und Arbeitnehmern mehr Spielräume eröffnen. Gleichzeitig spricht sich die FDP für eine Reform des Streikrechts aus, die verpflichtende Schlichtungsverfahren in kritischen Bereichen wie Gesundheit und Bildung vorsieht. Die Funktionsweise des Dritten Weges als auch die bisherigeren DGS-Forderungen zur Arbeitszeitflexibilisierungen lassen sich hier klar einordnen. In der Pflege- und Gesundheitspolitik liegt der Fokus auf technologischem Fortschritt und Effizienzsteigerung. Der Einsatz von Robotik und KI soll Pflegekräfte entlasten, während gleichzeitig bürokratische Anforderungen reduziert werden sollen. Die geplanten Maßnahmen zur Unterstützung pflegender Angehöriger und zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, aber auch Familie und Beruf, bieten soziale Akzente, die zugleich an maßgeblich Fragen der Überwindung des Fachkräftemangels anknüpfen. Im Bereich der Digitalisierung und Bürokratieabbau verfolgt die FDP ein ambitioniertes Programm. Die Einführung einer zentralen Bürgerplattform, die Automatisierung von Genehmigungsverfahren und der Ausbau digitaler Infrastrukturen sind konkrete Beispiele hierfür. Die FDP verzichtet darauf, die Rolle von Kirchen oder religiösen Gemeinschaften explizit zu würdigen, und behandelt die spezifischen Anforderungen gemeinnütziger Träger nur am Rande.
3. SPD
Im Arbeitsrecht setzt die SPD auf eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro bis 2026, orientiert an der europäischen Mindestlohnrichtlinie. Durch ein geplantes Bundestariftreuegesetz sollen öffentliche Aufträge nur an tarifgebundene Unternehmen vergeben werden. Die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen soll erleichtert und ein Verbandsklagerecht für Gewerkschaften eingeführt werden. Außerdem fordert die SPD die Abschaffung sachgrundloser Befristungen sowie die kritische Überprüfung von Befristungsgründen.
Zur Fachkräftesicherung plant die SPD die Weiterentwicklung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes, eine Digitalisierung der Anerkennungsverfahren sowie Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten. Die Einführung eines Rechts auf Weiterbildung und eines beruflichen Neustarts soll Beschäftigte in allen Lebensphasen unterstützen. Umlagefonds sollen die Ausbildungsbereitschaft von Unternehmen fördern. Der Bürokratieabbau wird durch die Digitalisierung der Verwaltung und eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren vorangetrieben. Flexible Arbeitszeitmodelle bleiben der Tarifautonomie überlassen, um passgenaue Lösungen für Branchen und Beschäftigte zu gewährleisten.
In der Tarifpolitik und Mitbestimmung strebt die SPD den Ausbau der Rechte von Betriebsräten bei Personalplanung, dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz und im Gesundheitsschutz an. Zudem soll ein Mindestkatalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte im Aufsichtsrat eingeführt werden. Die Tarifbindung soll durch staatliche Mittel und öffentliche Aufträge gestärkt werden, während das Streikrecht ausdrücklich geschützt bleibt.
Für den Gesundheits- und Pflegebereich plant die SPD eine bedarfsgerechte Personalausstattung, die Begrenzung von Eigenanteilen in der stationären Langzeitpflege auf 1.000 Euro pro Monat und ein Familienpflegegeld analog zum Elterngeld. Technologische Fortschritte wie KI-gestützte Dokumentation sollen den Pflegekräften administrative Lasten abnehmen. Gleichzeitig werden eine verkürzte Wochenarbeitszeit und bessere Planbarkeit der Einsatzzeiten angestrebt.
Darüber hinaus soll das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz modernisiert und gestärkt werden.
Einordnung/Fazit
Das SPD-Wahlprogramm zeichnet sich, in sozialdemokratischer Tradition, durch eine starke Fokussierung auf soziale Gerechtigkeit, Arbeitsmarktstabilität und eine klare Arbeitnehmerzentrierung aus. Kollektive Arbeitsmarktinstitutionen wie Tarifpartnerschaft und Mitbestimmung werden konsequent gestärkt und betont.
Die SPD positioniert sich unmissverständlich als Verfechter einer erweiterten Tarifbindung und Mitbestimmung. Die Einführung eines Bundestariftreuegesetzes und die Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen sollen dieses Ziel verdeutlichen. Die SPD bleibt der klassischen Sozialpartnerschaft verpflichtet. Wenig überraschend setzt die SPD auch auf eine Stärkung der Gewerkschaften und des Streikrechts.
Das Wahlprogramm enthält zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen – insbesondere in der Pflege und Sozialwirtschaft –, bleibt jedoch bei der Frage der Refinanzierung vielfach unkonkret.
Die Bedeutung der Kirchen wird am Rande erwähnt.
4. Bündnis 90/Die Grünen
Im Bereich Wirtschaft und Arbeitsmarkt steht bei den Grünen die Förderung einer klimaneutralen Wirtschaft im Mittelpunkt, unterstützt durch erneuerbare Energien und nachhaltige Technologien. Die Grünen fordern einen Mindestlohn von 15 Euro ab 2025, der auch für unter 18-Jährige gelten soll. Ein Tariftreuegesetz und die erleichterte Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen sollen die Tarifbindung stärken. Darüber hinaus wird die Bedeutung von Gewerkschaften und betrieblicher Mitbestimmung hervorgehoben, mit einem Ausbau der Mitbestimmung in den Bereichen Klima, Qualifikation und Gleichstellung. Flexible Arbeitszeitmodelle und ein Rückkehrrecht in Vollzeit für Frauen sowie die Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie sollen die Gleichstellung fördern. Eine gute Kinderbetreuung und die gerechtere Verteilung von Sorgearbeit werden als Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf genannt.
Zur Fachkräftesicherung planen die Grünen eine digitale Einwanderungsagentur, die Anerkennung ausländischer Abschlüsse zentralisiert und beschleunigt, sowie ein einfaches Online-Visumverfahren. Frauen sollen durch Steuererleichterungen, bessere Betreuungsangebote und die Reform des Ehegattensplittings unterstützt werden. Mit einem Qualifizierungsgeld sollen Beschäftigte bei Weiterbildung oder beruflicher Neuorientierung gefördert werden.
Im Bereich Gesundheit und Pflege setzen die Grünen auf eine solidarische Kranken- und Pflegeversicherung, in der Privatversicherte integriert werden. Regionale Gesundheitszentren sollen die Grundversorgung stärken, während KI-gestützte Dokumentation Pflegekräfte entlasten soll. Eine Rückkehroffensive zielt darauf ab, Pflegekräfte durch bessere Arbeitsbedingungen und höhere Personalschlüssel zurückzugewinnen. Die Vereinheitlichung der Pflegeausbildung und der Abbau von Bürokratie werden als weitere Maßnahmen genannt. Die Eigenanteile in der stationären Langzeitpflege sollen auf maximal 1.000 Euro begrenzt werden.
Im Bereich Antidiskriminierung und soziale Gerechtigkeit setzen sich die Grünen für die Erweiterung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) um soziale Herkunft ein. Unternehmen sollen stärker in der Förderung von Diversität und Geschlechtergerechtigkeit unterstützt werden.
Einordnung/Fazit
Das Wahlprogramm der Grünen für die Bundestagswahl 2025 stellt eine Kombination aus sozialpolitischem Anspruch, klimapolitischer Transformation und arbeitsmarktpolitischer Regulierung dar. Die Grünen fokussieren sich auf eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und legen einen deutlichen Schwerpunkt auf ökologische und soziale Gerechtigkeit.
Sozialpartnerschaft wird im Programm als zentrale Säule des Arbeitsmarkts hervorgehoben. Die Grünen positionieren sich eindeutig für eine Stärkung von Tarifbindung und Mitbestimmung. Die Einführung eines Tariftreuegesetzes, die Erleichterung der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen sowie die Ausweitung der Mitbestimmung – etwa in Bereichen wie Klima- und Umweltschutz oder Qualifizierung – zeigen, dass die Grünen in erster Linie auf kollektive Arbeitsmarktinstitutionen setzen. Die Grünen würdigen die Bedeutung der Kirchen und religiösen Gemeinschaften für den sozialen und demokratischen Zusammenhalt.
Die Grünen stehen in der Tradition eines progressiven Sozial- und Umweltliberalismus, der auf umfassende staatliche Steuerung setzt. Während es inhaltliche Anknüpfungspunkte zu bisherigen DGS-Forderungen gibt, bspw. bei Digitalisierungsfragen und in der Fachkräftesicherung, bleiben Finanzierungsfragen größtenteils unbeantwortet.
5. AfD
Die AfD legt in ihrem Programm einen Schwerpunkt auf die Reform des Bürgergeldes hin zu einer „aktivierenden Grundsicherung“, die Arbeitsanreize stärken soll. Steuerpolitisch fordert die Partei umfangreiche Entlastungen, darunter die Abschaffung des Solidaritätszuschlags und eine Senkung der Unternehmens- und Einkommenssteuer. Im Bereich der Fachkräftesicherung steht die Förderung inländischer Fachkräfte im Vordergrund, unterstützt durch berufliche Bildung und eine stärkere Berufsorientierung in Schulen. Zuwanderung soll auf hochqualifizierte Arbeitskräfte begrenzt werden, eine umfassende Strategie zur Fachkräfteintegration fehlt jedoch. Die AfD spricht sich für eine bundeseinheitliche gesetzliche Personalbemessung im Pflegebereich aus und lehnt Pflegekammern ab, da diese als zusätzlicher bürokratischer Aufwand wahrgenommen werden. Das DRG-Fallpauschalensystem wird als ineffektiv kritisiert und durch individuell verhandelte Budgets auf Landesebene ersetzt werden. Die Partei fordert eine bessere Finanzierung des Pflegepersonals und lehnt weitere Privatisierungen im Krankenhaussektor ab. Ein Fokus auf Bürokratieabbau im Gesundheitswesen und die Vereinfachung bestehender Regularien wird betont. Im Bereich Bürokratie will die AfD den Abbau wettbewerbsverzerrender Vorschriften wie der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vorantreiben. Auch die Abschaffung der Nachhaltigkeitsberichterstattung und eine Reform des Lieferkettengesetzes sollen kleinere Unternehmen entlasten.
Einordnung/Fazit
Das Wahlprogramm der AfD verbindet wirtschaftsliberale Elemente wie Steuersenkungen und Bürokratieabbau mit nationalkonservativen Leitlinien, etwa bei der Zuwanderungsbegrenzung. Maßnahmen zur Stärkung der Pflegeberufe und zum Bürokratieabbau im Gesundheitswesen werden betont, jedoch fehlen detaillierte Umsetzungspläne. Zu Themen wie Arbeitszeitflexibilisierung, Tarifbindung oder Mitbestimmung enthält das Programm keine substantiellen Aussagen. Die Forderung nach einer Rückkehr zur D-Mark und einem EU-Austritt bleibt ein zentraler Programmpunkt (siehe Wahlprogramm) mit potenziell weitreichenden wirtschaftlichen Konsequenzen, die auch Arbeitgeber in der Sozialwirtschaft betreffen würden.
6. BSW
Das BSW fordert einen Mindestlohn von 15 Euro sowie strengere Regulierungen gegen den Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit. Die Partei möchte die Befristung von Arbeitsverträgen stark einschränken und Betriebsratsgründungen durch besseren Kündigungsschutz fördern. Öffentliche Aufträge sollen an tarifgebundene Unternehmen vergeben werden, unterstützt durch ein Bundestariftreuegesetz und erleichterte Allgemeinverbindlichkeitserklärungen von Tarifverträgen. Die Partei lehnt das DRG-Fallpauschalensystem sowie die Krankenhausreform in der bestehenden Form ab und fordert stattdessen eine bedarfsorientierte Finanzierung des Gesundheitssystems. Mehr Medizinstudienplätze und die Ausbildung von Pflegepersonal sollen den Fachkräftemangel lindern. Zusätzlich wird eine bessere Bezahlung von Pflegekräften gefordert, konkrete Angaben zur Finanzierung fehlen. Die Fachkräftesicherung soll in erster Linie durch die Ausbildung und Förderung inländischer Fachkräfte erreicht werden. Ein „One-Stop-Shop“-System für Behördengänge sowie Reformen des Lieferkettengesetzes und der Nachhaltigkeitsberichterstattung sollen Bürokratie abbauen, insbesondere für kleinere Unternehmen.
Einordnung/Fazit
Das Programm des BSW ist von einer stark interventionistischen Arbeits- und Sozialpolitik geprägt. Die Partei setzt auf die Stärkung von Arbeitnehmerrechten und soziale Gerechtigkeit und auf Regulierung von Marktmechanismen. Aussagen zu Arbeitszeitflexibilisierung oder anderen Arbeitszeitmodellen, die für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen relevant sind ,fehlen. Auch die spezifischen Herausforderungen gemeinnütziger Träger und der Sozialwirtschaft im Allgemeinen, werden im Programm nicht berücksichtigt. Die Bedeutung von Kirchen oder religiösen Gemeinschaften wird nicht thematisiert.
Arbeitsrechtliche Analyse