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Kommentierung – Beschlüsse der BK 02/2024 vom 20. Juni 2024

Die Bundeskommission der AK Caritas hat auf ihrer Sitzung am 20. Juni 2024 Beschlüsse zu verschiedenen eigenständigen Themen gefasst. Dazu gehörte insbesondere auch ein Beschluss über neue tarifliche Regelungen für den Rettungsdienst.

I. Arbeitszeit Notfallsanitäter und Notfallsanitäterzulage

im Rettungswesen, der aufgrund der Dauer und Komplexität der Ausbildung am ehesten an den ärztlichen Beruf heranreicht. Dies ergibt sich insbesondere aus § 4 Notfallsanitätergesetz (NotSanG), in dem es heißt, dass die Ausbildung zum Notfallsanitäter gemäß dem allgemein anerkannten Stand rettungsdienstlicher und medizinischer Erkenntnisse vor allem fachliche und methodische Kompetenzen zur eigenverantwortlichen oder teamorientierten Durchführung notfallmedizinischer Versorgung vermitteln soll. Die Rettungsdienstgesetze verschiedener Bundesländer schreiben den Einsatz von Notfallsanitätern zwingend vor, gehen also über den Einsatz von Rettungsassistenten hinaus.

Dementsprechend wurde die Vergütungsgruppe 5c in der Anlage 2e der AVR Caritas für den Beruf der Notfallsanitäter geöffnet, um der Bedeutung dieses Berufs Rechnung zu tragen. Mit der Einführung der Notfallsanitäterzulage geht die Arbeitsrechtliche Kommission des Deutschen Caritasverbands einen Schritt weiter, um die Bedeutung dieses Berufs zu betonen und darüber hinaus als Dienstgeber für Notfallsanitäter auch zukünftig attraktiv zu sein. Die Zulage für Notfallsanitäter ist bisher tariflich kaum geregelt, sodass die AVR Caritas zu den ersten kollektiven Regelungswerken gehören, die durch diese Zulage der Wichtigkeit dieses Berufs Rechnung tragen. Gleiches gilt im Hinblick auf die schrittweise Reduzierung der Wochenhöchstarbeitszeiten; auch hiervon verspricht sich die Arbeitsrechtliche Kommission einen entscheidenden Schritt für die Zukunft.  

Konkret wird durch den Beschluss die Gewährung einer monatlichen Zulage für Notfallsanitäter von bis zu 400,00 Euro verbindlich ab dem 1. Januar 2028 eingeführt. Die Zulage ist nach Tätigkeitsjahren gestaffelt. Damit trotz der sehr differenzierten und länderspezifischen Refinanzierung des Rettungsdienstes eine frühzeitige Umsetzung auch ohne Regionalisierung zugunsten einer bundeseinheitlichen AVR-Regelung sowie ohne finanzielle Überforderung der Einrichtungen aufgrund bestehender vertraglicher Bindungen ohne Nachverhandlungsoptionen möglich ist, sind für den Zeitraum vom 1. Januar 2025 bis 31.Dezember 2027 definierte Ausnahmen möglich. Soweit bestehende Verträge zu rettungsdienstlichen Leistungen nachverhandelt werden können oder eine Anpassung der Vergütungen bei tariflichen Steigerungen vorsehen, soll der Dienstgeber die monatliche Zulage an alle anspruchsberechtigten Notfallsanitäter in einer Rettungswache bei gesicherter Kostentragung schon vor dem 1. Januar 2028 zahlen. Bei Neuausschreibungen hingegen muss ab dem Zeitpunkt des Auftragsbeginns für die rettungsdienstliche Leistung schon vor dem 1. Januar 2028 die monatliche Zulage durch den Dienstgeber an alle anspruchsberechtigten Notfallsanitäter in einer Rettungswache gezahlt werden. Darüber hinaus kann die Zulage bereits ab dem 1. Januar 2025 gewährt werden, falls dies zur Deckung des Personalbedarfs erforderlich ist.

II. Beschluss zu § 19 Abs. 2a Allgemeiner Teil AVR wegen Wegfall von Hinzuverdienstgrenzen

Der das Dienstverhältnis beim Bezug einer Altersrente vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze regelnde § 19 Abs. 2a AT AVR wurde völlig neu gefasst. Die Neuregelung sieht nun ein Recht des Mitarbeiters vor, vor Rentenantragstellung die Möglichkeit eines Auflösungsvertrages zu erörtern. Zu einem Vorschlag des Mitarbeiters zu einer Auflösungsvereinbarung hat der Dienstgeber zeitnah Stellung zu nehmen. Die bisherigen besonderen Regelungen zum Verlangen einer Arbeitszeitreduktion insbesondere bei Teilrenten bestehen ebenso nicht mehr wie die Beschreibung der Auflösungsvereinbarung als Regelfall.

Die Frage einer beabsichtigten Arbeitszeitreduzierung im Falle einer beabsichtigten Teilrente ist ähnlich bereits in § 42 Abs. 3 SGB VI geregelt. Mit der jetzigen Regelung in § 19 Abs. 2a AT AVR sollen Mitarbeitende bereits vor der Rentenantragstellung die Möglichkeit haben, Sicherheit nicht nur zu der Frage der Arbeitszeitreduktion, sondern auch zu der zu einer Eigenkündigung alternativen einvernehmlichen Auflösungsvereinbarung zu bekommen. Dabei enthalten weder der § 42 Abs. 3 SGB VI noch der neue § 19 Abs. 2a AT AVR einen Rechtsanspruch auf ein Teilzeitbegehren bzw. den Abschluss einer Auflösungsvereinbarung. Es handelt sich in beiden Fällen um „Soll-Vorschriften“.

§ 19 Abs. 2a AT AVR in seiner bisherigen Fassung war auf die frühere Rechtslage bei Hinzuverdienstgrenzen hin formuliert, die für Altersrenten vor dem Erreichen der Regelaltersgrenzen galten. Diese Hinzuverdienstgrenzen sind aber zum 1. Januar 2023 weggefallen. Dadurch kann auch mit Bezug einer vollen oder teilweisen Altersrente ohne Änderung des Dienstverhältnisses weitergearbeitet und eine ungekürzte Altersrente bezogen werden. Anders als für die in § 18 AT AVR geregelte Erwerbsminderungsrente bedarf es deshalb der engen Anbindung an den Hinzuverdienst nicht mehr.

Damit trägt die Neufassung auch der hinter der Streichung der Hinzuverdienstgrenzen stehenden Überlegung Rechnung, dass vor dem Hintergrund des Personalmangels eine längere Tätigkeit in den Einrichtungen erleichtert werden soll. Die Neuregelung fördert eine frühzeitige gemeinsame Abstimmung von Mitarbeiter und Dienstgeber, ob und wie das bisherige Dienstverhältnis fortgeführt wird, obwohl bereits eine Altersrente insbesondere für langjährig oder besonders langjährig Versicherte nach den §§ 36 und 236 bzw. 38 und 238 SGB VI als Voll- oder Teilrente bezogen wird.

III. Klarstellung in Anlage 17a AVR zur Erhöhung der Wertguthaben für Beschäftigte der Anlagen 21 und 21 a AVR

Aus den Wertguthaben werden die Bezüge derjenigen Mitarbeitenden bezahlt, die sich für eine Altersteilzeit im Blockmodell entschieden haben und sich in der Freistellungsphase befinden. Eine Erhöhung der Wertguthaben gewährleistet, dass Beschäftigte in der Freistellungsphase an den Vergütungserhöhungen der AVR teilnehmen.

Durch den neu eingefügten Satz 3 in den Anmerkungen zu § 7 Absatz 2 Satz 2 der 17a AVR wird klargestellt, dass sich das Wertguthaben für Beschäftigte im Bereich der Anlagen 21 und 21a AVR (Lehrkräfte, insbesondere Lehrkräfte an Pflegeschulen und im Gesundheitswesen) zum 1. Februar 2025 um 11,11 v.H. erhöht. Diese Berufsgruppen profitieren gemäß § 3 Absatz 2 Anlage 21a AVR direkt von den jeweiligen Vergütungserhöhungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Da der TV-L für diese Beschäftigtengruppen zum 1. Februar 2025 eine Vergütungssteigerung i.H.v. insgesamt 11,11 v.H. vorsieht, waren nicht nur die Vergütungen, sondern auch die Wertguthaben in den AVR in entsprechender Höhe anzupassen.

Es handelt sich insoweit um einen klarstellenden Beschluss.

IV. Änderung in Anlage 14 AVR

Rein redaktioneller Natur ist der Beschluss über eine Änderung in der Anlage 14 AVR. Der Beschluss geht auf einen Vorschlag der AG Authentische Texte zurück und ersetzt veraltete Ausbildungsberufsbezeichnungen durch aktuelle, in der neuen Fassung der Anlage 7 seit dem Jahr 2021 verwendete. Zudem wird klargestellt, dass nur die Auszubildenden nach der Anlage 7 AVR von der Regelung erfasst werden.

V. Höchstgrenze für Zusatzurlaub in den Anlagen 30, 32 und 33 AVR

Eine weitere redaktionelle Anpassung erfolgte in den § 17 Abs. 6 Satz 3 Anlage 30, § 17 Abs. 7 Satz 3 Anlage 32 und § 16 Abs. 7 Satz 3 Anlage 33 AVR. Dort wurde jeweils der Verweis auf § 3 Abs. 4 Satz 1 Anlage 14 AVR, durch die Formulierung „maßgebend für die Berechnung der Urlaubsdauer ist das Lebensjahr, das im Laufe des Kalenderjahres vollendet wird“ ersetzt. Der bisherige Verweis war durch eine Änderung der AVR nicht mehr zielführend.

Um klarzustellen, auf welches Lebensjahr bei der altersabhängigen Staffelung der Höchstbegrenzungen für den Zusatzurlaub abzustellen ist, war daher eine Korrektur notwendig.

VI. Streichung der Ziffer 19a zur VG 3 der Anlage 2 AVR („Psychagogen“)

Es handelt sich um einen Beschluss im Rahmen der Tarifpflege. Da für die Regelung kein Bedarf mehr besteht, wurde die Ziffer 19a zur Vergütungsgruppe 3 der Anlage 2 AVR wurde gestrichen. Sie betraf die Eingruppierung der Psychagogen sowie der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Die Eingruppierung der Psychagogen sowie der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten jeweils ohne abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung erfolgt in der Praxis inzwischen nach Anhang B der Anlage 33 AVR in der Entgeltgruppe S 17 Ziffer 6. Die Eingruppierung der Psychagogen sowie der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten jeweils mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung erfolgt nach derzeitigem Stand nach Vergütungsgruppe 2 Ziffer 12 Anlage 2 AVR.

VII. Regelung einer Werkstattzulage für Betriebspraktika nach Abschnitt H des Teils II der Anlage 7 AVR

Nach dem bisherigen § 2 Abs. 3 des Abschnitts H des Teil II. der Anlage 7 AVR erhielten Auszubildende im Erziehungsdienst eine Wohnzulage nach Abschnitt VIIa der Anlage 1 AVR bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen. Die Bundeskommission hat diesen Anspruch auf die in Abschnitt VIIa der Anlage 1 AVR ebenfalls geregelte Werkstattzulage ausgedehnt.

Die Regelung betrifft solche Auszubildende im Erziehungsdienst, die im Rahmen einer konsekutiven Ausbildungsform das Betriebspraktikum nach abgeschlossener schulischer oder hochschulischer Ausbildung absolvieren (bekannt als „Anerkennungsjahr“). Mit der Ergänzung des § 2 Abs. 3 Abschnitt H Teil II der Anlage 7 AVR erhalten ab dem 1. Juli 2024 nun Auszubildende im Erziehungsdienst, die in Ausbildungs- oder Berufsbildungsstätten oder Berufsförderungswerkstätten oder in Werkstätten für Menschen mit Behinderung tätig sind, die Werkstattzulage (bei Vorliegen der Voraussetzungen).

Ziel ist insoweit eine Anpassung der Zulagengewährung für die sich im Betriebspraktikum an die Tätigkeiten der ausgebildeten Mitarbeitenden annähernden Tätigkeiten. Die Regelung gilt nur für die in Abschnitt H geregelten Betriebspraktika im Erziehungsdienst. Sie gilt insbesondere nicht für die Praxisintegrierten Ausbildungen im Erziehungsdienst (Abschnitte D und ggf. I des Teils 2 der Anlage 7 AVR) und ist auch nicht entsprechend auf andere Ausbildungsverhältnisse anwendbar.

VIII. (Weiter-)Geltung von Befristungsregelungen nach der Gesamtregelung zum Befristungsrecht durch die ZAK und deren Vermittlungsausschuss

Mit der ersetzenden Entscheidung vom 22. Januar 2024 hat der Vermittlungsausschuss der Zentralen Arbeitsrechtlichen Kommission (ZAK) eine „Gesamtregelung zur Befristung“ getroffen. Die Regelung gilt nach der novellierten ZAK-Ordnung unmittelbar. Für die Geltung im Geltungsbereich der AVR Caritas bedarf es keiner formalen Inkraftsetzung (§ 19 Abs. 2 i.V.m. § 13 Abs. 6 ZAK-Ordnung). Die „Gesamtregelung zur Befristung“ enthält mit Nummer 8 eine Öffnungsklausel, die es der Arbeitsrechtlichen Kommission ermöglicht, die bislang in eigener Zuständigkeit beschlossenen Regelungen unverändert wieder in Kraft zu setzten. Die bisherigen Regelungen galt es zu erhalten, um den bestehenden Spielraum zur Gestaltung von Dienstverhältnissen weiterhin zu gewähren.

Durch den Beschluss der Bundeskommission werden die Regelungen zu Führung auf Probe bzw. auf Zeit in den Anlagen 30 bis 33 AVR soweit erforderlich wieder in Kraft gesetzt.

Mit Blick auf die immer wichtiger werdenden Gestaltungen von Übergängen in den Altersrentenbezug wurden auch die für die AVR spezifischen Regelungen des § 19 Abs. 5 AT AVR wieder in Kraft gesetzt, soweit diese durch die ersetzende Entscheidung des Vermittlungsausschusses der ZAK außer Kraft gesetzt wurde. Die Regelung betrifft die Gestaltung des Dienstverhältnisses zum oder nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze nach §§ 35 und 235 SGB VI.

§ 19 Abs. 5 Satz 1 AT AVR ermöglicht entsprechend § 41 Satz 3 SGB VI die Möglichkeit des unveränderten Hinausschiebens des nach § 19 Abs. 3 AT AVR bestimmten Endes des Dienstverhältnisses mit Ablauf des Monats des Erreichens der Regelaltersgrenze.

§ 19 Abs. 5 Satz 2 AT AVR greift dagegen den Fall auf, dass eben genau dieses nicht zu diesem Zeitpunkt geschieht und eine Vereinbarung erst später getroffen wird bzw. eine Erst- oder Wiedereinstellung nach einem Zeitraum eines nicht bestehenden Dienstverhältnisses erfolgt. Eine Befristung eines solchen Dienstverhältnisses würde auch nach der „Gesamtregelung zur Befristung“ nur mit Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG erfolgen können. Mit der in Satz 2 enthaltenen Regelung, die von einem Mitarbeiterwunsch zur Befristung ausgeht, wird die Feststellung der Voraussetzung des in der Person des Mitarbeiters liegenden Grundes nach § 14 Abs. 1 Nr. 6 TzBfG unterstützt. Gleiches gilt für Satz 3 bei Befristung wegen der Personal- und Nachwuchsplanung des Dienstgebers in Bezug auf § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG. Durch die Voraussetzung eines Anspruchs auf Vollrente nach § 19 Abs. 5 Satz 4 AT AVR wird dabei das sozialversicherungsrechtliche Selbstbestimmungsrecht gewahrt.

Die Regelung stellt damit in Zeiten des Fachkräftemangels und der Individualisierung der Lebensgestaltung von Mitarbeitenden ein notwendiges und zu erhaltendes Flexibilisierungselement dar, das Mitarbeitenden auf Wunsch die Weiterarbeit über die Regelaltersgrenze hinaus ermöglicht. Sie wurde deshalb im rechtlichen Rahmen der „Gesamtregelung zur Befristung“ erhalten.

Kommentierter Beschluss

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