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Zahlen zur Pflege im Jahr 2021 – Rückblick mit Ausblick

Die Diskussion über die Pflege wurde im Jahr 2021 zwar intensiv, leider aber nicht immer auf Basis korrekter Zahlen geführt.

Mitte November war es wieder soweit: Auf tagesschau.de war zur Arbeit in der Pflege zu lesen „Bejubelt, beklatscht, schlecht bezahlt“. Vor dem Hintergrund der starken Belastung der Pflegekräfte aufgrund der Coronapandemie wird ausgeführt, dass die Löhne von Pflegkräften seit Beginn der Pandemie nur wenig gestiegen seien und deshalb tausende Pflegekräfte ihren Job aufgegeben hätten. Ein genauer Blick auf die Zahlen weist in eine andere Richtung.

Löhne von Pflegekräften entwickeln sich im Vergleich gut

Die Löhne von Pflegekräften in Krankenhäusern und Heimen sind während der Corona-Pandemie laut oben zitiertem Artikel nur leicht gestiegen. Dies wird mit folgenden Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegt:

Der durchschnittliche Monatsbruttoverdienst von Vollzeitbeschäftigten in Krankenhäusern in der mittleren Leistungsgruppe 3 ist zwischen dem zweiten Quartal 2019 und 2021 von 3.657 Euro auf 3.898 Euro gestiegen. Das sind zwar „nur“ 241 Euro, die aber immerhin eine Steigerung von 6,6 Prozent ausmachen.

In Pflegeheimen erhöhte sich die durchschnittliche Bezahlung von Fachkräften der Leistungsgruppe 3 im selben Zeitraum um 193 Euro auf 3.532 Euro, was auch eine satte Steigerung von 5,8 Prozent bedeutet.

Auch im Vergleich mit der Gesamtwirtschaft können sich solche Steigerungsraten sehen lassen. So sind die Tariflöhne – also die Löhne aller nach einem Tarifvertrag bezahlten Beschäftigten – im vergleichbaren Zeitraum (also in den Jahren 2020 und 2021) laut Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung lediglich um 3,7 Prozent gestiegen.

Die Steigerung der Verbraucherpreise lag 2020 bei 0,6 Prozent und wird 2021 voraussichtlich bei 3,1 Prozent liegen.

Die nominale Steigerung der Tariflöhne wird also durch die Preissteigerung aufgezehrt, so dass die Löhne im betrachteten Zeitraum real nicht gestiegen sind. Pflegekräfte hingegen können sich über ein deutliches, reales Plus von 2,7 bis 3,5 Prozent freuen. Zumindest der vom Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag Dietmar Bartsch geforderte „Ausgleich der Inflation“ ist also gegeben.

Dies gilt im Übrigen auch für die Beschäftigten im Pflegedienst bei der Caritas. Für sie wurden mit der letzten Tarifrunde weitere Steigerungen von insgesamt 5,7 bis 10,3 Prozent für die Jahre 2021 und 2022 beschlossen. Insbesondere aufgrund neu eingeführter oder erhöhter Zulagen im Pflegedienst sind die Entgelte für die entsprechenden Beschäftigten im Bereich der Caritas allein in diesem Jahr zwischen vier und deutlich über sechs Prozent gestiegen. Die Vergütung einer Pflegefachkraft in der Entgeltgruppe P7 bei der Caritas – gleich ob im Krankenhaus oder in der Altenhilfe – liegt daher seit 01.04.2021 bei fast 40.000 Euro pro Jahr (bzw. 3.300 Euro pro Monat) im Einstieg und steigt auf rund 50.000 Euro pro Jahr (bzw. 4.100 Euro pro Monat) in der letzten Erfahrungsstufe. Hinzu kommen (Zeit-)Zuschläge sowie die fast vollständig arbeitgeberfinanzierte Zusatzversorgung.

Hinzu kommen in den Jahren 2020 und 2021 steuer- und abgabenfreie Coronaprämien oder
-einmalzahlungen, die in vielen Branchen – insbesondere auch in der Pflegebranche – ausgezahlt wurden. Somit setzt sich die dynamische Lohnentwicklung im Bereich der Pflege weiter fort (vgl. Neue Caritas 19/2021 – Löhne in der Altenpflege steigen weiter).

„Pflexit“ bleibt aus

Die Behauptung, dass seit Beginn der Pandemie im März 2020 bis ins Frühjahr 2021 etwa 9.000 Pflegekräfte gekündigt hätten (Tendenz steigend), hält sich seit Anfang März dieses Jahres hartnäckig, obwohl die Aussage bereits kurz nach den ersten Meldungen dazu mit Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) eindeutig widerlegt wurde. Die Zahlen der BA zeigen sogar, dass das Gegenteil der Fall ist: Bei dem zitierten Rückgang handelt es sich laut BA um ein übliches Phänomen im Frühjahr, das auch unabhängig von der aktuellen Pandemie seit 2015 regelmäßig zu beobachten ist. Als Gründe benennt die BA, dass im Frühling Ausbildungsverhältnisse enden und vor den Sommerferien weniger Stellen besetzt werden.

Insgesamt ist die Beschäftigung im Gesundheitswesen – anders als in den meisten anderen Branchen – im Jahr 2020 nicht zurückgegangen: So waren in der Pflege im vierten Quartal 2020 rund 43.000 Personen mehr beschäftigt als ein Jahr zuvor. Damit setzte sich ein Trend fort, der schon seit mehreren Jahren zu beobachten ist: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Pflege ist seit 2015 nämlich um 14 Prozent auf 1,11 Millionen Krankenpfleger und 615.000 Altenpfleger im Jahresschnitt 2020 gestiegen. Das ist mehr als im Durchschnitt über alle Beschäftigten, deren Zahl nur um acht Prozent zugenommen hat. Der immer wieder beschworene „Pflexit“ ist also bisher ausgeblieben.

Mehr Auszubildende in der Pflege als 2019

Trotz der häufig negativ geprägten Berichterstattung und der ohne Zweifel enormen Belastungen in der Coronapandemie ist die Zahl der Auszubildenen in der Pflege im letzten Jahr erneut gestiegen. Laut einem Bericht des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, das am Bundesfamilienministerium angesiedelt ist, haben 2020 rund 57.200 Auszubildende mit der neuen, generalistischen Pflegeausbildung begonnen. Diese vereint die bisher eigenständigen Ausbildungsgänge in Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege. Das sind gut 1.000 Auszubildende mehr als 2019 in den drei Ausbildungsberufen zusammen.

Damit setzt sich die positive Entwicklung fort, die schon seit einigen Jahren zu beobachten ist. Die Pflege entwickelt sich entgegen dem allgemeinen Trend. Insgesamt ist die Zahl der im Pandemiejahr 2020 geschlossenen Ausbildungsverträge nämlich um mehr als neun Prozent auf 465.000 zurückgegangen. Aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes von 2020 ergibt sich zudem, dass der Anteil der Männer unter den Auszubildenden in der Pflege auf zuletzt 25 Prozent im Jahr 2019 gestiegen ist. Außerdem zeigen die Daten, dass ein nennenswerter Anteil von 17 Prozent der neuen Auszubildenden 30 Jahre oder älter war.

Steigende Beschäftigtenzahlen trotz hoher Arbeitsbelastung

Aus den Zahlen des Statistischen Bundesamtes geht auch hervor, dass die Pflegeberufe besonders von unüblichen Arbeitszeiten betroffen sind. So arbeiteten rund 60 Prozent der Krankenpfleger und mehr als die Hälfte (57 Prozent) der Altenpfleger im Jahr 2019 im Schichtdienst. Noch mehr waren von Wochenendarbeit betroffen: 74 Prozent der Kranken- und 79 Prozent der Altenpfleger arbeiteten 2019 regelmäßig samstags und sonntags.

Vielleicht sind es auch diese Rahmenbedingungen, die dazu führen, dass Pflegekräfte häufig in Teilzeit arbeiten. So geht aus einer aktuellen Mitteilung des Statistischen Bundesamtes hervor, dass im Jahr 2019 rund 65 Prozent der Beschäftigten in der Altenhilfe in Teilzeit gearbeitet haben. Über alle Wirtschaftsbereiche hinweg liegt die Teilzeitquote mit knapp 30 Prozent weniger als halb so hoch. Trotz der hohen Arbeitsbelastung und häufig schwierigen Arbeitszeiten haben sich sowohl die Zahl der Beschäftigten als auch die Zahl der Auszubildenden in der Pflege in den letzten Jahren positiv entwickelt. Vielleicht ist das Gesamtpaket aus Arbeitsbedingungen, Arbeitsplatzsicherheit und der Entlohnung also doch attraktiver als häufig dargestellt.

Ökonomische Analyse

Autor/-in: Dr. Pascal Krimmer

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