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Entgegen dem Trend – Tarifbindung und betriebliche Interessenvertretung sind im Bereich der Caritas weiter sehr hoch

Aktualisiert: Der Artikel untersucht Zahlen zur Tarifbindung und betrieblichen Interessenvertretung aus dem Caritaspanel 2024 und dem IAB-Betriebspanel 2024.

Aus den Zahlen des IAB-Betriebspanels 2024 geht hervor, dass inzwischen mehr als die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland (51 Prozent) in Betrieben ohne direkte Tarifbindung arbeiten. Dies liegt auch daran, dass nur noch jeder vierte Betrieb an einen Branchen- oder Haustarifvertrag gebunden ist. Dies geht aus den Ergebnissen des IAB Betriebspanels 2024 zur Tarifbindung und betrieblichen Interessenvertretung hervor. Eindeutig ist auch der Zusammenhang zwischen Größe und Tarifbindung: Je größer der Betrieb oder das Unternehmen, desto höher die Tarifbindung. Vergleichbare Zahlen liefert auch das IW-Köln in einer Veröffentlichung der Ergebnisse der IW-Beschäftigtenbefragung 2024.

Die Ergebnisse aus dem Caritaspanel 2024, das durch die insgesamt 277 teilnehmenden Rechtsträger mit rund 135.000 Beschäftigten die Hilfebereiche und Regionen der Caritas gut repräsentiert, zeichnen für den Bereich der Caritas hingegen ein völlig anderes Bild. Hier geben über 99 Prozent der teilnehmenden Rechtsträger an, dass sie ihre Beschäftigten nach tariflichen Regelungen vergüten. Aufgegliedert nach Regelwerk, vergüten fast 97 Prozent der Rechtsträger nach AVR-Caritas. Knapp zwei Prozent der teilnehmenden Rechtsträger geben an, dass sie nach TVöD vergüten. Die Arbeitsvertragsrichtlinien eines Bistums oder ein Haustarifvertrag kommen bei weniger als einem Prozent der Rechtsträger zur Anwendung (Tabelle 1). Bei den Bistumsregelungen handelt es sich um arbeitsvertragliche Regelungen, die von einer paritätisch besetzten Kommission zur Ordnung der Diözesanen Arbeitsvertragsrecht (KODA) festgelegt wurden (Hinweis: Im Bistum Limburg wird z.B. über die Bistums-KODA der TVöD in Bezug genommen, so dass die Angabe „Regelwerk-TVöD“ für den Bereich der Caritas erklärbar ist). Bei den Rechtsträgern, die angeben, trotz der Zugehörigkeit zum Bereich der Caritas und der damit verbundenen Verpflichtung zur Anwendung der AVR oder einer anderen KODA-Regelung keine tarifliche Regelung anzuwenden, handelt es sich um sehr kleine Einheiten mit nur wenigen Beschäftigten. Deshalb liegt die im Caritaspanel 2024 erfasste Tarifbindung im Bereich der Caritas bei über 99 Prozent.

Tabelle 1: Tarifbindung im Bereich der Caritas

 

Auch in puncto Interessenvertretung stehen die Rechtsträger der Caritas sehr gut da. So gibt es laut Caritaspanel 2024 in mehr als 80 Prozent der teilnehmenden Rechtsträger eine Mitarbeitervertretung (MAV), die die Interessen der Beschäftigten vertritt. Abbildung 1 zeigt, dass der Anteil in den fünf bisherigen Befragungsrunden seit 2016 konstant auf einem hohen Niveau war.

Abbildung 1: Mitarbeitervertretung im Bereich der Caritas

 

Betrachtet man nur Rechtsträger mit mehr als 15 Beschäftigten, so liegt der Anteil der Betriebe mit MAV bei fast 90 Prozent. Das heißt, dass nur wenige Beschäftigte in einem (kleinen) Betrieb ohne MAV arbeiten. Konkret profitieren daher tatsächlich rund 99 Prozent der im Caritaspanel erfassten Beschäftigten von einer betrieblichen Interessensvertretung.

Laut IAB-Betriebspanel 2024 liegt der Anteil der Betriebe mit betrieblicher Interessenvertretung in der Gesamtwirtschaft inzwischen bei weniger als 10 Prozent und damit ganz deutlich unter den rund 80 Prozent im Bereich der Caritas. Erfasst sind hiervon insgesamt 37 Prozent der Beschäftigten. Das heißt, dass weniger als die Hälfte der durch das IAB-Betriebspanel repräsentierten Beschäftigten durch einen Betriebs- oder Personalrat vertreten wird.

Fazit und Ausblick

In der Gesamtwirtschaft gehen Tarifbindung und betriebliche Interessenvertretung weiter zurück, wie die im Artikel aktualisierten Zahlen aus dem IAB-Betriebspanel 2024 zeigen. Im Bereich der Caritas sorgt hingegen die Bindung der Rechtsträger an die Grundordnung dafür, dass die im Dritten Weg durch paritätisch besetzte Kommissionen beschlossenen Arbeitsvertragsrichtlinien – wie die AVR-Caritas – verbindlich zur Anwendung kommen. Die ebenfalls für alle gültige Mitarbeitervertretungsordnung regelt die Bildung von MAVen. Es kann daher festgehalten werden, dass der vor allem von Gewerkschaften immer wieder kritisierte Dritte Weg der Kirchen – entgegen dem gesamtwirtschaftlichen Trend – zu einer extrem hohen Tarifbindung und einer starken betrieblichen Interessenvertretung führt. Da es sich bei den im Dritten Weg organisierten Rechtsträgern nicht um einen Konzern, sondern um viele rechtlich selbständige Unternehmen handelt, würde eine Abschaffung des Kirchlichen Arbeitsrechts einen Wegfall der hohen Tarifbindung und der starken betrieblichen Mitbestimmung im Bereich der Caritas zur Folge haben.

Ökonomische Analyse

Autor/-in: Dr. Pascal Krimmer

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