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Personalpolitische Herausforderungen und Bewältigungsansätze bei der Caritas

Aktuelle Ergebnisse aus dem Caritaspanel 2024

Das Caritaspanel dient seit 2015 als zentrales Instrument zur Untersuchung personalpolitischer Herausforderungen und Entwicklungen in der Praxislandschaft der Caritas. In Kooperation mit dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) werden relevante Daten zur Situation der Dienste und Einrichtungen der Caritas erhoben. Im Folgenden werden erste Ergebnisse der sechsten Befragungsrunde aus dem Jahr 2024 vorgestellt, an der 277 Rechtsträger teilgenommen haben. Der Beitrag beleuchtet zentrale personalpolitische Herausforderungen und Bewältigungsansätze. Dabei werden datenbasierte Einblicke zur Personalstruktur, Fachkräftegewinnung, Personalbindung, Ausbildungsaktivitäten sowie zu atypischen Beschäftigungsmerkmalen mit dem Schwerpunkt auf Beschäftigungsumfängen und befristeter Beschäftigung angeboten.

Thematischer Ausgangspunkt und Datengrundlage

Das Caritaspanel 2024 bildet die Situation von etwa 3.500 Betrieben mit 135.000 Beschäftigten ab, wobei ein Schwerpunkt auf Altenhilfe, Kinder- und Jugendhilfe sowie weiteren sozialen Hilfen liegt. Die Daten bieten eine solide Grundlage, um personalpolitische Entwicklungen zu analysieren und Maßnahmen zu entwickeln, die den steigenden Anforderungen der sozialen Arbeitswelt gerecht werden.

Personalstruktur – Alternde Belegschaft und demografische Herausforderungen

Die Ergebnisse zeigen eine zunehmende Alterung der Belegschaft: 31 Prozent der Mitarbeitenden sind 55 Jahre oder älter, während nur 7 Prozent jünger als 25 Jahre sind. Seit 2016 ist der Anteil der Beschäftigten ab 55 Jahren um 9 Prozentpunkte gestiegen. Prognosen deuten darauf hin, dass über 200.000 Beschäftigte der Caritas in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen könnten. Diese Entwicklung steht im Kontext der „doppelten demografischen Herausforderung“, bei der nicht nur der Bedarf an neuen Fachkräften wächst, sondern auch die Nachfrage nach Pflege- und Unterstützungsleistungen in einer alternden Gesellschaft. Gleichzeitig zeigt sich ein Trend zur Beschäftigung über die Regelaltersgrenze hinaus: 84 Prozent der Rechtsträger berichten von solchen Arbeitsverhältnissen, wobei die Anzahl dieser Mitarbeitenden bei der Hälfte jener Rechtsträger zugenommen hat.

Die Qualifikation der Mitarbeitenden variiert stark: 58 Prozent arbeiten in Tätigkeiten, die eine Berufsausbildung erfordern und 15 Prozent in Positionen, die einen Hochschulabschluss voraussetzen. 20 Prozent sind in einfachen Tätigkeiten ohne Ausbildungsanforderungen aktiv. Auffällig ist die ungleiche Geschlechterverteilung: Frauen machen 79 Prozent der Belegschaft aus, sind jedoch auf Leitungs- und Führungsebenen unterrepräsentiert. Während auf der zweiten und dritten Führungsebene 65 Prozent der Positionen von Frauen besetzt sind, liegt der Anteil auf der ersten Führungsebene (z. B. Geschäftsführung) lediglich bei 39 Prozent. Dieses Ungleichgewicht deutet auf Verbesserungspotenziale hin, die näher untersucht werden sollten.

Arbeitskräftebedarf – Personal- und geschäftspolitische Herausforderungen

Die Deckung des Fachkräftebedarfs bleibt aus Sicht der Rechtsträger die größte personalpolitische Herausforderung. Trotz eines Rückgangs um 5 Prozentpunkte seit 2022 bewerten 86 Prozent diesen Aspekt als relevantes Personalproblem. Zunehmend problematisch sind die Belastung durch Lohnkosten (75 Prozent, +16 Prozentpunkte) sowie hohe Fehlzeiten und Krankenstände (67 Prozent, +7 Prozentpunkte). Die aufgezeigte Überalterung des Personals und hohe Kosten für die Personalgewinnung stellen ebenfalls bedeutende Probleme dar. Obwohl sich die Nichtbesetzungsquote offener Stellen auf 16 Prozent verringert hat, bleibt die Gewinnung geeigneter Bewerber/innen ein zentrales Hindernis.

88 Prozent der Rechtsträger haben 2024 neues Personal gewonnen. Die Personalsuche im Ausland gewinnt an Bedeutung (22 Prozent, +5 Prozentpunkte seit 2022), wobei die Erfahrungen überwiegend positiv bewertet werden. Bei der Attraktivitätsbewertung von Arbeitsplatzbedingungen schneiden Arbeitsplatzsicherheit (95 Prozent) und Betriebsklima (86 Prozent) besonders gut ab. Auch die Attraktivität der Vergütung nimmt zu (80 Prozent, +14 Prozentpunkte). Verbesserungsbedarf besteht bei Karriereperspektiven, Nachhaltigkeit und Arbeitsbelastung, die von weniger als der Hälfte als attraktiv wahrgenommen werden.

Die Ausbildung bleibt ein zentrales Instrument der Fachkräftesicherung. 86 Prozent der Rechtsträger verfügen über eine Ausbildungsberechtigung, von diesen bilden 73 Prozent derzeit aktiv aus. Allerdings ist die Besetzungsquote von Ausbildungsplätzen auf 84 Prozent gesunken. Der Anteil übernommener Auszubildender ist rückläufig (63 Prozent, -10 Prozentpunkte), was auf Herausforderungen bei der langfristigen Personalbindung hinweist. Anreize wie Mobilitätszuschüsse oder Prämien werden zunehmend eingesetzt, um die Attraktivität der Ausbildung zu steigern.

Beschäftigungsformen – Teilzeit und Befristung

Teilzeitbeschäftigung ist ein relevantes Merkmal bei der Caritas: 63 Prozent der Mitarbeitenden arbeiten in Teilzeit, wobei vollzeitnahe Modelle (50-99 Prozent Beschäftigungsumfang) den größten Anteil ausmachen. Nur 7 Prozent der Mitarbeitenden sind geringfügig beschäftigt. Die Mehrheit der Rechtsträger gibt an, dass Teilzeitbeschäftigungen überwiegend auf Wunsch der Mitarbeitenden entstehen. Lediglich 7 Prozent berichten, dass vorhandene Teilzeitbeschäftigungen eher oder hauptsächlich den Präferenzen der Dienstgeber entsprechen.

Der Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse ist hingegen weiter rückläufig und liegt bei 10 Prozent (2022: 14 Prozent). Besonders bei Neueinstellungen ist der Rückgang deutlich: Der Befristungsanteil ist von 50 Prozent im Jahr 2022 auf 40 Prozent im Jahr 2024 gesunken. Befristungen erfolgen vorwiegend mit Sachgrund (44 Prozent), während der Anteil ohne Sachgrund 36 Prozent beträgt. Nach Ablauf eines befristeten Vertrags kommt es in 38 Prozent der Fälle zu einer Entfristung, während 43 Prozent der Beschäftigten das Unternehmen verlassen – ein deutlicher Anstieg gegenüber 2022. Atypische Beschäftigungsformen wie Leiharbeit (0,5 Prozent) oder freie Mitarbeit (0,8 Prozent) sind bei der Caritas weiterhin sehr selten. Gründe für den Verzicht auf Leiharbeit sind vor allem finanzielle Aspekte und mögliche negative Auswirkungen auf die Personalfluktuation.

Fazit und Herausforderungen

Das Caritaspanel 2024 zeigt die weiterhin bestehenden Herausforderungen in der Praxislandschaft der Caritas. Vor dem Hintergrund einer alternden Belegschaft und der bevorstehenden Ruhestandswelle sind gezielte Maßnahmen zur Gewinnung von Arbeitskräften nötig. Fachkräftesicherung und Personalbindung bleiben daher wichtige Themen. Während Fortschritte bei der Arbeitsplatzattraktivität und Personalsuche sichtbar sind, wird die Besetzung von Ausbildungsplätzen schwieriger. Ausbildung ist aber weiterhin ein Bereich, in dem die Rechtsträger der Caritas stark engagiert sind. Bei den Beschäftigungsumfängen dominieren höher ausgeprägte Teilzeitmuster sowie Vollzeitumfänge. Präferenzen für den Abschluss von Teilzeitbeschäftigung sehen die Rechtsträger v.a. auf Seiten der Mitarbeitenden. Die zentralen Befristungsquoten am Personal zeigen sich rückläufig, während der Anteil von Personalabgängen bei Befristungsablauf deutlich steigt. Andere atypische Beschäftigungsformen wie Leiharbeit spielen nur eine geringe Rolle. Die Sicherung stabiler und attraktiver Arbeitsverhältnisse bleibt aber ein zentrales Ziel. Insgesamt liefern die Ergebnisse des Caritaspanels wertvolle Einblicke in die Personalstruktur der Caritas. Sie unterstreichen die Bedeutung einer strategischen Verbindung von Praxis und Wissenschaft, um langfristige Lösungen für die sozialprofessionellen Herausforderungen zu entwickeln. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der personalpolitischen Gestaltungsinstrumente ist essenziell, um den wachsenden Anforderungen der Caritas-Betriebe gerecht zu werden.

Dieser Artikel ist auch im KETTLER-Verlag in der Reihe "AVR aktuell" 1/2025 erschienen.

Ökonomische Analyse

Aktuelles

Autor/-in: Prof. Dr. Marcel Pietsch, Dr. Pascal Krimmer

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