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Entgegen dem Trend – Tarifbindung und betriebliche Interessen­vertretung sind im Bereich der Caritas sehr hoch

Aktualisiert: Der Artikel untersucht Zahlen zur Tarifbindung und betrieblichen Interessenvertretung aus dem Caritaspanel 2022, dem IAB-Betriebspanel 2023 sowie dem IW-Personalpanel 2022.

Aus den Zahlen des IAB-Betriebspanels 2023 geht hervor, dass inzwischen die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland (50 Prozent) in Betrieben ohne direkte Tarifbindung arbeiten. Dies liegt auch daran, dass nur noch jeder vierte Betrieb an einen Branchen- oder Haustarifvertrag gebunden ist. Dies geht aus den Ergebnissen des IAB Betriebspanels 2023 zur Tarifbindung und betrieblichen Interessenvertretung hervor. Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommt das IW-Köln bei der Auswertung der Ergebnisse der 29. Welle des IW-Personalpanels aus dem Frühjahr 2022, die im IW-Report 29/2023 vom 19.05.2023 veröffentlich wurden. In beiden Erhebungen ist auch der Zusammenhang zwischen Größe und Tarifbindung eindeutig: Je größer der Betrieb oder das Unternehmen, desto höher die Tarifbindung. Insbesondere Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten sind deutlich seltener direkt an einen Tarifvertrag gebunden als größere Unternehmen.

Die Ergebnisse aus dem Caritaspanel 2022, das durch die insgesamt 262 teilnehmenden Rechtsträger mit rund 90.000 Beschäftigten die Hilfebereiche und Regionen der Caritas gut repräsentiert, liefern hingegen ein völlig anderes Bild. Hier geben 99 Prozent der teilnehmenden Rechtsträger an, dass die sie ihre Beschäftigten nach tariflichen Regelungen vergüten. Aufgegliedert nach Regelwerk, vergüten 95 Prozent der Rechtsträger nach AVR-Caritas. Jeweils zwei Prozent der teilnehmenden Rechtsträger geben an, dass sie nach Arbeitsvertragsrichtlinien eines Bistums oder TVöD vergüten (Tabelle 1). Bei den Bistumsregelungen handelt es sich um arbeitsvertragliche Regelungen, die von einer paritätisch besetzten Kommission zur Ordnung der Diözesanen Arbeitsvertragsrecht (KODA) festgelegt wurden (Hinweis: Im Bistum Limburg wird z.B. über die Bistums-KODA der TVöD in Bezug genommen, so dass die Angabe „Regelwerk-TVöD“ für den Bereich der Caritas erklärbar ist). Bei den Rechtsträgern, die angeben, trotz der Zugehörigkeit zum Bereich der Caritas und der damit verbundenen Verpflichtung zur Anwendung der AVR oder einer anderen KODA-Regelung keine tarifliche Regelung anzuwenden, handelt es sich um sehr kleine Einheiten mit nur wenigen Beschäftigten. Deshalb liegt die im Caritaspanel 2022 erfasste Tarifbindung im Bereich der Caritas bei über 99 Prozent.

Tabelle 1: Angewendetes Regelwerk bei den Rechtsträgern

Auch in puncto Interessenvertretung stehen die Rechtsträger der Caritas sehr gut da. So gibt es laut Caritaspanel 2022 in rund 80 Prozent der teilnehmenden Rechtsträger eine Mitarbeitervertretung (MAV), die die Interessen der Beschäftigten vertritt. Dieser Wert war, wie die Abbildung 1 zeigt, in den vier bisherigen Befragungsrunden seit 2016 relativ konstant.

Abbildung 1: Anteil der Rechtsträger mit Mitarbeitervertretung

Betrachtet man nur Rechtsträger mit mehr als 15 Beschäftigten, so liegt der Anteil der Betriebe mit MAV bei fast 90 Prozent. Das heißt, dass nur wenige Beschäftigte in einem (kleinen) Betrieb ohne MAV arbeiten. Konkret profitieren daher tatsächlich rund 98 Prozent der im Caritaspanel erfassten Beschäftigten von einer betrieblichen Interessensvertretung.

Laut IAB-Betriebspanel 2023 liegt der Anteil der Betriebe mit betrieblicher Interessenvertretung in der Gesamtwirtschaft lediglich noch bei 10 Prozent und damit ganz deutlich unter den rund 80 Prozent im Bereich der Caritas. Erfasst sind hiervon insgesamt 43 Prozent der Beschäftigten. Das heißt, dass weniger als die Hälfte der durch das IAB-Betriebspanel repräsentierten Beschäftigten durch einen Betriebs- oder Personalrat vertreten wird.

Fazit und Ausblick

In der Gesamtwirtschaft gehen Tarifbindung und betriebliche Interessenvertretung weiter zurück, wie die im Artikel aktualisierten Zahlen aus dem IAB-Betriebspanel 2023 zeigen. Im Bereich der Caritas sorgt hingegen  die Bindung der Rechtsträger an die Grundordnung dafür, dass die im Dritten Weg durch paritätisch besetzte Kommissionen beschlossenen Arbeitsvertragsrichtlinien – wie die AVR-Caritas – verbindlich zur Anwendung kommen. Die ebenfalls für alle gültige Mitarbeitervertretungsordnung regelt die Bildung von MAVen. Es kann daher festgehalten werden, dass der vor allem von Gewerkschaften immer wieder kritisierte Dritte Weg der Kirchen -entgegen dem gesamtwirtschaftlichen Trend - zu einer extrem hohen Tarifbindung und einer starken betrieblichen Interessenvertretung führt. Da es sich bei den im Dritten Weg organisierten Rechtsträgern nicht um einen Konzern, sondern um viele rechtlich selbständige Unternehmen handelt, würde eine Abschaffung des Kirchlichen Arbeitsrechtseinen Wegfall der hohen Tarifbindung und der starken betrieblichen Mitbestimmung im Bereich der Caritas zur Folge haben.

Ökonomische Analyse

Autor/-in: Marcel Bieniek, Dr. Pascal Krimmer

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