Anlage 22: Zusatzkräfte im häuslichen Umfeld und der Pflegemindestlohn
Einführung
Im Zusammenhang mit der Anlage 22 AVR „Zusatzkräfte im häuslichen Umfeld in der ambulanten Pflege“ taucht immer wieder die Frage auf, ob Beschäftigte gemäß Anlage 22 AVR Anspruch auf den Pflegemindestlohn haben.
Geltungsbereich der Anlage 22 AVR
Die Anlage 22 AVR gilt für Zusatzkräfte im häuslichen Umfeld in der ambulanten Pflege. Der Anwendungsbereich ist begrenzt auf die ambulante Pflege.
Pflegefachliche Tätigkeiten und Pflegehilfstätigkeiten werden nach § 1 Satz 2 Anlage 22 AVR ausdrücklich nicht erfasst. Nicht erfasst sind ebenfalls Betreuungskräfte in der ambulanten Pflege mit Tätigkeiten zur Unterstützung im Alltag in Angeboten nach § 45a SGB XI. Angebote nach § 45a SGB XI sind Dienstleistungen, die durch Anleitung dazu beitragen, Pflegepersonen zu entlasten und Pflegebedürftigen zu helfen, möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung zu bleiben. Die Mitarbeitenden befähigen Angehörige oder Ehrenamtliche als Pflegepersonen, sowie Pflegebedürftige selbst Aufgaben im Haushalt und im Alltag zu übernehmen. Es können auch pflegerische Aufgaben anfallen oder Aufgaben der unmittelbaren Betreuung sein. Hierfür ist eine Qualifizierung erforderlich.
Ziel ist also die Anleitung zur Bewältigung des Alltags und nicht die Übernahme von Aufgaben im Alltag. Hier liegt der Unterschied zur Zusatzkraft im häuslichen Umfeld. Diese verrichtet die Arbeiten im häuslichen Umfeld selbst bzw. übernimmt die Aufgaben selbst – also ohne Beteiligung des Pflegebedürftigen.
Der Pflegemindestlohn
Am 05.02.2022 hat sich die Pflegekommission einstimmig auf eine Empfehlung für höhere Mindestlöhne für Beschäftigte in der Pflegebranche geeinigt. Auf Grundlage der Empfehlung der letzten Pflegekommission wurde eine Staffelung der Mindestlöhne nach Qualifikationsstufen vorgenommen. Die aktuelle Fünfte Pflegekommission hat sich dafür ausgesprochen, diese Struktur beizubehalten. Für Beschäftigte in der Altenpflege empfahl die Pflegekommission außerdem einen Anspruch auf zusätzlichen bezahlten Urlaub über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinaus. Die Fünfte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche soll am 01.05.2022 in Kraft treten und mit Ablauf des 31.01.2024 außer Kraft treten.
Für welche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt der Pflegemindestlohn?
Die Mindestarbeitsbedingungen in der Pflegebranche gelten für Betriebe und selbstständige Betriebsabteilungen, die überwiegend ambulante, teilstationäre oder stationäre Pflegeleistungen oder ambulante Krankenpflegeleistungen für Pflegebedürftige erbringen.
Der Pflegemindestlohn gilt für Pflegekräfte. Dazu zählen Pflegehilfskräfte, Pflegehilfskräfte mit einjähriger Ausbildung, Pflegefachkräfte, aber auch Alltagsbegleiterinnen und Alltagsbegleiter, Betreuungskräfte und Assistenzkräfte, wenn sie mindestens in 25 Prozent gemeinsam mit den zu Pflegenden tagesstrukturierend, aktivierend, betreuend oder pflegend tätig sind. Der Pflegemindestlohn gilt auch für Mitarbeitende von Leiharbeitsfirmen sowie ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Ergebnis
Bei korrekter Anwendung der Anlage 22 AVR ist Mitarbeitenden, die im Rahmen der Anlage 22 AVR beschäftigt werden, der Pflegemindestlohn nicht zu zahlen, da sie nicht unter den persönlichen Geltungsbereich der Pflegemindestlohnverordnung fallen. Die Zusatzkräfte nach Anlage 22 AVR sind ausschließlich in Ergänzung zu Pflegefach- und Hilfskräften in der ambulanten Pflege tätig. Sie treten mit ihren Arbeitsleistungen zu den bestehenden Pflegeleistungen hinzu, erbringen aber keine solchen. Die Mitarbeitenden haben keine pflegerische Qualifikation oder Vorkenntnisse. Im Gegensatz zu den Dienstleistungen nach § 45a SGB XI erbringen die Zusatzkräfte die haushaltsnahen Dienstleistungen selbst und führen diese ersetzend für die Pflegebedürftigen aus.
Unter den persönlichen Geltungsbereich der Pflegemindestlohnverordnung können im Bereich der AVR daher nur solche Betreuungskräfte fallen, deren Tätigkeit in den Ziffern 18 (ambulant) und 19 (stationär) der Vergütungsgruppe 10 AVR geregelt ist. Erfasst werden diese Beschäftigten, wenn sie zu mindestens 25 Prozent gemeinsam mit den zu Pflegenden tagesstrukturierend, aktivierend, betreuend oder pflegend tätig sind.
Arbeitsrechtliche Analyse