Bürokratieentlastungsgesetz IV: Erleichterungen für Personalabteilungen gelten im Bereich der AVR Caritas nur eingeschränkt
Der Bundesrat hat am 18. Oktober 2024 dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz („BEG IV“) zugestimmt, nachdem der Bundestag den Regierungsentwurf für ein „Bürokratieentlastungsgesetz IV“ am 26. September 2024 angenommen hatte. Die Neuregelung lockert die gesetzlichen Formvorgaben in einigen Bereichen des Arbeitsvertragsrechtes. Das Gesetz wurde am 29. Oktober 2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt in weiten Teilen am 1. Januar 2025 in Kraft.
Das Schriftformerfordernis wird künftig in wichtigen Bereichen des Arbeitsrechts durch die Textform ersetzt.
Wesentliche Vertragsbedingungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG
Konkret ist hinsichtlich der Schriftform vorgesehen, dass die Niederschrift der wesentlichen Vertragsbedingungen eines Arbeitsvertrags nach § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG n.F. in Textform (§ 126b BGB) abgefasst und elektronisch übermittelt werden kann, sofern das Dokument für den Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit der Übermittlung auffordert, einen Empfangsnachweis zu erteilen. Nach dem Wortlaut des künftigen § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer lediglich auffordern, einen Empfangsnachweis zu erteilen. Nicht zwingend erforderlich für die Erfüllung der Pflichten aus dem NachwG ist demgegenüber, dass der Arbeitnehmer auch tatsächlich einen Empfangsnachweis abgibt (auch wenn dies zu Beweiszwecken von Vorteil ist). Wurde ein Arbeitsvertrag nach dieser Maßgabe in Textform abgefasst und übermittelt, entfällt – wie bisher bei schriftlichen Arbeitsverträgen – die Verpflichtung zur Erteilung einer Niederschrift über die wesentlichen Vertragsbedingungen, soweit der Arbeitsvertrag die erforderlichen Angaben enthält. Arbeitnehmern bleibt es unbenommen, einen Nachweis vom Arbeitgeber in Schriftform zu verlangen. Dafür muss nun aber der Arbeitnehmer aktiv werden. Nur für die Wirtschaftsbereiche oder Wirtschaftszweige nach § 2a Abs. 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes bleibt das Schriftformerfordernis bestehen.
Im Bereich der AVR Caritas kommt diese Erleichterung leider nur eingeschränkt zum Tragen: In § 7 Abs. 1 und 2 AT AVR ist das Schriftformerfordernis explizit für Dienstverträge und zusätzliche Vereinbarungen geregelt. Diese tarifliche Regelung bleibt auch nach der gesetzlichen Neuregelung bestehen, so dass die Erleichterung im Bereich der AVR Caritas aktuell nicht greift.
Befristung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze
Mit dem Inkrafttreten des BEG IV wird zudem § 41 SGB VI dahingehend geändert, dass auch für die typische Befristung eines Arbeits- oder Dienstvertrags bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze die Textform ausreicht: Erreicht ein Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze, endet das Arbeitsverhältnis nicht automatisch. In Arbeitsverträgen kann aber die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu diesem Zeitpunkt vereinbart werden. Dafür war bisher nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Schriftform einzuhalten.
Hinsichtlich der Neuregelung im SGB VI ist auf § 19 Abs. 3 AT AVR zu verweisen, wo die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Eintritt der Regelaltersgrenze geregelt ist. Die Regelung wird, durch die Inbezugnahme der AVR im Dienstvertrag erfasst. Dieser muss allerdings nach wie vor, wie oben bereits ausgeführt, in Schriftform abgefasst sein.
ACHTUNG: Die Befristung von Arbeitsverhältnissen gem. § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf weiterhin der Schriftform (§§ 126 und 126 a BGB) Diese Formvorschrift wurde nicht geändert. Im AVR-Bereich gilt ohnehin die Schriftform (siehe oben).
Erteilung von Arbeitszeugnissen in elektronischer Form
Künftig können Arbeitszeugnisse – mit Einwilligung des Arbeitnehmers – auch in elektronischer Form (§ 126a BGB qualifizierte elektronische Signatur) erteilt werden, § 109 Abs. 3 GewO n.F.. In der Praxis ist dabei zu berücksichtigten, dass weiterhin auf die Schriftform zurückgegriffen werden muss, wenn die für die elektronische Form erforderliche qualifizierte elektronische Signatur wegen der daraus ersichtlichen Zeitangabe unzulässige Rückschlüsse zulasten des Arbeitnehmers ermöglichen würde. Dies gilt insbesondere, wenn eine Rückdatierung aus rechtlichen Gründen erforderlich ist, beispielsweise bei der Berichtigung von Arbeitszeugnissen.
Diese gesetzliche Neuregelung greift auch im AVR-Bereich, da die Regelung zum Zeugnisanspruch in § 20 AT AVR dem nicht entgegensteht. Dort istkein gesondertes Schriftformerfordernis normiert.
Anpassung des BEEG
Arbeitnehmer können künftig sowohl den Anspruch auf Elternzeit (§ 16 Abs. 1 BEEG n.F.) als auch den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit (§ 15 Abs. 7 Nr. 5 BEEG n.F.) in Textform geltend machen. Wenn der Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung (§ 15 Absatz 5 BEEG n.F.) mit der Mitteilung nach § 15 Absatz 7 Nummer 5 BEEG n.F. verbunden wird, gilt künftig ebenfalls die Textform. Arbeitgeber können die Verringerung der Arbeitszeit oder deren Verteilung künftig auch mit Begründung in Textform ablehnen. Zudem können Arbeitgeber künftig Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber oder selbständige Tätigkeit während der Elternzeit aus dringenden betrieblichen Gründen in Textform ablehnen (§ 15 Absatz 4 BEEG n.F.).
Diese Regelungen greifen auch im AVR-Bereich. Die neben dem gesetzlichen Anspruch bestehenden Teilzeitansprüche stehen dem nicht entgegen und sehen ihrerseits auch keine Schriftform vor (§ 1a Anlage 5 AVR, § 9 Anlage 30 AVR und § 10 Anlagen 31,32 und 33 AVR).
Anpassung des ArbZG: Auslage auch digital
§ 16 Abs. 1 ArbZG wird dergestalt angepasst, dass Arbeitgeber künftig die Pflicht, eine Kopie des Arbeitszeitgesetzes sowie Kopien einschlägiger Verordnungen und Kollektivvereinbarungen auszulegen, auch digital erfüllen können, indem sie diese über die im Betrieb „übliche Informations- und Kommunikationstechnik“ (also z.B. im Intranet) zur Verfügung stellen. Bisher sind Arbeitgeber nach § 16 Abs. 1 ArbZG verpflichtet, die Dokumentation „an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsichtnahme auszulegen oder auszuhängen“ – also etwa am Schwarzen Brett oder im Aufenthaltsraum. Diese Änderung greift auch im Bereich der AVR Caritas.
Da schon für die bisherige Rechtslage vertreten wurde, dass ein Zurverfügungstellen auch im Intranet zulässig ist, ändert sich nicht viel. Die Neuregelung trägt jedoch zur Rechtsklarheit bei.
Kündigung
Die Kündigung von Arbeits- und Ausbildungsverhältnissen ist gem. § 623 bzw. § 22 Abs. 3 BGB auch weiterhin nur unter Wahrung der Schriftform möglich. Hier gab es keine Veränderung. Die elektronische Form ist nach wie vor explizit ausgeschlossen. Nach § 17 AT AVR ist ebenfalls die Schriftform für die Kündigung notwendig. Der explizite Ausschluss der elektronischen Form im Gesetz schlägt auch im AVR-Bereich durch, auch wenn sich dort der explizite Ausschluss nicht findet.
Fazit
Das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz sieht einige Erleichterungen für die Praxis vor. Im Bereich der AVR Caritas ist zu beachten, dass die Regelungen nur teilweise greifen, da die AVR eigene Regelungen dazu enthalten. Das gilt insbesondere für den nun im Gesetz vorgesehenen Nachweis der Arbeitsbedingungen in Textform. Die Dienstgeberseite tritt in der Arbeitsrechtlichen Kommission dafür ein, dass die Erleichterungen des BEG IV auch für den Bereich der AVR Caritas zeitnah vollumfänglich gelten.
Gesetzgebung