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Lohnverhandlungen in schwierigen Zeiten

Vor dem Hintergrund steigender Preise sind kräftige Lohnforderungen erwartbar; die unsichere Wirtschaftslage fordert jedoch zur Mäßigung auf.

Angesichts steigender Energie- und Lebenshaltungskosten sowie der unsicheren Versorgungslage gerade bei Erdgas gehen Gewerkschaften mit kräftigen Lohnforderungen in die Tarifverhandlungen. Die Gewerkschaft Verdi und der Beamtenbund dbb fordern für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen 10,5 Prozent mehr Einkommen für die Beschäftigten, mindestens sollen es 500 Euro monatlich sein. Es ist absehbar, dass die Caritas-Dienstgeber in der Arbeitsrechtlichen Kommission zeitnah mit entsprechenden Forderungen der Mitarbeiterseite konfrontiert werden. Im Folgenden sollen einzelne Aspekte der aktuellen Rahmenbedingen näher beleuchtet werden.

Inflationsraten auf hohem Niveau

Die Inflationsrate, gemessen als Veränderung des Verbraucherpreisindex (VPI) zum Vorjahresmonat, betrug für den Monat September 10,0 Prozent. Dies entspricht einer Steigerung gegenüber August 2022 von 2,1 Prozentpunkten. Das Auslaufen des Tankrabatts und des Neun-Euro-Tickets Ende August haben den Preisauftrieb im Folgemonat September beschleunigt. Hauptkomponenten der hohen Preissteigerungen sind weiterhin die hohen Energiepreise mit einem Plus von 43,9 Prozent höher als im Vorjahresmonat und die Preise für Nahrungsmittel im Vergleich zum Vorjahresmonat mit 18,7 Prozent. Vor dem Hintergrund der steigenden Belastungen für private Haushalte, aber auch für Unternehmen bemüht sich die Bundesregierung um geeignete Gegenmaßnahmen. Vor allem geht es darum, Wirtschaft und Gesellschaft gut durch die Energiekrise, durch den Winter zu führen.

Konzertierte Aktion – Handlungsfeld Sozialpartnerschaft

Im Rahmen der Konzertierten Aktion fand am 14.09.2022 das zweite Spitzentreffen statt. Die Sozialpartnerschaft soll vor allem in Zeiten der Krise hervorgehoben werden. Der Zusammenhalt von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften soll gerade jetzt ein Signal von Stabilität setzen. Um die Befürchtungen einer Lohn-Preis-Spirale zu dämpfen, könnten sich Gewerkschaften und Arbeitgeber eher auf Einmalzahlungen einigen statt auf dauerhafte Lohnerhöhungen, so der Vorschlag von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Dabei hat er den Tarifpartnern das Angebot unterbreitet, zusätzliche Zahlungen bis zu 3000 Euro von Steuern und Abgaben zu befreien. Die Inflationsausgleichsprämie, im „Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz“ verankert, kann bis Ende 2024 gewährt und in mehreren Teilbeträgen im Begünstigungszeitraum ausgezahlt werden.

Entlastungspaket, Abwehrschirm und Gaspreiskommission

Neben dem dritten Entlastungspaket hat die Bundesregierung einen Abwehrschirm mit einem Volumen von über 200 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Die ExpertInnen-Kommission „Gas und Wärme“, bestehend aus Vertretern von Verbänden, Gewerkschaften, Wissenschaft und Politik, hat am 10.10.2022 einen Zwischenbericht „Sicher durch den Winter“ vorgelegt. Demnach soll eine Gaspreisbremse in einem Zwei-Stufen-Modell umgesetzt werden. In der ersten Stufe soll für Privathaushalte und kleinere Unternehmen im Monat Dezember eine Abschlagszahlung, auf Grundlage des Jahresdurchschnittsverbrauchs, vom Staat übernommen werden. So soll ein Teil der Mehrkosten pauschal abgefedert werden. Im Rahmen der zweiten Stufe sollen ab Frühjahr 2023, voraussichtlich ab März, 80 Prozent des Verbrauchs subventioniert werden. Der Preis wird auf zwölf Cent pro Kilowattstunde als Obergrenze festgelegt. Für den Verbrauch oberhalb der 80 Prozent soll der Marktpreis für Gas geltend gemacht werden. Die Regelung ist zunächst für ein Jahr vorgesehen. Die Kommission sieht außerdem einen Hilfefonds für soziale Dienstleister, darunter Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Reha-Kliniken vor, der über die Kostenträger der Sozialversicherungen administriert werden soll. Die soziale Infrastruktur sei ein zentraler Bestandteil der Daseinsfürsorge und müsse in der Krise abgesichert werden, um die Versorgung von vulnerablen Personengruppen sicherzustellen. Es sei davon auszugehen, dass die Energiekosten weiter spürbar über den Werten liegen, die Vergütungs- und Kostenerstattungsregelungen der Refinanzierung zugrunde gelegt werden. Diese kostensenkenden Sparanreize könnten kurzfristig nur durch Angebotseinschränkungen erreicht werden, die gesellschaftlich als nicht vertretbar einzuschätzen sind. Der Endbericht mit zusätzlichen Empfehlungen zur Entlastung von privaten Haushalten und gewerblichen Verbrauchern soll bis Ende des Monats vorgelegt werden. Auf dieser Grundlage wird das Bundeskabinett zeitnah Maßnahmen im Rahmen des Abwehrschirmes ergreifen. Auch auf europäischer Ebene finden Beratungen statt, die Gaspreise in Europa zu begrenzen. Am Rande eines Treffens der EU-Energieminister in Prag kündigte die EU-Energiekommissarin Kadri Simson für den 18.10.2022 ein Maßnahmenpaket an.

Auf dem Weg in die Rezession

Trotz der Bemühungen von staatlicher Seite befindet sich Deutschland auf Rezessionskurs. Das Herbstgutachten, die Gemeinschaftsdiagnose der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, prognostiziert einen Wachstumsrückgang für die deutsche Wirtschaft. Für das dritte und vierte Quartal wird ein Rückgang von 0,2 Prozent und 0,6 Prozent prognostiziert. Auch die Prognosen für die Gesamtjahre wurden nach unten korrigiert: Für das Gesamtjahr 2022 erwarte man nur noch ein Wachstum von 1,4 Prozent (statt 2,7 Prozent); für das kommende Jahr rechnet man sogar mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent statt mit einem Plus von 3,1 Prozent. Die Inflation werde nach einem Jahresdurchschnitt von 8,4 Prozent im laufenden Jahr, im nächsten Jahr auf 8,8 Prozent ansteigen; erst im Jahr 2024 könne das Zwei-Prozent-Ziel wieder erreicht werden.

Ausblick

Vor dem Hintergrund steigender Preise sind kräftige Lohnforderungen erwartbar; die unsichere Wirtschaftslage fordert jedoch zur Mäßigung auf. Wichtige Aufgabe in den Tarifverhandlungen bei der Caritas und im öffentlichen Dienst wird es daher sein, im schwierigen Umfeld von hoher Inflation, zunehmend angespannter Finanzlage in den öffentlichen Kassen und gleichzeitigem Fachkräftemangel eine für alle tragfähige Lösung zu finden.

Ökonomische Analyse

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