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BAG: Eingruppierung einer Fachkraft für soziale Arbeit im sozialpsychiatrischen Dienst

Ob Mitarbeitende „sonstige Beschäftigte“ im Sinne des jeweiligen Tarifwerks sind, ist mittels einer umfassenden Beurteilung aller wesentlichen Umstände zu entscheiden.

Sachverhalt

Die Klägerin ist seit dem Jahr 2009 im Gesundheitsamt des Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TVöD-VKA Anwendung. Die Klägerin verfügt über Abschlüsse als staatlich anerkannte Kinderkrankenschwester und staatliche anerkannte Fachkraft für soziale Arbeit. Zudem absolvierte sie eine Weiterbildung zur Betriebskrankenschwester für den Erwachsenenbereich und wurde im Jahr 2010 auf Antrag als Fachkraft für den sozialpsychiatrischen Dienst anerkannt. Seit dem Jahr 2014 übt die Klägerin eine Tätigkeit im sozialpsychiatrischen Dienst aus, bei der sie unter anderem Entscheidungen über die zwangsweise Unterbringung psychisch kranker Menschen trifft. Diese – laut Stellenbeschreibung überwiegende – Tätigkeit entspricht unstreitig der EG S 14. Da die Klägerin allerdings nicht über die entsprechende Qualifikation verfügt, vergütete der Beklagte sie nach der EG S 8b. Vor dem Arbeitsgericht verlangte die Klägerin die Feststellung, dass sie nach der EG S 12 bzw. EG S 13 zu vergüten sei und den entsprechenden Differenzbetrag. 
Nach Meinung der Klägerin könne sie eine Vergütung nach der EG S 13 deshalb beanspruchen, weil sich aus Nr. 2 S. 1 und 2 der Vorbemerkung der Entgeltordnung VKA ergebe, dass bei Fehlen der entsprechenden Qualifikation (für die EG S 14) die Eingruppierung in die nächst niedrigere Vergütungsgruppe zu erfolgen habe. Zumindest aber sei die Klägerin in die EG S 12 einzugruppieren, da sie schwierige Tätigkeiten in diesem Sinne ausübe und „sonstige Beschäftigte“ im Tarifsinn sei. 

Entscheidung

Das BAG sah die Revision nur bezüglich einer möglichen Eingruppierung in die EG S 12 TVöD-VKA als begründet an und verwies den Fall insofern zurück ans Landesarbeitsgericht. Der klägerischen Argumentation zur Eingruppierung in die EG S 13 folgte das Gericht nicht.  Denn anders als die Klägerin meine, sei der Grundsatz aus den Bemerkungen zu allen Vergütungsgruppen gemäß Nr. 2 Satz 3 der Vorbemerkungen hier nicht anzuwenden, da für den auf die Klägerin zutreffenden Fall ein Tätigkeitsmerkmal („in der Tätigkeit von“) in der EG S 8b enthalten ist.
Bezüglich einer möglichen Eingruppierung in die EG S 12 sei die Annahme der Vorinstanz, die Klägerin sei nicht „sonstige Beschäftigte“ nicht frei von Rechtsfehlern gewesen. Das Landesarbeitsgericht habe nicht alle wesentlichen Umstände für die Beurteilung, ob die Klägerin als „sonstige Beschäftigte“ anzusehen sei, berücksichtigt. Die Eingruppierung als „sonstige Beschäftigte“ erfordere, dass die Klägerin über gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen verfüge wie eine staatliche anerkannte Sozialarbeiterin/-pädagogin. Dabei sei eine ähnlich gründliche Beherrschung des entsprechend umfangreichen Wissensgebiets erforderlich, die sich nicht auf ein einzelnes Arbeitsgebiet einer Sozialarbeiterin/-pädagogin beschränken darf. Diese gleichwertigen Fähigkeiten könnten insbesondere auch durch Berufserfahrung und entsprechende Weiterbildungen erworben werden. Hinsichtlich der geforderten Fähigkeiten und Erfahrungen sei zudem nicht ausschließlich die Stellenbeschreibung, sondern auch die ausgeübte Tätigkeit selbst zu würdigen.

Bewertung

Das BAG beschäftigt sich in seinem Urteil mit den Schwierigkeiten der Eingruppierung von Mitarbeitenden, die nicht über die Qualifikation verfügen, die das jeweilige Tarifwerk grundsätzlich für die ihnen übertragenen Aufgaben vorsieht. Zwar spricht die Übertragung derartiger Aufgaben auf die gerade nicht entsprechend ausgebildeten Mitarbeitenden dafür, dass der Arbeitgeber ihnen grundsätzlich die Erfüllung dieser Aufgaben zutraut. Die tarifliche Rechtsfolge hängt dabei allerdings von der jeweiligen Tarifsystematik und nicht allein von der Tätigkeit ab. Bei der Auslegung der im Tarifwerk enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe – wie hier „sonstige Beschäftigte“ – sind dabei grundsätzlich alle vorliegenden Faktoren von Arbeitgebern auf ihre Relevanz zu überprüfen und entsprechend mit in die Eingruppierungsfrage einzubeziehen. Bezüglich der „sonstigen Beschäftigten“ sind diese zu berücksichtigenden Faktoren insbesondere auch alle – etwa in Weiterbildungen – erworbenen Fachkenntnisse und die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit der Beschäftigten.

Hinsichtlich der von der Klägerin beantragten Eingruppierung in die nächstniedrigere Entgeltgruppe beim Fehlen der entsprechenden Qualifikation hat das BAG hingegen eindeutig entschieden, dass eine Eingruppierung in die EG S 13 nicht in Frage kommt. Sofern nämlich in der Entgeltordnung Tätigkeitsmerkmale für Beschäftigte „in der Tätigkeit von“ existieren, greifen die Regelungen aus Nr. 2 S. 1 und 2 der Vorbemerkung der Entgeltordnung VKA nicht.

Im Bereich der Caritas sind die besonderen Regelungen für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst in Anlage 33 AVR zu finden. Für Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagogen entsprechen die Tätigkeitsmerkmale in Anhang B der Anlage 33 AVR denen des TVöD-VKA. Aufgrund des abweichenden Aufbaus der Tarifwerke wird die Eingruppierung von Beschäftigten „in der Tätigkeit von“ allerdings durch den Ausschluss des Abschnittes Ic der Anlage 1 AVR aus dem Geltungsbereich in § 1 Abs. 2 der Anlage 33 AVR gewährleistet. In diesem Abschnitt ist in den AVR grundsätzlich die Eingruppierung bei nicht erfüllter Ausbildungsvoraussetzung geregelt.

Rechtsprechung

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