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Ausbildungszahlen im Pflegebereich – Aufwärtstrend macht Hoffnung

Dem Fachkräftemangel entgegentreten: Wichtigstes Ziel der Pflegebranche muss es sein, nicht nur Schulabgängerinnen, sondern auch Umschüler und Quereinsteigerinnen für den Pflegeberuf zu gewinnen, so das Ergebnis des Fachkräftegipfels der Bundesregierung.

Auf dem Fachkräftegipfel der Bundesregierung im September 2022 ist erneut deutlich geworden, dass eine gezielte Nachwuchsförderung in Bereichen mit Personalnot ein wichtiger Bestandteil der Gesamtstrategie zur Bewältigung des Fachkräftemangels sein muss. Für die Pflegebranche bedeutet dies, dass nicht nur Schulabgänger, sondern auch Berufserfahrene mit dem Wunsch der beruflichen Umorientierung für den Arbeitsmarkt der Pflege angeworben werden.

Reform und Ausbildungsoffensive

Mit dem Pflegeberufegesetz (PflBG) wurden die bisherigen Ausbildungsgänge in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege zum 1. Januar 2019 reformiert und in einer generalistischen Pflegeausbildung zusammengeführt. Ziel war es, den Pflegeberuf zukunftsfähig aufzustellen und für den Nachwuchs attraktiv zu gestalten. Pünktlich zur Einführung der neuen Pflegeausbildungen startete das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung, den Ländern, Verbänden und anderen relevanten Akteuren im Tätigkeitsfeld Pflege die „Ausbildungsoffensive Pflege (2019- 2023)“ mit konkreten Zielen und rund 100 Maßnahmen. Nun liegt der zweite Bericht der Ausbildungsoffensive Pflege vor. Einige wesentliche Ergebnisse des zweiten Drittels der Ausbildungsoffensive Pflege werden im Folgenden aufgegriffen.

Neueste Zahlen zu Aus- und Weiterbildung

Die neuesten Zahlen zeigen eine erfreuliche Entwicklung: Bereits im ersten Jahr nach der Ausbildungsreform war eine leichte Steigerung in der Zahl der Auszubildenden zu verzeichnen. Dieser Trend setzte sich fort; laut der "Statistik nach der Pflegeberufe- Ausbildungsfinanzierungsverordnung" des Statistischen Bundesamtes begannen im Jahre 2021 61.329 Personen eine Ausbildung im Berufsfeld der Pflege – das sind sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Auch im Bereich der beruflichen Weiterbildung nimmt der Pflegebereich einen Spitzenplatz ein. Die Bundesagentur für Arbeit fördert die berufliche Weiterbildung im Bereich der Pflege mit einem Arbeitsentgeltzuschuss. Dabei erhält der Arbeitgeber einen Zuschuss für weiterbildungsbedingte Ausfallzeiten. Im Jahresdurchschnitt wurden 2021 5.500 Beschäftigte für die Nachqualifizierung im Pflegebereich gefördert; 2019 waren es noch 4.600 Personen. Mit einem Anteil von rund 60 Prozent über alle Berufsgruppen hinweg ist der Pflegebereich führend (vgl. Seite 84 im zweiten Bericht der Ausbildungsoffensive Pflege).

Ein weiteres Argument für die Attraktivität der Pflegeausbildung ist die Vergütung. Laut einem Ranking des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung werden in der Pflege mit fast 1.200 Euro bereits im ersten Ausbildungsjahr die höchsten Ausbildungsvergütungen der untersuchten Tarifbranchen bezahlt. Entsprechende Vergütungen werden auch gemäß Anlage 7 AVR im Bereich der Caritas gezahlt. Einen guten Überblick liefert das Faktenblatt Vergütung für Auszubildende in der Pflege.

Begleitende Forschungsprojekte des BIBB

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) begleitet die berufliche und die hochschulische Pflegeausbildung mit eigenen Forschungsprojekten. Damit sollen Verbesserungsmöglichkeiten frühzeitig erkannt und Optimierungsmaßnahmen gezielt umgesetzt werden.

Pflege Monitoring

Im Rahmen eines Monitorings zur Umsetzung der beruflichen und der hochschulischen Pflegeausbildung baut das BIBB ein bislang einzigartiges Pflegepanel mit Einbeziehung von ausbildenden Einrichtungen, Pflegeschulen und Hochschulen auf bei dem circa 6.800 Personen an regelmäßigen Erhebungen teilnehmen. Erste Befragungen zeigen ein positives Stimmungsbild. 83,6 Prozent der Befragten schreiben der neuen Pflegeausbildung eine größere Flexibilität zu; 57 Prozent sind der Meinung, dass die neuen Pflegeausbildungen die Attraktivität des Pflegeberufes deutlich steigern werden.

Befragung zum Ausbildungsgang

Aus der Befragung von 1.267 Auszubildenden im Rahmen der Begleitforschung des Veränderungsprozesses zur Einführung der neuen Pflegeausbildungen (BENP) geht hervor, dass die generalistische Pflegeausbildung insgesamt sehr gut angenommen wird. Mehr als die Hälfte der Befragten gibt der Ausbildung die Note „Sehr gut“ (13,4 Prozent) oder „Gut“ (46,2 Prozent). Rund 75 Prozent wählten den Ausbildungsgang aus eigenem Interesse oder als Wunschberuf. 80,5 Prozent würden sich erneut für die Ausbildung entscheiden. 16,5 Prozent der Befragten geben an, die generalistische Pflegeausbildung zuvor nicht als Alternative bedacht zu haben. Nur für 1,3 Prozent stellte die Berufswahl eine Notlösung dar. Die Verteilung auf die Fachspezialisierungen im dritten Ausbildungsjahr ist wie folgt: Kinderkrankenpflege 9 Prozent, Langzeitpflege 26,3 Prozent, stationäre Akutpflege 52,6 Prozent, 12,1 Prozent übrige Bereiche. Aus Sicht der Auszubildenden bestehe Verbesserungsbedarf bei der Praxisanleitung sowie in der Abstimmung zwischen der Berufsschule und den Praxisorten. Außerdem gaben rund ein Drittel der Befragten an, dass es an begleitender Unterstützung durch bespielweise psychologische Beratung oder Supervisoren fehle (vgl. Seite 28 ff. im zweiten Bericht der Ausbildungsoffensive Pflege).

Befragung und Sondererhebung zum Hochschulstudium

Aus der Befragung von Studierenden im Rahmen der Begleitforschung des Veränderungsprozesses zur Einführung der neuen Pflegeausbildungen (BENP) geht ein positives Stimmungsbild hervor. Zwei Drittel der Befragten bewerteten den Studiengang mit der Note „Sehr gut“ (15,1 Prozent) oder „Gut“ (49,1 Prozent). 81,1 Prozent würden sich erneut für ein Pflegestudium entscheiden. Dabei weisen die Befragten eine starke Identifikation mit ihrem ausgewählten Studiengang auf und betrachten das Studium als attraktiven Bildungsweg. Dennoch werden auch die Bedenken der Studierenden deutlich: circa 25 Prozent der Befragten gaben an, einen Studienabbruch (eher häufig 11,8 Prozent, häufig 7,8 Prozent und sehr häufig 5,9 Prozent) in Erwägung zu ziehen. Grund sei die starke Belastung aufgrund der fehlenden Vergütung. 64,5 Prozent der Befragten geht neben dem Studium einer Tätigkeit nach; 30 Prozent von ihnen in einem Umfang von mehr als 15 Stunden die Woche.

Eine Sondererhebung des BIBB-Pflegepanels zeigt auf, dass die Zahlen in primärqualifizierenden Studiengängen nur langsam ansteigen. Etwa die Hälfte der angebotenen Studienplätze wurden im Wintersemester 2021/22 nicht belegt. Die Akademisierungsquote liegt derzeit bei 1,75 Prozent und war nur um 0,05 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr gestiegen (der Wissenschaftsrat hatte eine Akademisierungsquote von 10 bis 20 Prozent empfohlen).

Für den geringen Erfolg der Hochschulausbildung werden vor allem Unsicherheiten als Ursache genannt: Gegenüber der beruflichen Ausbildung fehlt der akademischen Variante die Vergütung. Auch werden die mit den Praxiseinsätzen verbundenen Kosten in den Einrichtungen nicht über den Ausbildungsfonds refinanziert. Hinzu kommt, dass das neue Studienangebot noch nicht ausreichend bekannt und das Berufsprofil der akademisch ausgebildeten Pflegefachkräfte in der pflegerischen Versorgung noch nicht ausreichend definiert sind. Es wurde eine Arbeitsgruppe ‚Tätigkeitsprofile‘ eingerichtet, um praxiswirksame Tätigkeitsprofile für akademisch ausgebildete Pflegefachpersonen für die Bereiche der stationären Langzeitpflege, der ambulanten Alten- und Krankenpflege, der pflegerischen Versorgung im Krankenhaus sowie der Kinderkrankenpflege in der stationären Versorgung zu erarbeiten. Erste Ergebnisse sollen im Frühjahr 2023 vorliegen.

Für den Bereich der Caritas ist die Vergütung für Studierende in praxis- und ausbildungsintegrierten Dualen Studiengängen in Anlage 7 AVR geregelt. Mit der Vergütung von (primärqualifizierenden) praxisintegrierten Dualen Studiengängen nimmt die Caritas an dieser Stelle eine Vorreiterrolle ein.

Werben für die Pflegeberufe

Eine Studie der Bertelsmann Stiftung zur beruflichen Orientierung zeigt, wie schwer sich junge Menschen mit den vielfältigen Informationen zur Berufswahl zurechtfinden. Es sei daher eine passgenaue Unterstützung in der Orientierungsphase gefragt. Um Nachwuchs für die Pflegeberufe zu gewinnen, startete das BMFSFJ im November 2022 eine neue Informations- und Öffentlichkeitskampagne „Pflege kann was“, die die vielfältigen Karriere- und Beschäftigungschancen in den Vordergrund stellen sollen. Potentielle Zielgruppen sollen darauf aufmerksam gemacht werden, dass es sich um eine moderne Ausbildung – ob beruflich oder hochschulisch – in hoher Qualität handelt, die einen Beruf eröffnet, der professionell, anspruchsvoll und für Frauen und Männer gleichermaßen attraktiv ist.

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