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BAG: Keine Fortsetzungs­fiktion bei Urlaubs­gewährung

Die Gewährung von Urlaub für eine Zeit nach Ablauf eines befristeten Arbeitsverhältnis führt nicht zur Fortsetzungsfiktion des § 15 Abs. 6 TzBfG

Sachverhalt

Der Kläger war Beamter der Deutschen Bundespost und wurde im Rahmen des Postpersonalrechtsgesetz (PostPersRG) bei der Beklagten seit 1999 aufgrund einer Reihe von befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt. Jeweils zeitidentisch wurde er von ihr als Bundesbeamter beurlaubt. Das letzte derartige Arbeitsverhältnis war nach Verlängerung bis zum 30.09.2020 befristet. Seit dem 01.10.2020 wurde er von der Beklagten wieder als Bundesbeamter geführt.

Am 09.09.2020 wurde dem Kläger Erholungsurlaub für die Zeiträume der Arbeitstage im Oktober 2020 zuzüglich der auf einen Samstag fallenden Feiertage gewährt. Am 30.09.2020 erhielt er auf seinen Wunsch ein Zwischenzeugnis für den Zeitraum der bis zum 30.09.2020 erfolgten Tätigkeit. Ebenfalls am 30.09.2020 erhielt er mit email mit Hinweis auf das Ende der Abordnung in Bezug auf die Versteuerung des geldwerten Vorteils wegen privater Nutzung eines Firmenwagens. Am 01.10.2020 besprach er telefonisch mit der Personalleitung, dass vom 01. Bis 31.10.2020 seinen Urlaub abwickele und sich währenddessen sich beide um den Einsatz ab November 2020 bemühen würden.

Am 05.11.2020 erhobener Klage machte der Kläger mit Feststellungsantrag unter Berufung auf § 15 Abs. 5 TzBfG in der bis zum 31.05.2022 geltenden Fassung, gleichlautend mit der aktuellen Fassung des § 15 Abs. 6 TzBfG, ein unbefristetes Arbeitsverhältnis geltend. Dies wurde von ArbG und LAG wie auch der Befristungskontrollantrag zurückgewiesen.

Entscheidung

Das BAG hat die Revision des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Zunächst wird klargestellt, dass bei einer Berufung auf § 15 Abs. 5 TzBfG aF die Drei-Wochen-Frist des § 17 Abs. 1 TzBfG zur Klageerhebung nicht greift. Die Fortsetzungsfiktion des § 15 Abs. 5 aF setze aber voraus, dass der Kläger eine Arbeitsleistung erbracht hätte, die von der Beklagten hätte stillschweigend angenommen werden können. Es genügt dagegen nicht, wenn der Arbeitgeber einseitig Leistungspflichten erfüllt, ohne die Gegenleistung des Arbeitnehmers in Anspruch zu nehmen, , wie etwa bei der Gewährung von Urlaub oder Freizeitausgleich für geleistete Mehrarbeit bzw. der Leistung von Entgeltfortzahlung über das vereinbarte Vertragsende hinaus (BAG a.a.O RN 20). Das BAG verweist zudem darauf, dass vor Einführung des § 15 Abs. 5 TzBfG in 2002 der Tatbestand einheitlich in § 625 BGB geregelt war. Hierzu verweist es auf seine ständige Rechtsprechung, dass für § 625 BGB die bloße Urlaubsgewährung für eine stillschweigende Verlängerung nicht ausreicht. Zwar sei der Wortlaut der beiden gesetzlichen Regelungen nicht identisch, der gesetzgeberische Wille stütze sich aber auf auf das damals geltende Recht des § 625 BGB. Auch der Sinn und Zweck des § 15 Abs. 5 TzBfG aF gebiete nicht, über den Fall der tatsächlichen Arbeitsleistung hinaus die Fiktion anzunehmen.

Bewertung

Das BAG hat in erfreulicher Klarheit den in der Literatur bestehenden Meinungsstreit gelöst und die Fiktion der stillschweigenden Verlängerung befristeter Arbeitsverhältnisse nach § 625 BGB und § 15 Abs. 6 TzBfG auf die Annahme tatsächlicher Arbeitsleistung konkretisiert. De Fall war zwar insoweit außergewöhnlich, als die Beklagte zugleich auch Dienstherrin im weiterbestehenden Beamtenverhältnis war. Dies spielte bei der Entscheidung aber keine Rolle. Entscheidend war allein die Tatsache der nicht aktiven Arbeitsleistung.

Nach § 19 Abs. 1 AT AVR wäre das Weiterbestehen nach Befristungsende zudem von einer vorherigen schriftlichen Vereinbarung abhängig. § 15 Abs. 6 TzBfG ist aber nicht offen für abweichende individuelle oder tarifliche Vereinbarungen (vgl. § 22 TzBfG). Die AVR- Regelung hätte damit keine Auswirkung auf die Fiktionswirkung des § 15 Abs. 6 TzBfG.

Trotz der erfreulich klaren Entscheidung des BAG empfiehlt sich aber, bei befristeten Dienstverhältnissen deren Ende auch administrativ so zu beachten, dass eine nicht beabsichtigte Weiterführung ausgeschlossen ist. Urlaubsansprüche sollten deshalb auch mit Blick auf die Rechtsprechung zur Urlaubsabgeltung rechtzeitig innerhalb der Befristung erfüllt werden. Ein neben dem beendeten Arbeitsverhältnis beim Dienstgeber weiter bestehendes Dienstverhältnis wie im entschiedenen Fall wird ohnehin eher die Ausnahme darstellen.

Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 09.02.2023, 7 AZR 266/22

Rechtsprechung

Autor/-in: Helge Martin Krollmann

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