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BAG: Kein grundsätzlicher Vorrang von Onlineschulung vor Präsenzschulung für Betriebsräte

Personalräte dürfen für eine Präsenzschulung zum Betriebsverfassungsrecht auf Kosten der Arbeitgeberin reisen und müssen sich nicht auf eine Onlineschulung verweisen lassen, nur weil das günstiger wäre.

Sachverhalt

Die Personalvertretung Kabine (PV Kabine) eines Luftfahrtunternehmens beschloss, zwei Mitglieder zu einer viertägigen betriebsverfassungsrechtlichen Grundlagenschulung in Potsdam zu schicken. Das Seminar im August 2021 war für beide Teilnehmer mit Kursgebühren von zusammen 1.818,32 Euro sowie mit weiteren 1.319,26 Euro Übernachtungs- und Verpflegungskosten verbunden.

Das Unternehmen wollte die Kosten für Schulung, Übernachtung und Verpflegung nicht übernehmen. Sein Argument: Die beiden Mitglieder der PV Kabine hätten ein kostengünstigeres Webinar mit demselben Schulungsinhalt besuchen können, das noch dazu vom selben Veranstalter angeboten wurde. Dann wären weder Übernachtungs- noch Verpflegungskosten entstanden.

Die PV Kabine hielt dagegen, dass keine Pflicht zum Besuch eines Webinars bestehe. Sie machte daher klageweise geltend, dass die Arbeitgeberin auch die Übernachtungs- und Verpflegungskosten zu tragen habe.

Entscheidung

Bereits die Vorinstanzen hatten die Arbeitgeberin zur Kostentragung verpflichtet. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hatte keinen Erfolg. Das BAG wies die Rechtsbeschwerde des Unternehmens zurück.

Die Personalvertretung müsse sich nicht zur Kosteneinsparung auf ein Webinar verweisen lassen. Personalräte haben Anspruch auf Schulungen, die für die Personalratsarbeit erforderlich sind. Deren Kosten hat der Arbeitgeber zu tragen. Von der Pflicht zur Kostentragung können Übernachtungs- und Verpflegungskosten für ein auswärtiges Präsenzseminar erfasst sein, und zwar auch dann, wenn derselbe Schulungsträger ein inhaltsgleiches Webinar anbietet.

Bewertung

Arbeitgeber müssen Betriebsratsmitglieder auf Verlangen des Betriebsrats für Schulungsveranstaltungen bezahlt freistellen, wenn die vom Betriebsrat ausgewählte Veranstaltung Kenntnisse vermittelt, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Dies ergibt sich aus § 37 Abs. 2, Abs. 6 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) oder im katholischen Bereich aus § 16 der Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO).

Die Kostenübernahme für die Schulungen durch die Arbeitgeberin folgt aus § 40 Abs. 1 BetrVG und im katholischen Bereich aus § 17 MAVO. Ebenso wie ein Betriebsrat haben die Personalvertretung oder die Mitarbeitervertretung bei der Auswahl der Schulungen einen gewissen Spielraum. Einerseits müssen Themen und Termine aus Sicht des Betriebsrats möglichst gut passen. Andererseits sind gemäß § 37 Abs. 6 Satz 3 BetrVG bei der zeitlichen Lage der Veranstaltung auch betriebliche Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Auch wirtschaftliche Interessen des Arbeitgebers müssen Betriebsräte im Blick behalten. Gibt es mehrere gleich gut geeignete Veranstaltungen, muss der Betriebsrat die günstigste wählen. Wenn nach Auffassung des Betriebsrates allerdings ein Präsenzformat besser geeignet ist als ein Onlineformat, umfasst der Spielraum nach Auffassung des BAG auch die Wahl des Formates.

Bundesarbeitsgericht (BAG), Beschluss vom 07.02.2024 - 7 ABR 8/23

Rechtsprechung

Autor/-in: Marc Riede

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