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BAG: Corona-Sonder­zahlung nach TV Corona-Sonder­zahlung fällt im Blockmodell der Alters­teilzeit auch in der Freistellungs­phase an

Auswirkungen auf die Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie nach Anlage 1c AVR

Das BAG hat mit derzeit nur mit dem Tenor vorliegenden Urteil vom 27.03.2023 (9 AZR 106/22;) einem unter den TV-Nahverkehr des öffentlichen Dienstes fallenden Mitarbeiter eine Zahlungsanspruch der halben Corona-Sonderzahlung nach dem TV Corona-Sonderzahlung des öffentlichen Dienstes auch in der Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell bestätigt. Die Entscheidung wird auch auf den Anspruch und die Höhe der Inflationsausgleichsprämie bei Mitarbeitern in Altersteilzeit anzuwenden sein.

Sachverhalt

Die Klägerin befand sich zum nach dem TV Corona-Sonderzahlung maßgeblichen Zeitpunkt in der Freistellungsphase der Block-Altersteilzeit nach dem TV FlexAZ. Die Beklagte hatte unter Berufung auf § 7 Abs. 2 TV FlexAZ (entspricht § 7 Abs. 2 Anlage 17a AVR) die Zahlung verwei-gert. Die Sonderzahlung sei nicht in das Wertguthaben eingeflossen, aus dem sich allein das Ent-gelt in der Freistellungsphase speise.

Entscheidungen der Vorinstanzen

Das ArbG Dortmund hat der Klägerin nur zum Teil Recht gegeben (Urt. v. 17.06.2021 - 6 Ca 846/21; hier abrufbar). Der TV Corona-Sonderzahlung ginge der Regelung des § 7 Abs. 2 TV FlexAZ als Sonderregelung vor. Danach sei allein entscheidend die im TV Corona-Zahlung vorgesehene Teilzeitquotelung. Bei der Altersteilzeit handele es sich um Teilzeit in deren Sinne. Deshalb wurde der Klägerin durch das ArbG die hälftige Höhe zugesprochen.

Das LAG Hamm hat in dem Berufungsurteil diesen Anspruch zurückgewiesen (Urt. v. 26.01.2022 - 9 Sa 889/21; hier abrufbar). Entscheidend sei vorrangig die Anwendung des § 7 Abs. 2 TV FlexAZ. Das LAG Hamm bestätigt diese Auffassung für den gleich geregelten Tarifbereich der öffentlichen Sparkassen noch einmal mit Urteil vom 09.02.2022 (9 Sa 1031/21; hier abrufbar).

Entscheidung des BAG

Auf die Revision der Klägerin hat das BAG nunmehr mit dem Urteil vom 27.03.2023 das Urteil des ArbG Dortmund im Hauptanspruch wiederhergestellt.

Fraglich ist zwar derzeit noch, wie die Begründung des BAG sein wird. Ggf. wird es der Auffassung des LAG Düsseldorf folgen, das der Auffassung des LAG Hamm ausdrücklich widersprochen hat (Urt. v. 14.06.2022 - 8 Sa 869/21; hier abrufbar). Das LAG Düsseldorf hatte dem Aspekt der Sonderregelung noch hinzugefügt, dass gegenüber den in der Arbeitsphase befindlichen Mitarbeitern der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt sei und dass die Prämie nach dem TV Corona-Sonderzahlung nicht in Ansehung einer Arbeitsleitung während des Bezugszeitraums gewährt würde.

Auswirkungen auf die Inflationsausgleichsprämie

Die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes haben die Entscheidung des BAG zur Corona-Sonderzahlung aber kurzfristig zum Anlass genommen, dem mit Tarifabschluss vom 22.04.2023 vereinbarten TV Inflationsausgleich zwei Niederschriftserklärungen bezogen auf die Einmalzahlung und die monatlichen Zahlungen der IAP beizufügen. Sie lautet zur Einmalzahlung:

Die Tarifvertragsparteien stimmen überein, dass Beschäftigte, die unter den Anwendungsbereich des TV FlexAZ fallen und sich am Stichtag 1. Mai 2023 in der Freistellungsphase der Altersteilzeit (Blockmodell) befinden, einen Anspruch auf den Inflationsausgleich 2023 in Höhe der Hälfte des Inflationsausgleichs 2023 haben, den sie erhalten würden, wenn sie mit der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit weitergearbeitet hätten, maximal also in Höhe von 620 Euro.

Entsprechend ist die Formulierung zu den monatlichen Auszahlungen.

Dementsprechend weist das BMI in seinem Umsetzungsrundschreiben vom 24. April 2023 (D5.31002/72#12; enthält auch Tariftext TV Inflationsausgleich; hier abrufbar) darauf hin, dass die Altersteilzeit wie Teilzeit behandelt werde. Zudem weist es darauf hin, dass die IAP nicht zum Regelarbeitsentgelt gehört und deshalb auch nicht aufstockungspflichtig sei.

Anwendung auf die IAP nach Anlage 1c AVR: Absatz 1 Satz 7 der Anlage 1c AVR geht vor

Die im Dezember 2022 beschlossene Anlage 1c AVR zur Inflationsausgleichsprämie enthält keinen Hinweis wie die Niederschriftserklärungen im gerade vereinbarten TV Inflationsausgleich.

Bisherige Auslegung

Vielmehr konnte mit der Rechtsprechung des LAG Hamm davon ausgegangen werden, dass auch bei der IAP im Falle der Altersteilzeit im Blockmodell die spezielle Regelung des § 7 Abs. 2 der Anlage 17a AVR Anwendung findet. Dies bedeutete bezogen auf den jeweiligen Auszahlungsmonat, dass ein Mitarbeiter, der sich in der Arbeitsphase befindet, einen Anspruch auf die volle, nicht ATZ-geminderte IAP hat, die aber nur zur Hälfte ausgezahlt und zur anderen Hälfte in das Wertguthaben eingebracht wird. Da sich das Entgelt eines Mitarbeiters in der Freistellungsphase aber nur aus dem Wertguthaben speist, hätte er keinen Anspruch auf die IAP.

Dementsprechend wurde dies von der Dienstgeberseite der AK wie auch im Praxiskommentar zu den AVR so vertreten (Beyer in Beyer at al. (Herausgeber), Arbeitsrecht der Caritas, 37. Erg.Lieferung, Anlage 1c AVR RN 9).

Anwendung Entscheidung BAG auf Anlage 1c: Teilzeitquotelung der IAP in der ATZ

Obwohl die Entscheidungsgründe des BAG noch nicht vorliegen, ist nunmehr zu empfehlen, § 7 Abs. 2 Anlage 17a AVR nicht mehr zur Anwendung zu bringen, sondern die Regelungen der Anlage 1c AVR zur Teilzeitquotelung als besondere Regelung anzuwenden (Absatz 1 Satz 7 der Anlage 1c AVR). Insbesondere die vom LAG Düsseldorf benannten Argumente zum Charakter der Corona-Sonderzahlung gelten auch für die IAP. Angesichts kaum vorhandener anderer Ansätze wird auch das dann auch für die BAG-Entscheidung tragend sein.

Dies bedeutet, dass in der Altersteilzeit die Minderung der vollen IAP auf die halbe Höhe erfolgt. Sie kann deshalb insgesamt nur maximal 1.500 EUR (bei Vollzeit vor der Altersteilzeit) betragen. Im tariflichen Regelfall ohne eine den Modus ändernde Dienstvereinbarung bedeutet dies zwei Zahlungen in Höhe von je max. 750 EUR.

Die Zahlung erfolgt dann unabhängig davon, ob der Mitarbeiter sich zum jeweiligen Auszahlungsmonat in der Arbeits- oder in der Freistellungsphase befindet. Befindet er sich in der Arbeitsphase, erfolgt keine Einbringung in das Wertguthaben, sondern eine Auszahlung wie auch in der Freistellungsphase.

Es erfolgt aus hiesiger Sicht auch keine Aufstockung der geminderten IAP. Eine Höherverbeitragung in der Rentenversicherung scheidet ebenfalls aus.

Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 27.03.2023, 9 AZR 106/22

Rechtsprechung

Autor/-in: Helge Martin Krollmann

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