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ArbG Frankfurt: Betriebsrenten­rechtliche Einstandspflicht umfasst ursprünglichen Garantiezins nur bei ausdrücklicher Vereinbarung

Die Einstandspflicht besteht nur in der Höhe wie auch der vertragliche Anspruch auf Zahlung einer betrieblichen Altersversorgung besteht. Dass der Garantiezins zum Zeitpunkt der Zusage einer betrieblichen Altersversorgung eine bestimmte Höhe betrug, bedeutet jedoch nicht, dass diese Höhe des Garantiezinses auch automatisch als Zusage Bestandteil des Arbeitsvertrages wurde. Hierzu bedarf es vielmehr einer ausdrücklichen individualrechtlichen oder kollektivrechtlichen Zusage einer bestimmten Höhe des Garantiezinses.

Sachverhalt

Der Kläger war erstmals 1991 bei einem Arbeitgeber beschäftigt, der aufgrund Mitgliedschaft bei einer für die gesamte Branche tätigen Pensionskasse verpflichtet war, eine Versorgungszusage über diese Pensionskasse zu erteilen. Dies war im Arbeitsvertrag festgehalten, wonach der Arbeitgeber 2/3 der Beiträge zu tragen hatte. Die Versicherungsbedingungen wurden danach dem Kläger ausgehändigt. Nachdem in der Zwischenzeit das Arbeitsverhältnis auf einen Arbeitgeber übergegangen war, beendete der Kläger dort 1994 das Arbeitsverhältnis und begann ein Arbeitsverhältnis bei einem anderen Unternehmen der Branche. Auch hier wurde aufgrund der Mitgliedschaft des Arbeitgebers eine entsprechende Versicherungspflicht mit 2/3-Beitragsanteil des Arbeitgebers im Arbeitsvertrag festgehalten. Dieses Arbeitsverhältnis ging 2003 auf die Rechtsvorgängerin der Beklagten über. In einem Anhang zum Arbeitsvertrag wurde die Fortführung der Mitgliedschaft bei der Pensionskasse bestätigt und die Modalität der Beitragszahlung in der Übergangszeit festgestellt.

Am 24.06.2016 hat die Mitgliederversammlung der Pensionskasse beschlossen, auch im laufenden Versicherungsverhältnis für künftige Beiträge ab 2017 den Steigerungsbetrag durch Zugrundelegung eines von 4 auf 2,75 Prozent abgesenkten Garantiezins zu senken. Gleichzeitig bot die Pensionskasse an, durch einen zusätzlichen Beitrag in Höhe von 31,61 Prozent des bisherigen Beitrags die ursprüngliche Höhe des Steigerungsbetrages zu erreichen. Dieses lehnte die Beklagte ebenso ab wie einen anderen Ausgleich.

Der Kläger schied am 31.03.2021 altersbedingt aus dem Arbeitsverhältnis aus und erhält Altersversorgungszahlungen von der Pensionskasse im Umfang des Beschlusses vom 24.06.2016. Mit seiner Klage macht er nach erfolgloser vorgerichtlicher Geltendmachung die Differenz zu einer mit ungemindertem Garantiezins berechneten Steigerungsbetrag errechneten Versorgungsleistung geltend. Dabei beruft er sich auf die Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 3 Betriebsrentengesetz (BetrAVG). Die Beklagte verweist unter anderem darauf, dass sich die Höhe des Garantiezinses und damit auch die Höhe der Versorgungsleistungen allein aus den Vertragsbedingungen der Pensionskasse ergebe. Er sei aber nicht Gegenstand der Zusage selbst gewesen. Für diese seien alleine die Vertragsbedingungen der Pensionskasse maßgeblich.

Entscheidung

Das ArbG Frankfurt hat die Klage abgewiesen. eine Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG bestehe nur in der Höhe wie die vertraglich zugesicherte Leistung. Da der Garantiezins in Höhe von 4 Prozent nicht vertraglich zugesichert gewesen sei, bestehe der Leistungsanspruch nur in der von der Pensionskasse geleisteten Höhe. Sie ergebe sich auch nicht aus einer statischen Verweisung auf die Versicherungsbedingungen der Pensionskasse, die bei den jeweiligen Arbeitsvertragsfassungen einen Garantiezins in Höhe von 4 Prozent enthielten. Vielmehr sei angesichts der Arbeitsvertragsfassungen, die lediglich die Versicherungspflicht und die Verteilung der Beitragslast regelten, eine dynamische Verweisung auf die Versicherungsbedingungen gegeben. Nur durch die im Leistungsplan der Versicherung bestimmte Höhe (Anm.: genauer gesagt deren Bestimmung zur Berechnung der Höhe) sei die Zusage des Arbeitgebers überhaupt in der Höhe bestimmbar. Damit gelte auch die Absenkung durch Beschluss der Pensionskasse.

Bewertung

Die offensichtlich die Absenkungsentscheidung des BVV (Versorgungsträger für das Bankgewerbe) betreffende Entscheidung wäre, wenn sie Bestand haben sollte, aus Dienstgebersicht als Klarstellung der Einstandspflicht des Arbeitgebers nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG zu begrüßen.

Im Verhältnis zu der für Leistungsabsenkungsbeschluss im Rahmen der Sanierung der Pensionskasse der Caritas VVaG aus dem Jahr 2019 zu beurteilenden Frage der Einstandspflicht der Dienstgeber ist aber zunächst darauf hinzuweisen, dass die Absenkung des BVV allein den sogenannten Future Service betraf. Für bis einschließlich 2016 erworbene Anwartschaften gilt weiterhin der Rechnungszins (um den es eigentlich geht) von 4 Prozent. Der Sanierungsbeschluss der PKC betrifft dagegen maßgeblich auch den Past Service, also die bis zum Sanierungsbeschluss erworbenen Anwartschaften.

Allerdings wird abzuwarten sein, ob die Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. Bestand haben wird und, sollte die Berufung durch den Kläger nicht erfolgen, die übrige Arbeitsgerichtsbarkeit dem folgen wird. Die Entscheidung stellt maßgeblich auf die Auslegung der im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis getroffenen Regelung ab und prüft dann mangels ausdrücklicher Leistungsbestimmung allein, ob eine statische oder dynamische Verweisung auf den Leistungsplan des Versorgungsträgers gegeben ist, dem ein Rechnungszins zugrunde gelegt ist.

In den vergleichbaren Fallgestaltungen insbesondere zur Pensionskasse der Deutschen Wirtschaft, die nach einem Absenkungsbeschluss ihre Leistungen reduziert und damit über den EuGH den deutschen Gesetzgeber zur Einführung der Insolvenzsicherungspflicht auch für Pensionskassenzusagen bewogen hat, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) eine andere und damit die Einstandspflicht des Arbeitgebers nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG differenzierende Sichtweise. Dies wird im ebenfalls den BVV betreffendem Urteil des BAG vom 12.05.2020 (Az. mit link: 3 AZR 157/19) deutlich. Ausdrücklich wird festgehalten, dass eine dynamische Verweisung auf die Versicherungsbedingungen des externen Versorgungsträgers im arbeitsrechtlichen Grundverhältnis die Einstandspflicht entfallen lassen kann. Allerdings legt das BAG bei einer Berufung des Arbeitgebers auf die dynamische Verweisung zumindest ähnliche Maßstäbe an, wie sie bei der Direktzusage gelten, also das sog. dreistufige Prüfschema. Ob der Arbeitgeber nach § BetrAVG § 1 BetrAVG § 1 Absatz I 3 BetrAVG bei Eintritt des Versorgungsfalls für Leistungen einzustehen hat, die sich nach der Satzung und den Tarifbedingungen in der Höhe richten, die bei der Erteilung der Versorgungszusage galten oder die nach den aufgrund der dynamischen Bezugnahme bei Eintritt des Versorgungsfalls gelten, richtet sich danach, ob es für die Änderungen hinreichende Gründe im Sinne des dreistufigen Prüfungsschemas … gibt. (BAG U.v. 12.05.2020 a.a.O. RN 46). Allerdings hatte das BAG dies nicht zu prüfen, da die Einstandspflicht erst mit Eintritt des Versorgungsfalls eintrete, die Klage auf Ausgleich aber im laufenden Arbeitsverhältnis erhoben wurde.

Für den hier betroffenen als Steigerungsbeträge ausgestalteten Future Service reichen nach der Rechtsprechung des BAG weniger gewichtige sachliche Gründe zu einer Änderung aus (BAG U.v. 17.04.1985 Az. 3 AZR 72/83; NZA 1986, S. 57 ff.). Diese müssten aber in Bezug auf den Arbeitgeber vorliegen. Nicht maßgeblich ist die Lage der Pensionskasse (BAG U.v. 12.05.2020 a.a.O RN 45). Dazu enthält die Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. keine Aussage.

Insoweit bleibt abzuwarten, welche sachlichen Gründe zur Absenkung beim Arbeitgeber die Rechtsprechung in den Fällen der Absenkung des Future Service durch den Versorgungsträger anerkennt. In Bezug auf den Past Service, also einen Eingriff in bestehende Anwartschaften, wären zudem nur beim Arbeitgeber liegende und nur in seltenen Ausnahmefällen greifende sehr gewichtige sachliche Gründe geeignet, die Kürzung zu rechtfertigen.

ArbG Frankfurt a.M., Urteil vom 11.02.2022, Az. 7 Ca 5585/2

Rechtsprechung

Autor/-in: Helge Martin Krollmann

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