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Kommentierung der BK-Beschlüsse vom vom 15. Juni 2023

Kommentierung unter anderem zu den weiteren Regelungen zur Inflationsausgleichsprämie mit ausführlichen Praxishinweisen

Zweiter Teil der Tarifrunde 2023

Nach intensiven Verhandlungen wurden weitere Beschlüsse zur Tarifrunde 2023 gefasst. Nach der bereits im Dezember 2022 beschlossenen Inflationsausgleichprämie (Teil I) wurden nun die Entgelterhöhungen für die Beschäftigten der Caritas beschlossen. Die Tabellenentgelte für die Beschäftigten der Anlagen 2, 2d und 2e (zum Beispiel Verwaltung und Rettungsdienst) sowie der Anlagen 31 bis 33 AVR (Pflegedienst sowie Sozial- und Erziehungsdienst) werden zum 1. März 2024 zunächst um 200 Euro (Sockelbetrag) und anschließend um 5,5 Prozent erhöht. Zusammen muss die Erhöhung mindestens 340 Euro betragen. Die lineare Vergütungssteigerung liegt zwischen gut 8 und 16,5 Prozent. Die weiteren Vergütungsbestandteile werden um 11,5 Prozent erhöht, was der durchschnittlich zu erwartenden linearen Steigerung in den Diensten und Einrichtungen entspricht. Zum gleichen Termin werden auch die Ausbildungsentgelte um 150 Euro erhöht.

Die Mitarbeitenden der Caritas im ärztlichen Dienst (Anlage 30 AVR) erhalten Entgelterhöhungen um 4,8 Prozent zum 1. August 2023 und 4,0 Prozent zum 1. April 2024, was insgesamt einer Erhöhung um fast 9 Prozent entspricht.

Mit dem Beschluss erhalten die Rechtsträger noch vor der Sommerpause die nötige Planungssicherheit für die Jahre 2023 und 2024.

Anpassungen bei der Inflationsausgleichsprämie Anlage 1c AVR

Die Änderungen treten – wie schon die ursprüngliche Anlage 1c – zum 1. Dezember 2022 in Kraft.

Erhöhte IAP für Auszubildende

Mit Beschluss vom 15. Juni 2023 wurden die bis dahin bereits festgelegten beiden Zahlungen von je 500 Euro im Juni der Jahre 2023 und 2024 durch eine weitere Komponente um insgesamt 500 Euro erweitert. Mit der Erweiterung soll insbesondere die Attraktivität der Ausbildung in der Caritas nach dem Abschluss des TV Inflationsausgleich im öffentlichen Dienst auch durch eine weitere Abmilderung des Anstiegs der Verbraucherpreise aufrechterhalten werden. Mit der Ergänzung in Absatz 2 Satz 1 Anlage 1c AVR erhalten die Auszubildenden im Sinne der Anlage 7 AVR zusätzlich zu den beiden bisherigen Zahlungen in den Monaten Oktober 2023 bis Februar 2024 je 100 Euro als Inflationsausgleich im Sinne des § 3 Nr. 11c EStG. Auch für diese monatlichen Zahlungen ist Anspruchsvoraussetzung, dass im Auszahlungsmonat an mindestens einem Tag der Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht. Diese monatliche Komponente erhalten damit auch Auszubildende, die die Ausbildung zum neuen Ausbildungsjahr 2023/2024 (in der Regel am 1. August bzw. 1. September 2023) begonnen haben. Die Ergänzung sieht für die monatlichen Zahlungen keinen ausdrücklichen Termin im Auszahlungsmonat vor. Damit ist der Termin der Entgeltzahlung beim Dienstgeber entscheidend.

Klarstellung zu Höhe und Auszahlung der IAP im ATZ-Blockmodell

Mit Beschluss vom 15. Juni 2023 wurde mit einer Anmerkung zu Absatz 1 Satz 7 Anlage 1c AVR die Zahlung der IAP im Falle der Altersteilzeit im Blockmodell klargestellt.

Ursprünglich wurde die Altersteilzeit im Blockmodell hinsichtlich der Anwendung der Anlage 1c als Fall des § 7 Abs. 2 Anlage 17a AVR gesehen mit der Folge, dass bei einem Auszahlungsmonat in der Arbeitsphase die volle IAP für diesen Monat dergestalt angefallen wäre, dass die Hälfte ausgezahlt und die andere Hälfte dem Wertguthaben zugeführt worden wäre. Bei einem Auszahlungsmonat in der Freistellungsphase wäre dagegen keine IAP angefallen, weil das Entgelt ratierlich aus dem Wertguthaben gezahlt wird.

Diese Auffassung konnte nach dem den TV Covidsonderzahlung des TVöD betreffenden Urteil des BAG vom 27. März 2023 (9 AZR 106/22; Gründe liegen zum Zeitpunkt der Kommentierung noch nicht vor; Entscheidung hier) und einer entsprechenden Umsetzung auch im TV Inflationsausgleich nicht mehr aufrechterhalten werden. Mit der Anmerkung wird jetzt im Sinne der neueren Rechtsprechung klargestellt, dass die Altersteilzeit ein Fall der Teilzeitbeschäftigung im Sinne der IAP ist. Absatz 1 Satz 7 Anlage 1c geht § 7 Abs. 2 Anlage 17a AVR vor. Damit besteht für Mitarbeitende in der Altersteilzeit der Anspruch auf IAP in der Hälfte der Höhe, die nach der Arbeitszeit vor der Altersteilzeit bestanden hat. Wurde vor der Altersteilzeit vertraglich vollzeitig gearbeitet, besteht damit ein Gesamtanspruch in Höhe von 1.500 Euro, der sich bei Anwendung der tariflichen Regelung auf zwei Zahlungen in Höhe von je 750 Euro aufteilt. Diese Zahlungen erfolgen als Auszahlung unabhängig davon, ob sich der Mitarbeiter im Auszahlungsmonat in der Arbeits- oder der Freistellungsphase befindet. Eine Einstellung in das Wertguthaben erfolgt nicht.

Für den Fall, dass zum Beispiel durch Dienstvereinbarung die IAP nach der ursprünglichen Auffassung (also der unzutreffenden Anwendung des § 7 Abs. 2 Anlage 17a AVR) bereits Beträge in das Wertguthaben eingestellt wurden, ist dieses zu korrigieren.

Klärung von Mehrfachdienstverhältnissen

Die Steuerfreiheit der IAP nach § 3 Nr. 11c EStG ist auf das Dienstverhältnis, genauer gesagt auf den Dienstgeber, und nicht auf den Mitarbeiter bezogen. Hieran hält das BMF nach wie vor fest (vgl. FAQ Nr. 8 des BMF, Abruf am 4. Juli 2023). Damit unterscheidet sich die IAP insbesondere von den Corona-Sonderzahlungen, deren Gesamtbetrag der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11a und 11b EStG sich auf den Mitarbeiter bezieht. Diese Situation hat zu einer starken Rechtsunsicherheit bei der Anwendung des Absatzes 1 Satz 3 Anlage 1c geführt. Insbesondere die Fragen, ob erfolgte Zahlungen durch andere Arbeitgeber bei der Zahlung im Juni 2023 oder ggf. erst im Juni 2024 (bei Anwendung der tariflichen Regelung ohne Dienstvereinbarung) angerechnet werden können, ob hieraus ein Fragerecht des Dienstgebers resultiert, ob es bei Auszahlung durch den anderen Arbeitgeber im selben Monat zu einer Anrechnung kommen könne oder ob eine Rangfolge bei der Anrechnung gälte, führten zu der Schlussfolgerung auf eine starke Rechtsunsicherheit der Regelung in Bezug auf die Behandlung von Mehrfachdienstverhältnissen mit der Folge der Erwartung einer hohen Anzahl von Rechtsstreitigkeiten. Diese wird durch das Fehlen entsprechender Regelungen in anderen Tarifwerken der Wirtschaft und des öffentlichen Dienstes noch verstärkt.

Deshalb wurde zur Klärung mit Beschluss vom 15. Juni 2023 eine klarstellende Anmerkung zu Absatz 1 Satz 3 Anlage 1c AVR aufgenommen. Diese stellt klar, dass es wie bei § 3 Nr. 11c EStG auf das Dienstverhältnis ankommt.

Mehrere aufeinanderfolgende oder im Ausnahmefall des § 7 Abs. 1 Satz 3 AT AVR gleichzeitige Dienstverhältnisse beim selben Dienstgeber gelten dabei als ein Dienstverhältnis. In diesen Fällen besteht dann auch kein Mehrfachanspruch auf die IAP. Sie ist in der Höhe auf 3.000 Euro beschränkt. Ob zum Stichtag 30. Juni eine Teilzeit in welcher Höhe vereinbart ist, wird sich bei nebeneinander bestehenden Dienstverhältnissen beim selben Dienstgeber aus der Zusammenrechnung der vereinbarten Arbeitszeiten bestimmen.

Hat ein anderer Arbeitgeber bereits eine IAP im Sinne des § 3 Nr. 11c EStG gezahlt, ist dies für die Höhenbestimmung beim aktuellen Dienstgeber ebenso unbedeutend wie die parallele Zahlung eines anderen Arbeitgebers. Hinsichtlich der durch die vertragliche Arbeitszeit bestimmten Höhe (vgl. Absatz 1 Satz 7 Anlage 1c AVR) gilt ausschließlich die mit dem aktuellen Dienstgeber vereinbarte Arbeitszeit. Besteht bei einem anderen Arbeitgeber eine weitere Teilzeit- oder ggf. auch Vollzeitbeschäftigung, ist dies für den aktuellen Dienstgeber nicht relevant. In welcher Höhe die IAP beim anderen Dienstgeber bzw. Arbeitgeber gezahlt wird, richtet sich nach den dort geltenden Regelungen.

Dies gilt auch bei Mehrfachdienstverhältnissen in einer Gruppe rechtlich selbständiger Anstellungsträger als Dienstgeber. Die Regelung enthält keine sog. „Konzernklausel“, die eine gemeinsame Betrachtung als einheitliches Dienstverhältnis ermöglichen würde. Ebenso werden andere Dienstverhältnisse, auf die ebenfalls die AVR Anwendung finden, nicht berücksichtigt. Auch insoweit folgt die Anwendung der IAP den zu § 3 Nr. 11c EStG durch das BMF getroffenen Aussagen.

Klargestellt ist in der Anmerkung, dass auch Zahlungen desselben Dienstgebers, die bereits vor dem Beschluss der Bundeskommission vom 8. Dezember 2022 als IAP geleistet wurden, den tariflichen Anspruch mindern.
 

Die bestehende Kommentierung zur IAP ist entsprechend aktualisiert: Kommentierung der Regelung zur Inflations­ausgleichs­prämie – Anlage 1c AVR - DGS (caritas-dienstgeber.de)

Mutterschutzgesetz

Die Verweise der AVR auf das Mutterschutzgesetz (MuSchG) im Zusammenhang mit den Regelungen zur Stufenlaufzeit und zur Weihnachtszuwendung bzw. zur Jahressonderzahlung der Anlagen 1, 21a, 30, 31, 32, 33 wurden dahingehend angepasst, dass nun einheitlich auf alle Beschäftigungsverbote nach dem MuSchG verwiesen wird. Zuvor gingen die Verweise entweder seit der Überarbeitung des MuSchG ins Leere oder verwiesen lediglich auf Beschäftigungsverbote innerhalb der gesetzlichen Schutzfristen vor und nach der Entbindung (§ 3 Abs. 1 und 2 MuSchG). Diese Beschränkung war insbesondere auch hinsichtlich neuerer EuGH-Rechtsprechung zu diesem Thema nicht mehr zeitgemäß. Durch die nun erfolgte Änderung wurden die Verweise aktualisiert, vereinheitlicht und rechtssicher gestaltet.

Abgesehen von dem erweiterten Geltungsbereich wurden die betroffenen AVR-Regelungen inhaltlich nicht verändert.

Weihnachtszuwendung für Ende der ATZ nach Anlage 17a AVR

Abschn. XIV Abs. (b) Satz 1 Buchst. c Anlage 1 bestimmte bisher, dass die Weihnachtszuwendung bei einem Ende der Altersteilzeit nach Anlage 17 anteilig gezahlt wird. Damit kam es insbesondere nicht auf den Bestand des Dienstverhältnisses am 1. Dezember des betreffenden Jahres an. Bei einer wortgetreuen Anwendung hätte dies dazu geführt, dass frühere Mitarbeitende in ATZ nach der alten Anlage 17 bei deren Ende die anteilige Weihnachtszuwendung erhalten hätten, nicht aber solche der aktuellen Regelung nach Anlage 17a. Die Regelungen der neuen Anlage 17a waren maßgeblich durch Veränderungen der rentenrechtlichen Grundlagen der Altersteilzeit bestimmt, insbesondere durch die Einführung der Regelaltersgrenze 2008 durch das RVAGAnpG. Eine darüberhinausgehende andere Behandlung der ATZ bezüglich deren Ende wurde aber nicht vorgesehen. Daher wurde nunmehr eher als redaktionelle Anpassung die Erweiterung des Absatzes (b) Satz 1 Buchst. c Anlage 1 um die Tatbestände des § 11 Abs. 2 Buchst. a) oder b) der Anlage 17a vorgenommen. Jedenfalls das planmäßige Ende der ATZ führt damit zu einer anteiligen Weihnachtszuwendung.

Kommentierter Beschluss

Autor/-in: Yolanda Thau, Helge Krollmann

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