Referentenentwurf zum Bürokratieentlastungsgesetz IV
Das Bundesministerium der Justiz hat am 11. Januar 2024 den „Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie (Viertes Bürokratieentlastungsgesetz)“ veröffentlicht. In dem Referentenentwurf sind auch Änderungen des Nachweisgesetztes vorgesehen. Diese sehen keine Änderungen im Sinne des Vorschlags der CDU/CSU-Fraktion vor, die insbesondere die Einführung einer digitalen Nachweismöglichkeit vorgeschlagen hatte.
Konkret sollen in § 2 Abs. 5 und § 3 NachwG Änderungen vorgenommen werden. In § 2 Absatz 5 NachwG ist bislang geregelt, dass die Pflicht zur Aushändigung der Nachweise entfällt, wenn dem Arbeitnehmende ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt worden ist, der die in § 2 Absatz 1 bis 4 NachwG geforderten Angaben enthält. Dies soll nach dem Referentenentwurf auf Arbeitsverträge erstreckt werden, die nach § 126a BGB in elektronischer Form geschlossen wurden, was jeweils eine qualifiziert elektronische Signatur voraussetzt. Neu eingefügt werden soll in § 3 NachwG bei der Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen die Möglichkeit, auch die Änderungsmitteilung durch einen Änderungsvertrag in schriftlicher oder elektronischer Form nach § 126a BGB zu ersetzen. Sowohl im Falle des § 2 Abs. 5 als auch im Falle des § 3 NachwG soll der in elektronischer Form geschlossene Vertrag dem Arbeitnehmenden in ausdruckbarer Form übermittelt werden. Die Möglichkeit der elektronischen Form soll jedoch keine Anwendung auf Arbeitnehmende in einem Wirtschaftsbereich oder Wirtschaftszweig nach § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz finden.
Die nach dem Referentenentwurf geplanten Änderungen sind insoweit zu begrüßen, dass bei der Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen nun auch ein Änderungsvertrag, der die erforderlichen Angaben enthält, der Mitteilungspflicht im Sinne des Nachweisgesetzes genügen kann. Ob Arbeitsverträge, die in elektronischer Form geschlossen wurden, in absehbarer Zeit praktische, quantifizierbare Relevanz haben werden, erscheint fraglich. Arbeitgeber stehen vor der Entscheidung, ob sie eine qualifizierte elektronische Signatur einrichten. Sie können bereits schwer absehen, ob ihre Bewerber und Mitarbeitenden über eine solche verfügen. Hinzu kommt die Frage, ob die Kosten für die Einrichtung einer qualifizierten elektronischen Signatur im Verhältnis zu den Nutzungszahlen stehen. Deswegen würden auf absehbare Zeit die Arbeitsverträge wohl weiterhin vornehmlich schriftlich geschlossen werden, da beide Seiten die damit verbundenen Kosten(risiken) scheuen werden. Damit kann die mögliche Aufnahme der in elektronischer Form nach § 126a BGB geschlossenen Verträge kaum als Erleichterung und Papiereinsparung bewertet werden.
Eine generelle Möglichkeit, die erforderlichen Nachweise elektronisch zur Verfügung zu stellen, soll es nach dem Entwurf nicht geben. Damit bleibt der Ausschluss der elektronischen Form in § 2 Absatz 1 Satz 3 NachwG bestehen. Dadurch könnte eine rechtliche Unsicherheit bezüglich des Bußgeldrisikos nach § 4 NachwG derart entstehen, dass ein Widerspruch zwischen dem generellen Ausschluss der elektronischen Form und den Arbeitsverträgen in elektronischer Form gesehen werden kann und damit gegebenenfalls wegen Verletzung der Nachweispflicht aufgrund der Form nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 NachwG ein Bußgeld droht. Zwar soll die elektronische Form in § 2 Absatz 5 und § 3 NachwG die schriftliche Form des Arbeits- bzw. Änderungsvertrages ersetzen (vgl. Referentenentwurf Seite 88f.), jedoch verliert der Referentenentwurf kein ausdrückliches Wort zum Verhältnis von § 2 Absatz 1 und 5 NachwG. Es ist davon auszugehen, dass bei der Ersetzung des Nachweises nach § 2 Absatz 1 durch § 2 Absatz 5 bzw. § 3 NachwG die Formvorschriften der letzteren gelten und deswegen hier ein in der Form des § 126a BGB geschlossener Vertrag keine Ordnungswidrigkeit darstellt. Eine andere Auslegung dahingehend, dass die elektronische Form generell ausgeschlossen ist, erscheint aber nicht gänzlich undenkbar. Zwar dürfte die erstere Auffassung im Zweifelsfall gerichtlich bestätigt werden, derartige Rechtsprechung muss sich jedoch erst entwickeln. Die bis dahin bestehende Unklarheit stellt ein unzumutbares Risiko dar.
Es ist bedauerlich, dass sich der Referentenentwurf nicht stärker am Entwurf der Unionsfraktion zur Reform des NachwG orientiert (vergleiche Artikel vom 30.11.2023 zum Entwurf der Unionsfraktion). Letzterer sieht eine Möglichkeit des elektronischen Nachweises vor, die eine nennenswerte Entlastung für Arbeitgeber darstellte.
Über den weiteren Gesetzgebungsverlauf wird an dieser Stelle berichtet.
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