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Aktuelle Entwicklungen in der Pflegebranche

Zahlen zu Beschäftigung, Bedarfsprognose und Ausbildungsvergütung

Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes und der Bundesagentur der Arbeit belegen, dass mit der steigenden Zahl pflegebedürftiger Menschen auch der Bedarf an Personal im Pflegebereich weiter zunimmt. Eine Hochrechnung der Initiative für eine nachhaltige und generationsgerechte Pflegereform zum zukünftigen Personalbedarf in der Pflege zeigt die Zuspitzung der Situation bis zum Jahr 2040. Eine Studie des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zur Arbeitsplatzsituation in der Akut- und Langzeitpflege erörtert die Wünsche und Bedürfnisse der Arbeitnehmer in der Pflegebranche, um den Beruf in der Pflege attraktiver zu gestalten und so die Personallücke zu schließen. Die zentralen Ergebnisse werden im Folgenden dargestellt.

Beschäftigung in der Pflege

Laut der Pflegestatistik des Statistischen Bundesamtes hat sich die Zahl der Beschäftigten in ambulanten Pflegediensten innerhalb von 20 Jahren mehr als verdoppelt. Im Jahre 2011 waren 189.600 Menschen bei der ambulanten Pflege beschäftigt; zwanzig Jahre später sind es insgesamt 442.900 Beschäftigte, was einem Zuwachs um 134 Prozent entspricht. Die Zahl der Pflegebedürftigen, die die ambulante Pflege in Anspruch nehmen, stieg im selben Zeitraum um 141 Prozent. Auch die Anzahl der ambulanten Pflegedienste ist binnen 20 Jahren um 45,1 Prozent von 10.600 auf 15.400 gestiegen. Circa 67,8 Prozent werden von privaten Trägern betrieben; deren Anzahl hat sich binnen zwanzig Jahren fast verdoppelt – von 5.500 im Jahr 2001 auf 10.400 im Jahr 2021. Der Anteil freigemeinnütziger Träger liegt bei 30,8 Prozent und öffentlicher Träger bei 1,3 Prozent; diese Werte sind in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Die Teilzeitquote unter den Beschäftigten in der ambulanten Pflege hat sich über die Jahre stabil entwickelt. 2021 betrug dieser Wert 68,1 Prozent; in der Vergangenheit lag dieser bei 70,9 Prozent (2007) bzw. 65 Prozent (2001). Unter den weiblichen Beschäftigten lag der Wert bei 71,5 Prozent, bei den männlichen bei 49,1 Prozent.

In Pflegeheimen stieg die Zahl der Beschäftigten im selben Zeitraum um 71 Prozent von 475.400 im Jahr 2001 auf 814.000 Personen im Jahr 2021. Die Zahl der vollstationär versorgten Personen nahm um 31 Prozent auf 793.000 zu; im teilstationären Bereich verzehnfachte sich die Zahl der Pflegebedürftigen auf 135.800. In den Pflegeheimen ist die Teilzeitquote von 47,6 Prozent (2001) auf 63,3 Prozent (2021) gestiegen. Dabei liegt die Teilzeitquote bei den weiblichen Beschäftigten mit 67,7 Prozent höher als bei den männlichen Kollegen (44,0 Prozent). Ein Vergleich über alle Wirtschaftszweige hinweg zeigt, dass die Teilzeitquote in der Pflegebranche überdurchschnittlich hoch ist. Insgesamt arbeiteten laut Mikrozensus 2021 rund 30 Prozent der abhängig Beschäftigten in Teilzeit. Bei Frauen lag der Wert bei 49 Prozent, bei Männern bei 12 Prozent.

Laut der Bundesagentur für Arbeit ist in den letzten fünf Jahren die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Personen in der Pflegebranche um 11 Prozent (166.000) gestiegen. Über alle Berufsgruppen hinweg lag der Zuwachs nur bei 7 Prozent. Im Juni 2022 waren 1,68 Millionen Menschen in Pflegeberufen beschäftigt – das sind 18.000 Beschäftigte bzw. 1,1 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Des Weiteren wird deutlich, dass nicht nur in der Ausbildung sondern auch in Umschulungen großes Potenzial liegt. In den ambulanten Pflegeeinrichtungen haben 26 Prozent der Beschäftigten einen Berufsabschluss außerhalb der Pflege- und Betreuungsberufe; 22,9 Prozent haben eine Ausbildung in der Altenpflege, 16,7 Prozent in der Gesundheits- und Krankenpflege. 11 Prozent der Beschäftigten haben gar keinen Berufsabschluss.

In den stationären Einrichtungen haben 22,7 Prozent der Beschäftigten eine Ausbildung in der Altenpflege; 25,6 Prozent haben einen fachfremden Berufsabschluss; 13,5 Prozent verfügen über gar keinen Berufsabschluss. Im Jahr 2022 haben 52.000 Personen eine Ausbildung zur Pflegefachkraft begonnen. 10 Prozent wurden durch die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der beruflichen Weiterbildung gefördert. 10.000 Personen beendeten ihre Umschulung zur Pflegekraft im Zeitraum Juli 2021 bis Juni 2022; dabei wurden sowohl Arbeitslose als auch Beschäftigte umgeschult.

Pflege- und Personalbedarf

Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen nimmt stetig zu und hat sich seit 2001 mehr als verdoppelt. Der Anteil derer, die vollstationär versorgt werden, nimmt jedoch ab. So wurden 2001 noch fast 30 Prozent der damals gut 2 Millionen Pflegebedürftigen in einem Heim betreut. 2021 waren hingegen nur noch rund 16 Prozent oder ein Sechstel der 4,96 Millionen Pflegebedürftigen in einer vollstationären Einrichtung (0,79 Millionen). Fünf Sechstel wurden zu Hause betreut. Davon wurden 1,05 Millionen durch ambulante Pflegedienste versorgt. 2,55 Millionen erhielten Pflegegeld und wurden überwiegend durch Angehörige versorgt. 0,56 Millionen Menschen im Pflegegrad 1 wurden zu Hause ohne den Bezug von Pflegegeld versorgt. Mit steigendem Pflegegrad wächst der Anteil der pflegebedürftigen Menschen, die stationär versorgt werden müssen. 44,7 Prozent der Menschen in Pflegeheimen hatten den Pflegegrad 4 oder 5. Bei der ambulanten Pflege beträgt dieser Anteil 16,5 Prozent. Trotzdem wird ein erheblicher Teil der Menschen von zu Hause betreut: 51,4 Prozent der Menschen im Pflegegrad 5 wurden zu Hause versorgt.

Die Initiative für eine nachhaltige und generationsgerechte Pflegereform, ein Bündnis von Verbänden, hat in einer Hochrechnung den Personalbedarf in Pflegeheimen und in der ambulanten Versorgung für die nächsten 17 Jahre errechnet. Dabei wurden auf Basis der Pflegestatistik sowie der Pflegevorausberechnung des Statistischen Bundesamtes verschiedene Szenarien modelliert, um den Personalbedarf abzuschätzen. Es zeigt sich zunächst, dass der Stellenbedarf in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich ausfallen wird. Größe, Altersstruktur der Bevölkerung, altersspezifische Pflegequoten sowie die Verteilung der Pflegebedürftigen auf die einzelnen Versorgungsarten variieren je nach Bundesland. Die heutige Altersstruktur und die angenommene Binnenwanderung gehen in die Berechnung der demografischen Entwicklung ein und bestimmen die Prognose für die Anzahl der Pflegebedürftigen. Für die südlichen Flächenländer ergibt sich dabei eine höhere Steigerung in der Anzahl der Pflegebedürftigen. In Bayern beispielsweise liegt dieser Wert bei 28 Prozent, während er in Bremen nur 12 Prozent beträgt. Auf Grundlage dieser Daten wurden zukünftige, zusätzliche Stellenbedarfe berechnet. Im Basisszenario wurde nur die demografische Entwicklung zugrunde gelegt; für die weiteren Szenarien wurden unterschiedliche Annahmen über die künftige Lebenserwartung getroffen. Es wird deutlich, dass selbst in einem Szenario mit moderater demografischer Entwicklung, einem sinkenden Anteil von Pflegebedürftigen Menschen in Heimen und einer im Verhältnis gleichbleibender Personalausstattung im ambulanten Sektor der Bedarf an zusätzlichen Stellen in den kommenden 10 bis 15 Jahren deutlich (zwischen 11 Prozent und 16 Prozent) ansteigen wird. Dabei ist zu beachten, dass Stellennachbesetzungen nicht berücksichtigt wurden, sondern der rein zusätzliche Stellenbedarf ermittelt wurde.  Nahezu bundesweit ist ein hoher Anteil der Beschäftigten in den ambulanten Diensten aber auch in den Pflegeheimen 50 Jahre und älter. In Baden-Württemberg und Bayern liegt dieser Wert bei 44 Prozent. Diese freiwerdenden Stellen müssen unabhängig von der künftigen Zusatzbelastung auf dem Pflegemarkt nachbesetzt werden.

Befragung von Pflegenden

Im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) eine Studie zur Arbeitsplatzsituation in der Akut- und Langzeitpflege in Auftrag gegeben. Im Zeitraum von 2020 bis 2023 wurden 5.500 beruflich Pflegende befragt und zum Teil auch einzeln interviewt. Gegenstand war es, Wünsche und Maßnahmen von Fachkräften in der Pflegebranche zu erörtern, um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen weiter voranzutreiben.

Es zeigt sich, dass die Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf einer der wichtigsten Attraktivitätsfaktoren ist. Flexible Arbeitszeiten, verlässliche Dienstpläne, betriebliche Ausfallkonzepte und flexible Kinderbetreuungsmöglichkeiten sind zentral für die Berufswahl. Auch der Digitalisierungsprozess wird als Chance gesehen, den Arbeitsalltag in der Pflege zu erleichtern und den Beruf attraktiver zu machen. Besonders wichtig werden die Einführung der elektronischen Patientenakte und eine elektronische Pflegeplanung und -dokumentation betrachtet. Außerdem halten die Befragten eine um 30 Prozent (37 Prozent bei Leitungsverantwortung) höhere Bezahlung für Fachkräfte für angemessen. Für die Gewinnung von Quereinsteigern und Berufsrückkehrern sei die Bezahlung ein besonders wichtiger Faktor. In Teilzeit beschäftigte Befragte gaben an, dass sie bei einer besseren Entlohnung sowie einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie ihren Beschäftigungsumfang mehrheitlich um bis zu zehn Stunden pro Woche erhöhen würden. Dabei sind die Löhne in der Pflege in den letzten Jahren kontinuierlich und überdurchschnittlich gestiegen, so dass inzwischen auch im Branchenvergleich hohe Löhne erzielt werden. Dies zeigen regelmäßig Auswertungen von Zahlen aus dem Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit. Das gleiche Bild zeigt sich in den Ausbildungsvergütungen. Auszubildende in den Gesundheits- und Pflegeberufen erzielten im April 2022 im Schnitt ein Gehalt von 1.139 Euro brutto pro Monat; der durchschnittliche Verdienst bei Auszubildenden lag bei 1.057 Euro pro Monat (ohne Sonderzahlungen). Sie gehören damit zu den am besten bezahlten Auszubildenden.

Auch die Caritas steht vor den Herausforderungen, die sich in der gesamten Branche zeigen. Im aktuellen Caritaspanel wird deutlich, dass die Überalterung der Belegschaft in den nächsten Jahren zu einer weiteren Personalnot führen könnte. Bereits heute sind knapp 30 Prozent älter als 55 Jahre. Gleichzeitig bemühen sich die Dienstgeber, das Personal zu binden – mit Maßnahmen, um die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie optimal zu gestalten. Nicht zuletzt spielt auch eine angemessene und attraktive Entlohnung (vgl. Faktenblätter) eine zentrale Rolle. Auszubildende erhalten ab Oktober im Rahmen der Inflationsausgleichsprämie monatlich zusätzlich 100 Euro; ab März 2024 steigt die Ausbildungsvergütung um 150 Euro. Der Wettbewerb um gute Fachkräfte wird noch eine lange Zeit den Arbeitsmarkt in der Pflegebranche bestimmen.

Ökonomische Analyse

Autor/-in: Anusha Anthonippillai, Dr. Pascal Krimmer

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