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Neue Chancen für die Anwerbung von Mitarbeitenden und Auszubildenden – das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung

Die Änderungen im Aufenthaltsgesetz bieten für die Anwerbung von Mitarbeitenden und Auszubildenden neue Möglichkeiten. Neue Fördertöpfe für Arbeitgeber macht das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung hingegen nicht auf.

Zur Erreichung des Ziels der Bundesregierung, die Anwerbung von Fachkräften aus dem EU-Ausland zum Zwecke der Deckung des Fachkräftemangels zu fördern, werden durch Änderungen im Aufenthaltsgesetz (AufenthG) die Zuwanderung von qualifizierten Personen aus dem EU-Ausland genauso wie die von Ausbildungswilligen erleichtert. Auch soll die Bleibeperspektive der in Deutschland Ausgebildeten gesteigert werden, indem Zweckwechselverbote entfallen und damit nach der Ausbildung der Aufenthalt in Deutschland fortgesetzt werden kann, um einer qualifizierten Beschäftigung nachzugehen, vgl. BT Drs. 20/6500 Seite 4. Die wichtigsten Neuerungen im Aufenthaltsgesetz stellen die Aufenthaltstitel nach § 16g (ab 1. März 2024) für Auszubildende und die Erleichterungen durch den schon in Kraft getretenen § 18g (Blaue Karte EU) AufenthG dar. Der Begriff Aufenthaltstitel ist im Ergebnis ein Oberbegriff. Eine Aufenthaltstitel ist erforderlich für die Einreise und den Aufenthalt von EU-Ausländern (vgl. Seite des Bundesministeriums des Innern zu häufig gestellten Fragen zum Aufenthaltsrecht). Aufenthaltserlaubnis und Blaue Karte EU sind jeweils Aufenthaltstitel. EU-Ausländer sind Personen, die aus einem Drittstaat, also nicht aus der EU stammen.

Neue Chancen: neuer Aufenthaltstitel für Auszubildende

EU-Ausländer, insbesondere geduldete Personen, können dadurch einen Aufenthaltstitel erlangen, dass sie eine Ausbildung beginnen: der neue § 16g AufenthG tritt ab dem 1. März 2024 in Kraft und ermöglicht genau dies; der § 16g AufenthG ersetzt die bisherige Duldung nach § 60 AufenthG während der Ausbildung. In der Regel wird für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG der gesicherte Lebensunterhalt vorausgesetzt. Wie dies für Auszubildende zu bemessen ist, regelt der zum 1. März 2024 neugefasste § 2 Abs. 3 Satz 5 AufenthG: „Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16a bis 16c, 16e, 16f mit Ausnahme der Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, sowie nach § 16g als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs, der nach den §§ 13 und 13a Abs. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes [BAföG] bestimmt wird, verfügt.“ Bereits die Ausbildungsvergütungen im ersten Lehrjahr nach Teil II Anlage 7 der AVR Caritas erfüllt diese Voraussetzung nach §§ 13 und 13a BAföG, denn diese liegen in Vollzeit alle über 1000 Euro und damit über dem monatlichen Bedarf nach diesen Vorschriften. D.h. also, durch ein Ausbildungsverhältnis bei einem Caritas-Dienstgeber besteht eine Chance auf einen Aufenthaltstitel; ausgeklammert ist hier der erforderliche Identitätsnachweis, auf diesen dürften die Dienstgeber wohl keinen Einfluss haben.

Neuregelung der Blauen Karte EU: Erleichterungen und Ausweitung Geltungsbereich

Weiterhin wurde der § 18g AufenthG neueingefügt, auf den dort geregelten Aufenthaltstitel der Blauen Karte EU besteht bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch (vgl. Website des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge),. Die Neuregelung erfolgte auch in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/1883 und führt zu Erleichterungen für die Antragssteller. Die bisherige Regelung befand sich im „alten“ § 18b AufenthG, der Aufenthaltstitel für Fachkräfte mit akademischem Abschluss regelt, während § 18a AufenthG jene mit Berufsausbildung betrifft. Die Blaue Karte EU richtet sich auch weiterhin hauptsächlich an Fachkräfte mit akademischem Abschluss, eine Erleichterung findet nur bei nicht formalen Qualifikationen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie statt.

Wesentliche Voraussetzung für die Blaue Karte EU ist gemäß § 18g Abs. 3 AufenthG ein konkretes Arbeitsplatzangebot nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG von mindestens sechs Monaten. Dabei ist es möglich, dass entgegen des § 18 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit entbehrlich ist – dies ist aber an ein Mindestgehalt genknüpft, das mindestens 50 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung beträgt; dies ist eine dynamische Verweisung, derzeit liegt die maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze bei 7.300 Euro West und 7.100 Euro Ost, vgl. § 4 Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2023; die Werte für 2024 betragen 7.550 Euro (West) bzw. 7.450 Euro (Ost) pro Monat, vgl. § 4 Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2024. Mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ist die Blaue Karte EU auch für Fachkräfte mit akademischer Ausbildung, die in § 18g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG genannte Berufe ausüben, möglich, wenn sie ein Gehalt von mindestens 45,3 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung erhalten sollen. Darunter zählen u.a.

  • Führungskräfte in der Erbringung von Dienstleistungen in der Kinderbetreuung, im Gesundheitswesen, der Altenbetreuung, der Sozialfürsorge und dem Bildungswesen,
  • aber auch Ärzte, akademische und vergleichbare Krankenpflege- und Geburtenhilfefachkräfte
  • sonstige akademische und verwandte Gesundheitsberufe, dazu zählen u.a. Physiotherapeuten und Apotheker,
  • Lehrkräfte u.a. im Sekundar-, Primar- und Vorschulbereich, sowie im Bereich der Berufsbildung.

Hierzu verweist § 18g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG auf die Gruppen 132, 133, 134, 21, 221, 222, 225, 226, 23 oder 25 nach der Empfehlung der Kommission vom 29. Oktober 2009 über die Verwendung der Internationalen Standardklassifikation der Berufe (ISCO-08) (ABl. L 292 vom 10.11.2009, S. 31), diese waren zum Teil bislang nicht von der Regelung umfasst. Nach§ 18g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG gilt dies auch für Fachkräfte, deren Hochschulabschluss nicht mehr als drei Jahre vor Beantragung der Blauen Karte EU erworben wurde. Zudem ist unter anderem die Erteilung der Berufsausübungserlaubnis und die Feststellung der Gleichwertigkeit erforderlich. Bis zum 31. Dezember wird das Bundesministerium des Innern im Bundesanzeiger gemäß § 18g Abs. 7 AufenthG die Mindestgehälter jeweils für das nächste Jahr bekannt machen, dann ist eine eigene Berechnung nach den Tabellen des Bundesarbeitsministeriums nicht mehr erforderlich.

Vorteile der Blauen Karte EU sind insbesondere, dass die Mobilität innerhalb der EU vereinfacht wird, der Familiennachzug genauso wie der Arbeitsplatzwechsel erleichtert wird und die Inhaberinnen und Inhaber des Aufenthaltstitels schneller eine Niederlassungserlaubnis erhalten können, was unter anderem aber auch hinreichende Sprachkenntnisse (B1) voraussetzt.

Fördermittel und Hilfen für Arbeitgeber und Arbeitnehmende – Rückgriff auf bestehende Instrumente

Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung sieht aber selbst keine neuen Fördermittel für Arbeitgeber vor, die nun Personen, die unter die neuen Regelungen fallen, einstellen wollen. Hier ist auf die bestehenden Mittel insbesondere aus dem Dritten Sozialgesetzbuch zurückzugreifen. Hier besteht beispielsweise die Möglichkeit, einen Eingliederungszuschuss nach den §§ 88 ff. SGB III zu beantragen. Voraussetzung ist, dass die Vermittlung wegen in der Person des Arbeitnehmenden liegenden Gründen erschwert ist; auch unzureichende Sprachkenntnisse können solch ein Grund sein (nicht nur bei migrantischen Bewerbern). Der Zuschuss kann bis zu 50 Prozent des zu berücksichtigenden Arbeitsentgelts betragen und bis zu zwölf Monate gewährt werden. Weitere Unterstützungen bzw. Förderungen können auch für die Durchführung von Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach § 45 SGB III (auch für EU-Ausländer mit Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt), für die Einstiegsqualifizierung nach § 54a SGB III, für berufliche Weiterbildungsmaßnahmen nach den §§ 81 ff. SGB III und für die Förderung von ausbildungsbegleitenden Hilfen nach § 75 SGB III (gerade auch Abbau von Sprachdefiziten) beantragt werden.

Die Arbeitgeberverbände BDA und GESAMTMETALL haben eine Broschüre zu Arbeiten in Deutschland – Zuwanderungsmöglichkeiten ausländischer Arbeitskräfte herausgegeben, die einen guten Überblick über die Aufenthaltstitel für Fachkräfte bietet.

Gesetzgebung

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