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LAG Niedersachsen: Keine Rückforderung gezahlter Kosten des Betriebsrates bei fehlender Erforderlichkeit

Der Arbeitgeber darf Betriebsratskosten, die im Sinne des BetrVG nicht erforderlich waren, nicht ohne Weiteres mit dem Gehalt eines Betriebsratsmitglieds verrechnen. Ein solches Vorgehen würde eine unzulässige Benachteiligung darstellen.

Sachverhalt

Der Kläger ist bei der beklagten Arbeitgeberin als Busfahrer beschäftigt und Mitglied des dortigen Betriebsrates. Dieser hatte beschlossen, den Kläger zu drei Schulungsveranstaltungen zu entsenden, was die Beklagte mit der Begründung versagte, dass aufgrund der aktuellen Corona-Situation die Reisetätigkeit bis auf Weiteres beschränkt sei, die dritte Schulung das Thema Datenschutz betreffe und daher eine Inhouse-Schulung angedacht sei.

Nachdem sodann eine Schulung verschoben wurde, fasste der Betriebsrat einen neuen Beschluss zur Entsendung des Klägers zur Schulung im geänderten Zeitraum. Da der Kläger an dem Ersatztermin teilnehmen wollte, wandte er sich daraufhin an seinen Prozessbevollmächtigten, der die Kosten seiner Beauftragung der Beklagten in Rechnung stellte. Diese leitete die Rechnung an den Betriebsrat mit der Bitte weiter, dass der Kläger die Rechnung persönlich ausgleiche. Da seitens des Klägers jedoch keine Zahlung erfolgte, beglich die Beklagte die Rechnung. Anschließend zog sie den Betrag vom Nettoverdienst des Klägers ab und zahlte lediglich den um diesen Betrag geminderten Nettobetrag an den Kläger aus.

Die hiergegen gerichtete Klage des Klägers hat das Arbeitsgericht abgewiesen.

Entscheidung

Die Berufung des Klägers vor dem LAG hatte hingegen Erfolg. Nach Auffassung des LAG habe der Kläger Anspruch auf Auszahlung der einbehaltenen Vergütung. Die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten durch den Kläger sei zwar nicht erforderlich i.S.v. § 40 Abs. 1 BetrVG gewesen, jedoch könne die Beklagte keine Erstattung der von ihr gezahlten Rechtsanwaltsvergütung über die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677 ff. BGB verlangen, da dem § 40 Abs. 1, § 2 Abs. 1, § 78 S. 2 BetrVG entgegenstehen würden. In § 40 BetrVG sei die Kostenübernahme für Betriebsratstätigkeiten durch den Arbeitgeber geregelt, soweit sie erforderlich sind. Der Betriebsrat habe danach einen Anspruch auf Freistellung von seinen Kosten gegenüber dem Arbeitgeber. Demzufolge könne er entweder die Freistellung gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen oder seinen Kosten-Freistellungsanspruch an einen beauftragten Prozessbevollmächtigten abtreten, der seine Kosten dann direkt mit dem Arbeitgeber abrechnet. In diesen Fällen könne der Arbeitgeber vor Erstattung der Kosten prüfen, ob die Voraussetzungen für die Kostenübernahme vorliegen. Das schließe es aus, dass der Arbeitgeber (aus welchen Gründen auch immer) die Tilgung der Schuld an sich zieht und dann über eine individualrechtliche Maßnahme, nämlich den Abzug der Rechnung von der Nettovergütung des Arbeitnehmers vornimmt. Wenn der Arbeitgeber der Auffassung ist, dass die geltend gemachten Kosten nicht erforderlich i.S.v. § 40 Abs. 1 BetrVG gewesen seien, möge er die Übernahme der Kosten verweigern.

Bewertung

Das LAG Niedersachsen hat klargestellt, dass ein Arbeitgeber nicht berechtigt ist, nicht erforderliche Betriebsratskosten, die er zunächst erstattet hat, im Nachhinein vom Lohn des betroffenen Betriebsratsmitglieds abzuziehen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Revision zugelassen. Die Entscheidung ist auch auf den kirchlichen Bereich übertragbar. Mit den §§ 17 Abs.1 und 18 Abs.1 MAVO hat das kirchliche Mitbestimmungsrecht den Regelungen in § 40 und § 78 BetrVG entsprechende Regelungen. Jeder Dienstgeber ist daher gut beraten, solche Rechnungen zu ignorieren oder aktiv zurückzuweisen, und nicht etwa zu meinen, sie erst zu bezahlen und das Geld dann von dem MAV Mitglied zurückzubekommen.

Das Urteil finden Sie hier.

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