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EuGH: Anspruch auf Jahres­urlaub erlischt nicht, wenn er in der Arbeits­phase der Alters­teilzeit nicht mehr genommen werden kann

Selbst bei rechtzeitiger Gewährung des Urlaubs durch den Arbeitgeber ist bei einem Ende des Dienstverhältnisses in den Fällen kurzfristiger Erkrankung der gesetzliche Mindesturlaub abzugelten.

Sachverhalt

Zwischen dem Kläger und der Beklagten war eine Altersteilzeit im Blockmodell vom 01.02.2013 bis zum 30.09.2019 vereinbart mit einem Übergang in die Freistellungsphase am 01.06.2016. Seit dem 01.10.2019 bezieht er Rente. Vom 04.05.2016 bis 25.05.2016 nahm der Kläger seinen Resturlaub für 2016, erkrankte aber am 11.05.2016 arbeitsunfähig bis einschließlich 31.05.2016, so dass er 2 2/3 Tage seines gesetzlichen Mindesturlaubs in der Arbeitsphase nicht mehr verwirklichen konnte. Eine Aufforderung zur Urlaubsnahme war zuvor von der Beklagten nicht erfolgt noch hatte sie darauf hingewiesen, dass nicht beantragter Erholungsurlaub nach Ende des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraumes verfallen könne. Der Kläger begehrt Abgeltung des Urlaubs. Die Beklagte hat dies mit Verweis auf Erlöschen des Urlaubsanspruchs mit dem 31.03.2017 abgelehnt.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) legte das Verfahren dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit Vorabentscheidungsersuchen vom 12.10.2021 vor (BAG vom 12.10.2023 Az. 9 AZR 577/20 (A)).

Entscheidung

Der EuGH hat entschieden, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG i.V.m. Art. 31 Abs. 2 der Charta dahingehend auszulegen ist, dass er einer Anwendung des § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) (auch) dann entgegensteht, wenn das Erlöschen des Urlaubsanspruchs, den ein Arbeitnehmer in der Altersteilzeit erworben hat erfolgt, weil der Arbeitnehmer ihn wegen der Freistellungsphase nicht mehr nehmen konnte.

Der EuGH knüpft dazu an seine bisherige Rechtsprechung zum Abgeltungsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses an. Eine wesentliche Rolle spielt dabei, ob es sich um langfristige Ausfallzeiträume handelt, vor denen der Arbeitgeber zur Wahrung seiner Arbeitsorganisation zu schützen wäre. Es stellt deshalb zur Abwägung zunächst fest, dass es sich um einen nur kurzen und auf einen Bezugszeitraum bezogenen ausfallenden Urlaub handelte und der Arbeitgeber das Risiko auch durch Anhalten zur früheren Urlaubsnahme hätte verringern können. Der EuGH antwortet auf die Frage des BAG deshalb:

„Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in Verbindung mit Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die vorsieht, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, den ein Arbeitnehmer durch die Ausübung seiner Arbeit im Rahmen einer Altersteilzeitregelung erworben hat, mit Ablauf des Urlaubsjahres oder zu einem späteren Zeitpunkt erlischt, wenn der Arbeitnehmer vor der Freistellungphase wegen Krankheit daran gehindert war, diesen Urlaub zu nehmen, und zwar auch dann, wenn es sich nicht um eine lange Abwesenheit handelt.“

Bewertung

Damit ist davon auszugehen, dass das BAG entgegen seiner ursprünglichen Neigung bei der Formulierung der Vorlage (a.a.O. Rn. 21) entsprechend ausurteilen wird. Damit steht nicht nur in den Fällen der Altersteilzeit fest, dass selbst bei rechtzeitiger Gewährung des Urlaubs durch den Arbeitgeber bei einem Ende des Dienstverhältnisses in den Fällen kurzfristiger Erkrankung der gesetzliche Mindesturlaub insoweit abzugelten ist. Die Besonderheit, dass nach Eintritt in die Freistellungsphase der Arbeitnehmer wie hier noch einen langen Zeitraum der Freistellung im Arbeitsverhältnis hat, wurde trotz oder eher entgegen dem BAG vom EuGH nicht berücksichtigt. Mitwirkungsobliegenheiten spielten für die Entscheidung keine Rolle. Der nicht nehmbare gesetzliche Mindesturlaub ist abzugelten. Es war zwar im konkreten Fall nicht zu entscheiden, aber es wird davon auszugehen sein, dass mangels abweichender tariflicher Regelung dies dann auch für den übergesetzlichen Urlaub gilt.

Rechtsprechung

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