Zum Hauptinhalt springen

Diözesanes Arbeitsgericht für den MAVO-Bereich Köln: Eingruppierung in der Jugendhilfe

Allein die Tatsache, dass ein „sonstiger Mitarbeiter“ eine „entsprechende Tätigkeit“ ausübt, impliziert nicht, dass er auch über „gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen“ verfügt.

Sachverhalt

Die Parteien stritten im Rahmen eines Zustimmungsersetzungsverfahrens über die Eingruppierung zweier Erzieher.

Die Klägerin ist eine Einrichtung im Bereich der stationären Jugendhilfe, die die AVR-Caritas anwendet. Anfang des Jahres 2022 beabsichtigte sie, zwei Personen einzustellen und in die Entgeltgruppe S 8b Anhang B Anlage 33 AVR (EG S 8b) einzugruppieren. Beide verfügten über eine abgeschlossene Ausbildung zum Erzieher mit staatlicher Anerkennung, die sie erst in den Jahren zuvor erworben hatten. Dabei war einer der Mitarbeiter zuvor in der Film- und Medienbranche tätig, für den anderen handelte es sich um den ersten beruflichen Einstieg. Im Tätigkeitsfeld der ausgeschriebenen Stelle (Heimerziehung) verfügten sie nur über geringe Berufserfahrung.

Die Beklagte – die Mitarbeitervertretung – stimmte der beabsichtigten Eingruppierung nicht zu. Als Grund führte sie an, die beiden Mitarbeitenden seien nach der Eingruppierungsautomatik in die Entgeltgruppe S 11b Anhang B Anlage 33 AVR (EG S 11b) einzugruppieren, da die auszuübende Tätigkeit den Tätigkeitsmerkmalen dieser Entgeltgruppe entspreche. Da die berufliche Qualifizierung der Entgeltgruppe (hier relevant: Sozialarbeiter und Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung) nicht vorliegt, handle es sich um sonstige Mitarbeiter, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben. Aus der Stellenbeschreibung ergebe sich, dass die Mitarbeitenden des hier gebildeten Teams trotz der unterschiedlichen Berufsbilder einen kongruenten Aufgabenbereich hätten, der eindeutig der Tätigkeit eines Sozialarbeiters zuzuordnen sei.

Entscheidung

Das Gericht bestätigte die Auffassung der Klägerin und ersetzte die von der Beklagten verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der beiden Mitarbeiter, da kein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 35 Abs. 2 MAVO vorliege. Beide Mitarbeitenden seien in der EG S 8b richtig eingruppiert. Die Tätigkeitsmerkmale der EG S 11b lägen nicht vor. Denn selbst wenn die übertragenen Aufgaben teilweise denen von in der EG S 11b eingruppierten Sozialarbeitern entsprechen würden, wären die Anforderungen der EG S 11b nur dann erfüllt, wenn zusätzlich in subjektiver Hinsicht verglichen mit den Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagogen gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen vorhanden sind. Dies setze nach ständiger BAG Rechtsprechung eine ähnlich gründliche Beherrschung eines entsprechend umfangreichen Wissensgebiets voraus. Die übertragene Tätigkeit könne dabei allenfalls Rückschlüsse auf die vorhandenen Fähigkeiten und Erfahrungen zulassen.

Vorliegend seien keinerlei konkrete Anhaltspunkte für die subjektiv erforderlichen Eingruppierungselemente vorgetragen worden. Es sei im Gegenteil unstreitig, dass beide Mitarbeiter ihre pädagogische Ausbildung erst kürzlich erworben haben. Bei einem der Mitarbeiter sei der vorherige Erwerb gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen aufgrund des erstmaligen Berufseinstiegs schon dem Grunde nach ausgeschlossen. Bei dem anderen Mitarbeiter könne aufgrund seiner vorherigen fachfremden Beschäftigung ohne weitere Anhaltpunkte nicht von einem für die Eingruppierung relevanten Erfahrungsgewinn ausgegangen werden.

Bewertung

Die Entscheidung des Diözesanen Arbeitsgerichts stellt klar, dass ein kongruenter Aufgabenbereich für alle pädagogischen Mitarbeitenden eines Teams nach wie vor nicht zwingend zu einer identischen Eingruppierung führt.

In diesen Fällen ist zunächst nur die objektive Voraussetzung der „sonstigen Mitarbeiter“ im Sinne der EG S 11b erfüllt, nämlich die Ausübung einer „entsprechenden Tätigkeit“. Allerdings ist das Vorliegen der subjektiven Komponente, der „gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen“, ebenfalls Eingruppierungsvoraussetzung. Ob dieses subjektive Element vorliegt, ist gesondert zu prüfen und kann nur angenommen werden, wenn Anhaltspunkte für den Erwerb dieser Fähigkeiten und Erfahrungen vorliegen. Allein die Tatsache, dass ein Erzieher auch sozialarbeiter- oder sozialpädagogentyptische Tätigkeiten ausübt, führt somit nicht ohne Weiteres zu einer Eingruppierung in die EG S 11b.

Die Fristen zur Anfechtung der Entscheidung sind ungenutzt abgelaufen. Das Urteil des Diözesanen Arbeitsgerichts finden Sie hier.

Rechtsprechung

Melden Sie sich zum Newsletter an

Seien Sie immer einen Schritt voraus:
Erhalten Sie regelmäßig Informationen zu tarifrechtlichen Entwicklungen sowie wichtige Praxishinweise in unserem Dienstgeberbrief!

 

Newsletter abonnieren