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AG Norderstedt: Pfändbarkeit der Energiepreispauschale

Das Amtsgericht Norderstedt hat festgestellt, dass die so genannte Energiepreispauschale, die nach den §§ 112 ff. EStG ausgezahlt wird, nicht der Lohnpfändung unterfällt, jedoch nach anderen Vorschriften, die nicht auf den Arbeitslohn abstellen, pfändbar ist.

Sachverhalt

Über das Vermögen des als angestellten Zahnarzt tätigen Schuldners wurde am 1. August 2019 das Insolvenzverfahren eröffnet, das bislang nicht abgeschlossen wurde. Der Schuldner hat beantragt, die Energiepreispauschale in Höhe von 300 € freizugeben, da sie aufgrund ihrer Zweckbindung nach § 851 ZPO unpfändbar sei. Außerdem benötige der Schuldner die Zahlung zur Sicherung seines Existenzminiums, sodass eine Freigabe nach § 765a ZPO bestehe. Der Insolvenzverwalter hat keine Stellungnahme abgegeben.

Entscheidung

Das Amtsgericht hat den Antrag des Schuldners mangels Glaubhaftmachung und nötigem Vortrag abgewiesen. Der Antrag sei auch in der Sache abzulehnen, da die Energiepreispauschale grundsätzlich pfändbar ist. Der Gesetzgeber habe es unterlassen, eine Regelung zur Pfändbarkeit der Energiepreispauschale zu treffen. Die Gesetzesbegründung gebe keine Hinweise zur Pfändbarkeit oder Unpfändbarkeit der Pauschale. Das Bundesfinanzministerium gehe laut eigener FAQ davon aus, dass die Pauschale nicht unter die Lohnpfändung falle, da es sich nicht um Arbeitslohn handelt. Dieser Ansicht schließt sich das Gericht an. Das Gericht legt dar, dass die Energiepreispauschale aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltung am ehesten einer (vorzeitigen) Steuererstattung gleichkommt. Der Staat verzichte auf einen Lohnsteueranteil, wodurch eine Auszahlung an den Bürger generiert werden kann. Steuererstattungsansprüche seien nach § 46 Abs.1 AO grundsätzlich pfändbar. Im Weiteren ergebe sich keine Unpfändbarkeit aus § 851 ZPO. Nach § 851 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 399 BGB sind unter anderem zweckgebundene Forderungen, soweit ihnen ein schutzbedürftiges Interesse zu Grunde liegt, geschützt. Eine solche Zweckbindung liege bei der Energiepreispauschale nicht vor. Es sei unklar, welche Ziele der Gesetzgeber mit der Pauschale verfolge. Die Gesetzesbegründung definiere den Zweck als Ausgleich für die kurzfristig und drastisch gestiegenen erwerbsbedingten Wegeaufwendungen von Arbeitnehmern. Der Gesetzgeber hat den Einsatz der Mittel aber in keinerlei Weise beschränkt. Der Schuldner könne die Mittel für Dinge des täglichen Bedarfs, der Tilgung von Altschulden oder für Luxusgüter verwenden. Es gebe keine Beschränkung und keine Rückzahlungsverpflichtung. Eine Zweckbindung nach § 851 Abs. 1 ZPO kann das Gericht deshalb nicht feststellen.

Bewertung

Wie das Bundesfinanzministerium, geht auch das Gericht davon aus, dass es sich bei der Energiepreispauschale nicht um Arbeitslohn handelt und diese deshalb nicht der Lohnpfändung unterfällt. Andere Pfändungsmöglichkeiten, z. B. nach der Abgaben- oder Insolvenzordnung, die nicht auf den Arbeitslohn abstellen, wurden vom Gesetzgeber nicht ausgeschlossen. Daher ist die Energiepreispauschale nach diesen Vorschriften grundsätzlich pfändbar. Wünschenswert wäre hier eine Klarstellung durch den Gesetzgeber, um Rechtssicherheit für die auszahlenden Arbeitgeber herzustellen.

Rechtsprechung

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