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LAG Rheinland-Pfalz: Außerordentliche Kündigung bei beharrlicher Arbeits­verweigerung

Die beharrliche Weigerung eines Arbeitnehmers, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen, ist „an sich“ geeignet, eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen, auch wenn er sich im Recht wähnt.

Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten seit April 2017 beschäftigt. Nach Unstimmigkeiten zwischen den Parteien im Juni 2020 fand am 14. September 2020 ein Personalgespräch statt. Dort wurde dem Kläger eine Freistellungserklärung ausgehändigt, wonach er von der Beklagten ab dem 14. September 2020 unwiderruflich unter Weiterzahlung der Bezüge freigestellt wurde. Zudem überreichte die Beklagte einen Aufhebungsvertrag, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2020 und die Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung bis zu diesem Datum vorsah. Diesen lehnte der Kläger nach Ablauf der einwöchigen Bedenkzeit ab. Da der Kläger auch nach Aufforderung durch die Beklagte in der Folgezeit nicht mehr zur Arbeit erschien, mahnte sie ihn wegen unentschuldigten Fehlens ab und kündigte das Arbeitsverhältnis schließlich fristlos, hilfsweise ordentlich. Der Kläger wendete sich gegen diese Kündigung und vertrat die Auffassung, er habe nicht unentschuldigt gefehlt, sondern sei durch die gesonderte Freistellungserklärung unbefristet – also etwa18 Jahre bis zum Renteneintrittsalter – unter Zahlung der vollen Bezüge freigestellt worden. Das Arbeitsgericht hat die Klage in erster Instanz abgewiesen.

Entscheidung

Das LAG schloss sich der Entscheidung der Vorinstanz an. Das Verhalten des Klägers sei geeignet gewesen, eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen, da er sich beharrlich – also bewusst und nachhaltig – weigerte, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen. Die Auslegung der Freistellungserklärung ergebe, dass die Freistellungswirkung entfallen sollte, wenn offenkundig wird, dass der Aufhebungsvertrag zwischen den Parteien nicht zustande kommen wird. Es ergebe sich eben nicht, dass der Kläger, sollte er den Aufhebungsvertrag ablehnen, für 18 Jahre und drei Monate unter Fortzahlung einer Vergütung von rund 2,1 Millionen Euro freigestellt werden sollte. Das Risiko, dass sich seine Rechtsauffassung, die er der vermeintlich berechtigten Arbeitsverweigerung zugrunde legte, als falsch erweist, habe der Kläger selbst zu tragen.

Bewertung

Die Entscheidung überrascht nicht, da sie auf der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) beruht. Dass die beharrliche Arbeitsverweigerung einen wichtigen Grund darstellen kann, ist bereits ständige Rechtsprechung (Vgl. etwa BAG, Urteil vom 22. 10. 2015 – 2 AZR 569/14 Rn. 22 mwN). Ein derartiges Verhalten ist grundsätzlich geeignet, dem Arbeitgeber die Fortführung des Arbeitsverhältnisses, wenn auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, unzumutbar zu machen. Dabei ist stets zu prüfen, dass die Arbeitsverweigerung auch unrechtmäßig ist, dem Dienstnehmer also kein Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Außerdem muss der Wille, die Arbeit bewusst und nachhaltig nicht leisten zu wollen, vorliegen. Regelmäßige – auch vehement vorgetragene – Unmutsbekundungen reichen nicht aus.

Ob sich der Arbeitnehmer über die vermeintliche Rechtmäßigkeit seines Handelns im Irrtum befand, ist unbeachtlich. Rechtsirrtümer des Arbeitnehmers sind für das Einstufen seines Verhaltens als potentieller Kündigungsgrund grundsätzlich nicht von Belang (Vgl. etwa BAG, Urteil vom 28.06.2018 – 2 AZR 436/17, Rn. 16 mwN). Entscheidend für eine berechtigte Leistungsverweigerung sei ausschließlich die objektive Rechtslage und nicht die subjektive Wertung des Verweigernden. Meint der Arbeitnehmer also wie im vorliegenden Fall, dass er nicht verpflichtet sei, seine Arbeitsleistung zu erbringen, hat er das Risiko der Falschbeurteilung seines Leistungsverweigerungsrechts zu tragen.

Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03.03.2022 – Az. 5 Sa 209/21

Rechtsprechung

Autor/-in: Yolanda Thau

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