Zum Hauptinhalt springen

BAG: Unterschiedliche Regelung zur anteiligen Jahresleistung der Anlagen 31 bis 33 AVR ist zulässig

Stichtagsregelungen für Sonderzahlungen in kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen unterliegen denselben Grenzen wie entsprechende Regelungen in Tarifverträgen

Sachverhalt

Der Kläger war bis zum 31.07.2017 mehr als sieben Jahren als Wohnbereichsleiter beschäftigt. Die Anwendung der AVR war vereinbart. Er beantragte im Oktober 2017 eine anteilige Sonderzahlung für das Jahr 2017. Dies lehnte die Beklagte unter Hinweis auf § 16 Anlage 32 AVR ab. Der Kläger beruft sich auf die Unterschiedlichkeiten der Regelungen der Anlagen 32 und 33 AVR und Anlage 31 AVR sowie zum Weihnachtsgeld in Abschnitt XIV der Anlage 1 AVR. Er beruft sich zudem auf eine Diskriminierung durch die Regelung der Zentral-KODA zum innerkirchlichen Dienstgeberwechsel in einen anderen KODA-Bereich vom 23.11.2016, die zu einer unterschiedlichen Behandlung bei einem Wechsel im Bereich der Arbeitsrechtlichen Kommission und nach außerhalb zum Nachteil des Klägers führe. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen (Arbeitsgericht (ArbG) Köln, Urteil vom 26.04.2018, Az. 6 Ca 7558/17; Landesarbeitsgericht (LAG) Köln, Urteil vom 22.03.2019, Az. 10 Sa 372/18).

Entscheidung

Das BAG hat die Revision des Klägers ebenfalls zurückgewiesen. Zunächst stellt es fest, dass die Klage nicht deswegen unzulässig wäre, weil kein Schlichtungsverfahren durchgeführt wurde und verweist dabei auf § 22 Abs. 4 AT AVR, der ausdrücklich die fristgerechte Anrufung des Arbeitsgerichts nicht ausschließt. Gleichfalls prüft das BAG bereits zur Bezugnahmeklausel auf die AVR, ob sie nach AGB-Recht überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB ist. Dies ist nicht der Fall. Wer mit einem kirchlichen Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag schließt, muss danach davon ausgehen, dass der Arbeitgeber das spezifische kirchliche Vertragsrecht in seiner jeweiligen Fassung zum Vertragsgegenstand machen und damit kirchenrechtlichen Geboten genügen will. Auch sei Anlage 32 AVR hier anzuwenden, deren § 16 anders als die Regelung in Anlage 31 AVR keine anteilige Jahressonderzahlung vorsehe, wenn das Dienstverhältnis nicht am 01.12. des Jahres besteht. Die Voraussetzungen des Beschlusses der Zentral-KODA vom 23.11.2016 sind ebenfalls nicht erfüllt, weil der Kläger zu einem Caritasverband und damit innerhalb der Geltung des Regelungsbereiches der AVR gewechselt hat.

Sodann prüft das BAG die Stichtagsregelung selbst unter AGB-Gesichtspunkten. Die Regelung ist danach nicht unwirksam nach den §§ 305 ff. BGB. Bei der Kontrolle ist die Besonderheit (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB) zu berücksichtigen, dass die Arbeitgeberseite im Dritten Weg ihre Interessen nicht einseitig durchsetzen kann. Die Besonderheit bewirkt, dass im Dritten Weg zustande gekommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen grundsätzlich wie Tarifverträge nur darauf zu untersuchen sind, ob sie gegen die Verfassung, anderes höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstoßen. Dies setzt die vollständige Bezugnahme voraus.

Das BAG sieht solche Verstöße nicht. Insbesondere sei auch trotz der Regelung durch die Zentral-KODA zum innerkirchlichen Dienstgeberwechsel die Normenklarheit nicht berührt. Die Ungleichbehandlung gegenüber anderen Anlagen resultiere aus den unterschiedlichen Voraussetzungen, die die Arbeitsrechtliche Kommission anlege. Die andere Regelung zur Sparte Krankenhäuser in Anlage 31 AVR ist sachlich gerechtfertigt und resultiere aus der Orientierung am TVöD. Damit sieht das BAG weder den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG noch den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz als verletzt an.

Einordnung

Die zu begrüßende Entscheidung des Zehnten Senats stellt noch einmal den Prüfungsmaßstab klar, der an die AVR angelegt wird. Zwar unterfallen sie der AGB-Kontrolle, ihr Zustandekommen im Dritten Weg als Besonderheit führt aber zu den Maßstäben, die auch bei der Prüfung von Tarifverträgen angelegt werden. Das Gericht betont aber deutlich, dass dies eine vollständige und nicht nur teilweise Bezugnahme auf die AVR voraussetzt. Ob bei einer nur teilweisen oder abändernden Bezugnahme die Entscheidung auch zur hier in Frage stehenden Stichtagsregelung des § 16 Abs. 1 Anlage 32 AVR ebenso ausgefallen wäre, ist daher offen. Eine solche unvollständige Bezugnahme ist daher nicht nur kirchenrechtlich kritisch zu beurteilen, sondern führt gegebenenfalls auch vor den weltlichen Gerichten zum Verlust der Besonderheiten bei der Anwendung der Regelungen des Dritten Wegs.

Rechtsprechung

Melden Sie sich zum Newsletter an

Seien Sie immer einen Schritt voraus:
Erhalten Sie regelmäßig Informationen zu tarifrechtlichen Entwicklungen sowie wichtige Praxishinweise in unserem Dienstgeberbrief!

 

Newsletter abonnieren