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BAG: Im Lockdown muss der Arbeitgeber keinen Lohn zahlen

Der Arbeitgeber trägt im Falle einer coronabedingten Betriebsschließung nicht das Betriebsrisiko und muss somit auch keine Vergütung zahlen.

Sachverhalt

Die Klägerin war seit April 2016 als Servicekraft bei der Beklagten, die eine Spielstätte betreibt, beschäftigt. Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie im März 2020 erließ die Stadt Wuppertal eine Allgemeinverfügung, um durch Maßnahmen der Kontaktreduzierung eine unkontrollierbare Ausbreitung des Coronavirus abzuwenden. Die Beklagte musste daraufhin ihre Spielstätte schließen. Die Klägerin blieb dann auf Anordnung der Beklagten der Arbeit fern und erhielt für den Monat April 2020 keine Vergütung. Sie war ausweislich des Dienstplans im April für sieben Tage zur Arbeit eingeteilt worden.

Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin Vergütung wegen Annahmeverzugs und führte aus, dass die Schließung der Spielstätte aufgrund hoheitlicher Anordnung nach der Betriebsrisikolehre ein Fall des von der Beklagten als Arbeitgeberin gemäß § 615 Satz 3 BGB zu tragenden Betriebsrisikos sei.

Die Vorinstanzen hatten dem streitgegenständlichen Anspruch der Klägerin stattgeben (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 30.04.2021 – 8 Sa 674/20).

Entscheidung

Die vom LAG Düsseldorf zugelassene Revision der Beklagten hatte Erfolg. Das BAG lehnt einen Vergütungsanspruch der Klägerin nach § 615 S. 3 BGB i.V.m. § 615 S. 1 BGB i.V.m. § 611a Abs. 2 BGB trotz Annahmeverzugs ab.

Grundsätzlich trage der Arbeitgeber das Betriebsrisiko, weil er den Betrieb leite, die betrieblichen Abläufe organisiere, die Verantwortung trage und die Erträge beziehe (ständige Rechtsprechung des BAG, zuletzt BAG, Urteil vom 13.10.2021 - 5 AZR 211/21). Dieser Bezug auf die vom Arbeitgeber veranlasste und gesteuerte arbeitstechnische Organisation rechtfertige die Zuordnung zu dem vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisiko bei von außen gesetzten Störursachen jedenfalls dann, wenn diese unmittelbar auf die Betriebsmittel einwirke oder untrennbar mit der vom Arbeitgeber bewusst initiierten Zwecksetzung der arbeitstechnischen Organisation verbunden sei.

Dagegen trage der Arbeitgeber nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn die behördlich verfügte Betriebsschließung  - wie im vorliegenden Fall - im Rahmen allgemeiner Maßnahmen staatlicher Stellen zur Pandemiebekämpfung erfolge und – betriebsübergreifend – zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-CoV-2-Infektionen die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert und nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden.

Bewertung

Die Entscheidung des BAG ist zu begrüßen. Den Arbeitgebern wird durch die Entscheidung eine gewisse Rechtssicherheit bei gleichgelagerten Fällen von Corona bedingten Betriebsschließungen geboten.

Der Senat hat an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten und bestätigt, dass Arbeitgeber gerade nicht zur Lohnfortzahlung verpflichtet sind, wenn durch staatliche Maßnahmen eine vorübergehende Betriebsschließung anzuordnen war.

Von erheblicher Bedeutung könnte die Entscheidung auch für die Zukunft sein, wenn Unternehmen durch die aktuelle Energiekrise, insbesondere bei Engpässen bei der Gasversorgung, gezwungen wären, ihren Betrieb zu schließen. Allerdings ist im Falle einer von staatlicher Seite ausgerufenen Notfallstufe des Gas-Notfallplans zu beachten, dass in diesen Fällen möglicherweise keine Schließungsverfügungen ergehen dürften, sodass Unternehmen selbst gezwungen wären, die Entscheidung zur Betriebsschließung zu treffen. 

Unternehmen mit hohem Energiebedarf ist daher zu empfehlen, schnellstmöglich eigene Notfallpläne zu erstellen und andere Optionen, wie z.B. die Anordnung von Kurzarbeit zu prüfen.

Rechtsprechung

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