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BAG: Freiwillig vom Arbeitgeber gezahlte sogenannte „Corona-Prämien“ sind nicht pfändbar

Vom nicht zum Pflegebereich gehörenden Arbeitgeber gezahlte Corona-Prämien, die dem Ausgleich coronabedingter Erschwernisse bei der Arbeitsleistung dienen, sind im Rahmen einer üblichen Höhe nicht pfändbar (§ 850a Nr. 3 ZPO).

Sachverhalt

Der Arbeitgeber, der keinen der Pflegebranche zuzurechnenden Betrieb unterhält, hatte der als Küchenhilfe und teilweise als Thekenkraft tätigen Arbeitnehmerin neben der regelmäßigen Vergütung von 1.350 Euro und Sonntagszuschläge in Höhe von 66,80 Euro im September 2020 auch eine „Corona-Unterstützung“ in Höhe von 400 Euro gezahlt. Über das Vermögen der Arbeitnehmerin war 2015 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die Klägerin als Insolvenzverwalterin errechnete das pfändbare Einkommen unter Einbeziehung der „Corona-Unterstützung“ und machte mit der Klage Zahlung gegen den dies zurückweisenden Arbeitgeber geltend.

Entscheidung

Das BAG hat die abweisenden Urteile der Vorinstanzen bestätigt. Eine Corona-Prämie ist als Erschwerniszulage unpfändbar nach § 850a Nr. 3 ZPO, wenn ihr Zweck in der Kompensation einer coronabedingten tatsächlichen Erschwernis bei der Arbeitsleistung liegt. Zwar gehört sie grundsätzlich zum Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 1 ZPO, aber eben nur, soweit nicht ein besonderer Unpfändbarkeitstatbestand vorliegt. Es müsse sich für die Anwendung des § 850a Nr. 3 ZPO zwar um eine im Einzelfall tatsächliche Erschwernis handeln, jedoch muss diese weder berufsspezifisch noch dauerhaft mit der Erbringung der Arbeitsleistung verbunden sein. Die Tatsache, dass in § 150a SGB XI eine ausdrücklich nicht pfändbare Corona-Prämie für den Pflegebereich eingeführt wurde, steht der Annahme im Nicht-Pflegebereich nicht entgegen. Auch aus der steuerfreien Behandlung von 1.500 Euro zunächst nach § 3 Nr. 11 EStG und dann klarstellend Nr. 11a EStG ergibt sich kein Widerspruch zum Erschwernischarakter. Der Kompensationscharakter ergab sich hier aus der erhöhten Gefahr des Aussetzens des Virus durch unmittelbaren Kontakt zur Kundschaft und der erhöhten psychischen Belastung. Da sich die Zahlung unterhalb der Höhe des Steuerfreibetrages von 1.500 Euro nach § 3 Nr. 11a EStG bewegt, ist sie auch im Rahmen des Üblichen.

Bewertung

Die Entscheidung betrifft diejenigen Corona-Prämien, für die nicht deren Unpfändbarkeit bereits wie im aktuellen § 150a Abs. 8 Satz 4 SGB XI für den Corona-Pflegebonus ausgeschlossen ist. Sie betrifft damit im Wesentlichen die Fälle der nach § 3 Nr. 11a EStG steuerfreien Corona-Prämien. Diese ist in den AVR als Corona-Einmalzahlung für 2020/21 in Abschnitt IIa der Anlage 1 AVR geregelt gewesen. Dies weist bereits auf den Erschwernischarakter hin. Jedoch wird wegen der notwendigen Einzelfallprüfung zur Unpfändbarkeit als Erschwernisausgleich nach § 850a Nr. 3 ZPO dennoch auch eine Einzelfallbetrachtung erforderlich sein. Aus der Anknüpfung an die Erschwernis ergibt sich aber auch, dass diese Entscheidung nicht auf die 2022 eingeführte Insolvenzausgleichsprämie im Sinne des § 3 Nr. 11c EStG anwendbar ist. Auch mit der Tarifierung in den AVR wird fraglich sein, ob gegebenenfalls ein Tatbestand eines Treuegeldes im Sinne des § 850a Nr. 2 ZPO gegeben ist.

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